Markus, glaubst du an den lieben Gott? (German Edition)
Fazit ist: Ich habe Scheiße gebaut. Und ich bin weggerannt. Muss ich nicht. Hier ist meine Stimme: Wenn es ein Gen gibt, das für übertriebene Wertschätzung zuständig ist, so trage ich dieses Gen in mir. Ist es aktiv, wird alles wichtig. Dieses Gen lässt meinen Kopf rot anschwellen. Es bringt meinen Körper zum Zittern vor Aufregung. Es legt mein Sprachzentrum lahm. Gen hin, Gen her: Warum lege ich mir nicht einfach ein dickeres Fell zu? Weil ich es nicht wahrhaben will. Warum hole ich mir keine Hilfe? Tue ich. In gewisser Hinsicht jedoch zu spät. Erst mache ich diesen Fehler, von dem man auch in den Zeitungen lesen kann. Kein Klingelstreich dieser Welt rechtfertigt eine Körperverletzung, egal, an wem. Ich muss als erwachsener Mensch mein Verhalten kontrollieren können, auch wenn ich die Krankheit Sucht habe. Ich darf es in Zukunft besser machen. Ungeschehen kann ich es nicht machen. Eines muss ich mir immer vor Augen halten: Die Geschädigten sind die Kinder, nicht ich. Die Kinder schauen zu mir auf. Sie haben erlebt, wie ein Mensch, den sie mögen, völlig unverhältnismäßig auf ihren Scherz reagiert hat.
Erlebt man selbst einmal die harte Reaktion der Presse auf prominente Persönlichkeiten, die sich nicht ehrlich erklären, möchte man vor Scham im Boden versinken. Ich bin selbst schuld. Als die ersten Fragen von Zeitungen bei mir ankommen, wird mir von L. eine Nachrichtensperre verordnet. „Du sagst nichts. Du gehst nicht an Telefon. Du gibst keine Interviews!“ „Gut, wenn du meinst“, antworte ich. Doch ich hätte selbst die Entscheidungen treffen müssen, wie ich damit umgehe. Mein Herz sagt mir damals: „Stelle dich. Geh nach vorne und sage, was wirklich passiert ist!“ Ich tue es aber nicht. Prompt schreibt die Presse: „Er ist gescheitert!“ Ja, da ist etwas dran! Im selben Moment, in dem der Satz fällt: „Herr Majowski ist nicht zu sprechen“, im selben Moment bin ich gescheitert. Und was passiert, als ich mich Jahre später einer Zeitung doch zum Interview stelle? Ich werde anständig behandelt. Die Journalisten schauen auf mein Leben und ziehen Bilanz: „Er ist gewachsen an seinen Fehlern. Er hat sich verändert.“ Ich wandle mein Scheitern in Wachstum.
Die Jahre vergehen, meine Karriere läuft gut. Ich arbeite unter Hochdruck. Die Werbeverträge werden verlängert. Die „Sieben Zwerge“ stehen an. Unser Sohn Julius kommt zur Welt. Ich bin gefragt wie nie zuvor. Aber ich spüre, wie meine Energie schwindet. Ich erhöhe das Tempo. Beim zweiten Teil von „Sieben Zwerge“ kann ich nicht dabei sein. Ich habe einen festen Theatervertrag, aus dem ich nicht herauskomme. Auch „Der letzte Zeuge“ und „Die Dreisten Drei“ sind zeitlich nicht mehr zu vereinbaren. Ich versuche es, doch immer wieder überschneiden sich Termine. Der Abschied von meinen Kriminalkollegen fällt mir unendlich schwer. Ein Jahr später stirbt Ulrich Mühe. Ein trauriger Abschied beginnt für all seine Freunde.
Ich erhöhe nochmals das Tempo. Mir ist meine Arbeit nicht sicher genug. Ich denke an Morgen und lasse Sorgen an mich heran. Wie wird es weitergehen? Wieder erhöhe ich das Tempo, diesmal schwenke ich auf die Überholspur ein. Ich sage für das Format „Let’s dance“ zu und komme Dank meiner Partnerin Ana Kravchenko bis in die vierte Runde. Das Tanzen macht mir Spaß. Mein Körperbewusstsein verändert sich positiv. Eine Produktionsfirma kommt auf die Idee, ein eigenes TV-Format für mich zu entwickeln. Einer der großen Sender vergibt offiziell den Auftrag an einen der Autoren von „Die Dreisten Drei“. „Tanzschule Blaschke“ ist eine gute Geschichte, die allerdings seit über fünf Jahren auf Eis liegt. Der Stillstand in diesem einen Punkt wurmt mich gewaltig. Daran erkennt man den Grad meiner Ungeduld. Die Krise im Deutschen Fernsehen ist überall spürbar. Ich spiele viel Theater und nutze die freie Zeit für meine Familie. Ruhiger werde ich nicht. Das Deutsche Kinderhilfswerk nutzt die Gunst der Stunde und produziert mit mir einen Kino-Spot zu unserer Kampagne „Chancen spenden“. Die Aufmerksamkeit auf das Thema Kinderarmut in Deutschland zu lenken, ist wichtig. Der Spot wird ein großer Erfolg, die Menschen erinnern sich an die Armenviertel in den eigenen Städten. Die Berichte über verwahrloste Kinder in Deutschland mehren sich. „Du siehst müde aus in dem Kino-Spot, Markus“, höre ich von einigen Seiten. Ich bin müde. Ich werde nach vielen Jahren der Abstinenz
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