Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mark Bredemeyer

Mark Bredemeyer

Titel: Mark Bredemeyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Runenzeit 1- Im Feuer der Chauken (German Edition)
Vom Netzwerk:
wuchs und seine Äste wie lange Finger nach diesem auszustrecken schien. Bei Letzterem verweilte er oft besonders ausgiebig, gerade in der Abenddämmerung, und brachte ihm kleine Opfergaben oder sprach zu ihm. Ich nahm mir vor, ihn irgendwann zu fragen, was es damit auf sich hatte.
    Zwischendurch musste ich einen Blasebalg betätigen, um die Glut des Schmiedefeuers auf die richtige Temperatur anzuheizen, oder einfach nur Holz aus dem Wald holen. Dieses hackte ich dann und verkokelte einen Teil davon tagelang in einem speziellen Ofen unter Luftabschluss zu Holzkohle. Diese wiederum brannte heißer und länger im Schmiedefeuer.
    Hin und wieder schaute ich Skrohisarn auch einfach bei der Arbeit zu. Staunend beobachtete ich, wie er aus einem kleinen Klumpen Roheisen, den er in seiner Esse weich schmolz, durch stetiges Schlagen mit dem Hammer die gewünschte Länge und Breite und schließlich eine weitere Klinge modellierte. Anschließend tauchte er das fertige Stück in ein schrecklich stinkendes Gemisch aus Tierblut und Kot ein, welches dann durch die Glut verbrannte und einen harten Überzug über dem Eisen erzeugte. Nach dem Abschrecken in einem Bottich aus Wasser und Urin kam dann der Schliff – und fertig war wieder eine Speerspitze.
    Während des Aushämmerns der Verunreinigungen im Eisenklumpen summte Skrohisarn leise Lieder. Später verriet er mir, dass diese Lieder genau die Zeit vorgaben, die er für die verschiedenen Arbeitsgänge benötigte, und von Schmied zu Schmied weitergegeben wurden. Einzelne Schmiedesippen hatten dabei durchaus unterschiedliche Gesänge für die Arbeitsgänge und lieferten somit auch unterschiedliche Ergebnisse.
    An anderen Tagen lernte ich, Brot aus grobem, bräunlichem Mehl zu backen und den scheußlichen Getreidebrei, der täglich alle Mahlzeiten dominierte, anzurühren. Dieser wurde dann mit Dickmilch vermengt und in einem tiefen, kühlen Bodenloch auf der Nordseite des Hauses – seinem »Kühlschrank« – mit einem Stück Stoff abgedeckt aufbewahrt. So hatten wir anschließend wieder für einige Tage genug zu essen. Fleisch oder gar andere Speisen hatte es bisher nicht gegeben, der Speisezettel von Skrohisarn war über alle Maßen anspruchslos. Nach und nach schwanden die letzten kleinen Fettpölsterchen an mir und ich merkte, wie meine Muskeln durch die tägliche körperliche Arbeit härter und größer wurden.
    Nach den ersten Wochen war es mir bereits möglich, in kurzen, stotternden Sätzen einfache Fragen oder Aussagen zu formulieren, die Skrohisarn begeistert verbesserte oder ergänzte. Er genoss meine Gesellschaft und es bereitete ihm sichtlich Freude, mir zu helfen, seine Sprache oder die Tausend kleinen notwendigen Dinge des Alltags zu lernen. Ich begriff irgendwann, dass sein Name »Scharfes Eisen« bedeutete, und ich fand das mehr als passend. Mit unendlicher Geduld wies er auf alle möglichen Gegenstände und band diese in kurze, schlichte Sätze ein. Schon bald konnten wir uns auf einfache Art und Weise gut verständigen und ich lernte täglich mehr dazu.
    Ich hatte ihm bis jetzt keine einzige Frage nach diesem Ort oder seiner Lebensweise gestellt, genauso wenig wie er nach meiner Herkunft, meiner seltsamen Kleidung, meiner Sprache oder sonst etwas. Ich ging davon aus, dass er sich zurückhielt, bis er der Meinung war, dass ich gut genug sprechen und verstehen konnte, um es von selbst zu tun.
    Diese Ansicht teilte ich. Auf ein paar Tage mehr kam es sowieso nicht an und ich machte von Woche zu Woche riesige Fortschritte. Außerdem gestand ich mir ein, dass ich auch ein wenig Angst vor seinen Antworten auf meine Fragen hatte.
    Meine Kleidung hatte sich durch die ständige körperliche Arbeit schnell abgenutzt und traurig musste ich mir nach einigen Wochen eingestehen, dass T-Shirt und Pullover nur noch als Putzlappen herhalten konnten. Sie waren stark verschlissen und an vielen Stellen bereits mit Löchern versehen. Skrohisarn half mir mit einem weiten ärmellosen Leinenhemd aus, das am Bauch mit einem Strick zusammengebunden wurde.
    Mein Bart hatte sich währenddessen ungehemmt entwickeln können und auch meine Haare waren ein gutes Stück länger geworden. So machte ich mittlerweile wohl ebenso einen recht archaischen Eindruck, einzig die blaue Jeans und meine Trekkingschuhe verrieten noch meine Herkunft aus einer anderen Welt.
    Eines Tages, ich wollte mich gerade auf den Weg zu einer Waldlichtung machen, wo wir zur Ergänzung unseres faden Speiseplans doch einmal

Weitere Kostenlose Bücher