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Mark Bredemeyer

Mark Bredemeyer

Titel: Mark Bredemeyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Runenzeit 1- Im Feuer der Chauken (German Edition)
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Unfreien!« Dabei lächelte er verschmitzt, als ob er auf eine besonders legendäre Begebenheit anspielte.
    Also fragte ich ihn danach, während wir versuchten, den trägen Ochsen und die Pferde auf den Bohlenweg zu bekommen. Dafür mussten wir schieben und drücken sowie die Pferde ein wenig antreiben, aber es ging. Langsam setzten wir unsere Reise fort.
    »Ich habe dir bereits erzählt, dass einige Tagesreisen nördlich von hier ein großes Meer beginnt. Es ist sehr unbeständig und die Grenze zwischen Wasser und Land verschiebt sich ununterbrochen. Das Meer atmet ein und aus – und das regelmäßig und seit Anbeginn der Welten.«
    Mit dieser schönen bildlichen Beschreibung hatte ich sofort die Nordsee vor Augen.
    »Die Habichtleute haben sich immer schon das, was ihnen die Erdenmutter nicht geben konnte, genommen. Und zwar von weit im Westen und Norden lebenden Stämmen. Tiu der Einhändige kämpfte dabei immer aufseiten der Habichtleute. Außerdem verlangte der mächtigste aller Götter – Wodan [13] – immer nur einen geringen Teil unserer Männer für seine Hallen. Die Männer aus den Südgauen schlossen sich seit jeher schon diesen Raubzügen an, dafür bekamen wir wichtige Waren und Sklaven für die Arbeit. Vor langer Zeit nun wurde auf einer der großen Zusammenkünfte vereinbart, dass einige Handelsrouten so befestigt werden sollten, dass Waren, aber auch Krieger, falls nötig, schneller im Land der Habichtleute vorankommen können. So wurden die wichtigen Sammelpunkte an den Küsten für alle schneller erreichbar. Ebenso den Zugang zu den Handelsplätzen an den drei großen Flüssen erreichten die meisten viel einfacher. Dieser Weg hier«, er zeigte auf den vor uns liegenden Bohlenweg, »führt für die von Süden Kommenden zu einem der wichtigsten Handelsplätze am Wiesenfluss. Um ihn zu bauen, wurden gewaltige Raubfahrten organisiert. In zahlreichen nächtlichen Überfällen verwüsteten Habichtleute gallische und friesische Dörfer und nahmen Hunderte von Männern gefangen. Diese haben jahrelang für uns diese Wege gebaut!« Stolz wies er auf die Holzbohlen, auf denen wir standen.
    Ich musste unvermittelt schlucken. Für ihn schien es das Normalste der Welt zu sein, Menschen zu rauben, um sie sich dann zu Tode schuften zu lassen.
    »Seit einigen Jahren fahren die Habichtleute aber nicht mehr nach Gallien und Friesland. Die Römer haben das Land dort besetzt und beschützen es. Jeder Überfall wird dreifach vergolten und bestraft. Komm weiter jetzt, wir müssen bis heute Abend das ›Weiße Moor‹ durchquert haben! Im Dunkeln würden die Tiere Panik bekommen auf dem Bohlenweg!«
    Und so rumpelten wir durch die eintönige Moorlandschaft, die nur aus Wassertümpeln, Grasbüscheln und vereinzelten Sträuchern bestand. Zahlreiche Reiher, Störche und kleinere Vögel, die emsig nach Beute fischten, stiegen aufgeschreckt in den Himmel, als wir sie passierten. Die Mückenplage war hier beinahe unerträglich. Wir hatten uns die Kleidungsstücke so eng und vollständig um den Körper gezogen, dass wir eigentlich keine Angriffsfläche boten. Lediglich der schmale Schlitz, der für die Augen frei blieb, wurde immer wieder von den gierigen Biestern attackiert. Ich kniff sie zusammen und hoffte inständig, bald diesem verfluchten Ort den Rücken kehren zu können.
    Meine Aufmerksamkeit wurde einige Zeit später von zwei Plattformen, die rechts und links des Bohlenwegs angebracht waren, in Anspruch genommen. Vier hohe Holzfiguren waren hier im Moorboden verankert und sahen grimmig und Ehrfurcht gebietend auf uns nieder. Offensichtlich zwei Paare. Sie alle bestanden aus grob behauenen Stämmen mit Astgabelungen, welche die Beine darstellten. Arme hatten sie nicht.
    Die jeweils männlichen Figuren ließen sich mehr als deutlich an dem Phallus erkennen, welcher durch einen abzweigenden Ast im Bereich der Astgabelung dargestellt war. Grimmig und bedrohlich glotzten uns die Gesichter der »Männer« aus ihren dunklen Augenhöhlen an. Ihre fast rechteckigen Köpfe zeigten tief eingeschnittene Augen, eine flache Nase, einen dünnen Mundstrich sowie ein kräftiges, spitz zulaufendes Kinn. Tief ins Holz geschnittene parallel laufende Einkerbungen im unteren Gesichtsbereich deuteten einen Bart an.
    Bei den weiblichen Figuren war das Geschlecht auffällig durch einen senkrechten tiefen Schnitt in der Astgabelung symbolisiert. Auch die vorhandene Verdickung am Spaltungsansatz der Teilstämme war durch beidseitige Einschnitte

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