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Mark Bredemeyer

Mark Bredemeyer

Titel: Mark Bredemeyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Runenzeit 1- Im Feuer der Chauken (German Edition)
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So, wie ich ihn nicht verstand, so schien er auch mich nicht zu verstehen. In seiner Sprache gab es nicht einmal ein Wort für »Stadt«, zumindest kannte ich es nicht. Ich benutzte erst das deutsche, dann das englische Wort. Danach versuchte ich es andersherum.
    »Gibt es auch größere Dörfer, in denen Chauken zusammenleben?«, wollte ich wissen.
    »Ja, sicher, es steht jedem Chauken frei, sein Heim oder seine Halle dort zu bauen, wo er will, solange kein anderer freier Mann Anspruch auf das Land erhebt. Eine Schmiede wird wegen des ewigen Lärms aber nie gerne in einem Dorf gesehen und so baute mein Großvater bereits sein Haus hier draußen auf. Gar nicht weit entfernt gibt es eine größere Siedlung – ich erzählte dir ja schon von Ingimundi. Wir Habichtleute sind freie Menschen. Die Edelgeborenen werden als Meinungsführer und Vorsitzende bei Ratsversammlungen und Kriegszügen akzeptiert – jedoch nur, solange sie das Heil in sich tragen und von den freien Männern gewählt wurden! Seit Urzeiten sind die Grenzen der Gebiete der Edelgeborenen fest abgesteckt, es kommt zwar immer wieder zu kleineren Kämpfen, aber im Großen und Ganzen sind wir ein friedliches Volk von Bauern. Die traditionellen Gaue der Haugmerki werden von einem Häuptling geführt. Die Gemeinschaft der freien Bauern entscheidet über die Wahl der Häuptlinge aus den Reihen der Edelgeborenen. Einige wenige treiben Handel oder führen spezielle Aufgaben aus, so wie ich als Schmied, manche sind auch Hirten oder Fluss- oder Meeresfischer. Andere wiederum haben sich ganz dem Kriegshandwerk verschrieben und ziehen in kleinen Gruppen umher, um ihre Dienste dort anzubieten, wo sie gebraucht werden.«
    Skrohisarn sprach mit seinen Händen und Armen, holte immer wieder weit aus oder bewegte seinen Oberkörper beim Sprechen. Ich konnte seine Worte zwar einigermaßen verstehen, aber nicht den Sinn. Häuptlinge? Habichtleute? Seine Worte verwirrten mich zunehmend. In welchem Film war ich hier bloß gelandet?
    »Erzähl mir mehr von den Habichtleuten!«, sagte ich matt. Etwas in mir flüsterte mir zu, dass ich wirklich sehr, sehr weit weg von zu Hause sein musste.
    Skrohisarn schaute mich mit hochgezogenen Augenlidern an. »Du hast recht. Woher sollst du auch davon wissen?«, murmelte er und hob erneut an. »Nachdem vor Urzeiten die Erde selbst den Vater allen Lebens – Tuisto – gebar und dieser mit sich selbst seinen Sohn Manno zeugte, hatte Manno drei Söhne: Ingwio, Istwio und Irmin. In dieser Zeit, als die Erde noch jung war, gebar ein Habicht, geschwängert durch Ingwio, die ersten Menschenkinder. Diese waren starke Kreaturen – mit dem Weitblick und dem Scharfsinn der Habichte gewappnet und der Kraft und dem Mut des Manno selbst ausgestattet. Ich und meine Ahnen sind die Abkömmlinge der Habichtleute des Ingwio!«
    Er sah mich an, wohl in der Erwartung, mich allein schon mit dem ruhmreichen Namen des Ingwio beeindrucken zu können, doch ich saß einfach nur da. Gehörten diese Leute irgendeiner verschollenen Glaubensgemeinschaft an? Alles, was Skrohisarn mir erzählte, klang so … so zurückgeblieben! Mir schauderte.
    »Die meisten Chauken stammen also vom mächtigen, uralten Ingwio selbst ab, der Urvater unseres Stammes ist. Seit jeher hält er seine schützenden Hände über uns! Er entscheidet über gute und schlechte Ernten, Frieden, Wohlstand und die Zahl unseres Viehs. Einige der Edelgeborenen stammen dagegen direkt von der Muttergöttin Holda [12] ab, die sich in Gestalt eines Falken mit den edlen Geschlechtern der Chauken kreuzte. So kommt es, dass uns Habicht und Falke heilige Tiere sind, die niemand töten oder gefangen halten darf, verstehst du?«
    Plötzlich sah er mich mit scharfem Blick an und hob mahnend einen Finger. Ich verstand sofort, dass ein Chauke in dieser Angelegenheit wohl keinen Spaß verstehen würde. Eifrig nickte ich, fragte mich aber gleichzeitig, wer hier eigentlich verrückt geworden war. Ich oder Skrohisarn? Lag es vielleicht an der Einsamkeit, in der er hier lebte?
    »Was ist mit deiner Familie? Hast du Frau oder Kinder? Wo sind sie?«
    Der Schmied schaute mich wieder mit seiner bedächtigen Art an. Mit leiser, schwerer Stimme begann er zu erzählen: »Ich bin Vater von drei lebenden Söhnen, die sich alle im letzten Sommer dem Häuptling Ingimundi angeschlossen haben, der gar nicht weit von hier lebt. Für diesen schmiede ich übrigens auch die Waffen und einige davon werden eine Mitgift für seine Tochter

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