Markus, glaubst du an den lieben Gott? (German Edition)
rückfällig und habe das Gefühl, meine Welt bricht zusammen. Damals passiert mir die Geschichte in dem Bamberger Hotel. Ich habe meinen eigenen Selbstmord auf Raten vor Augen und begreife nicht, was mit mir los ist.
Eine Idee wächst in mir: Wie wäre es, wenn ich auf Zeit in ein Kloster gehe? In zwei Klostern erreiche ich nichts. Habe ich da vielleicht gekniffen, mich nicht genug angestrengt? Das würde mich im Nachhinein nicht wundern, ich bin zu diesem Zeitpunkt alles andere als bereit für Anstrengung und langes Suchen. Oder zur Kur? Ich melde mich telefonisch in einer Klinik in Bad Zwischenahn für den Januar an. Gut gemacht! Das gibt mir Kraft, denn ich habe eine Perspektive. Es ist später Herbst, und wir arbeiten wieder für „Die Dreisten Drei“. Bis kurz vor Weihnachten sind wir an Originalschauplätzen und drehen hunderte von Sketchen. Endlich ist Weihnachten. Meine Familie merkt mir nichts an. Nur Barbara weiß, dass ich auf dem Zahnfleisch gehe.
Und was passiert? Ein Traumschiff-Dreh flattert ins Haus. Es wird meine zweite Begegnung mit dieser klassischen Familienunterhaltung. Ich treffe mich mit dem Produzenten, erfahre alles über die Rolle, die für mich geschrieben wurde. Hut ab vor Wolfgang Rademann: Er ist ein klarer Mensch und mag es, wenn man mit ihm Tacheles redet. Als ich ihm offen erzähle, dass ich keinen Alkohol trinken möchte, sorgt er dafür, dass jeden Abend beim Essen ein großes Saftglas „Schwarze Johanna“ vor mir steht und nachgeschenkt wird. „Dann musst du dich nicht ständig rechtfertigen, verstehste?!“ Das erste Mal hatte er mich in eine spannende Folge, die in Thailand spielte, hineinschreiben lassen. Das war ganz zu Beginn meiner Ehe mit Barbara. Sie kam damals mit auf die Reise, machte dort ihre ersten Erfahrungen mit vielen Künstlern auf engem Raum. Wolfgang Rademann hat sie in ihr Herz geschlossen; und sie ihn in ihres! Und sie spürte damals, dass er mir immer treu bleiben würde. Diesmal würde es nach Papua-Neuguinea gehen. Stolz überreicht mir Wolfgang ein umfassendes Buch mit Recherchen über Land und Leute. „Hier haste was zu lesen, mein Kleena!“
Dann geht es erst einmal nach Bad Zwischenahn. Eine Klinik für Krisenintervention – das Ergebnis einer mutigen Selbsteinschätzung meinerseits. Koffer packen! Ich verfalle in die übliche Aufregung à la Markus. Die kennen Sie noch gar nicht? Ich packe immer alles ein. Am liebsten will ich diesmal gleich alles für den „Traumschiff“-Dreh mitnehmen. Drei große silberne Koffer zieren in der Woche vor meiner Abreise nach Ammerland unser Wohnzimmer, also auch über Silvester. Eine schon verschollen geglaubte Marotte von mir kommt wieder zum Vorschein: Das Akten-, Dokumente- und Korrespondenzen-Transfersyndrom. Mein halbes Büro soll mit. Es könnte ja sein, dass in Europa ein Krieg ausbricht. So eine Art Urahnung muss das sein, dass das eines Tages doch passiert. Terroristen überfallen Mitteleuropa – großflächig. Ich sollte besser lernen, einmal ganz loszulassen. Das tue ich jedoch überhaupt nicht. Bad Zwischenahn wird erholsam. Erst, als der Leiter der Klinik in der letzten Woche meines Aufenthaltes anreist, kommen Fakten auf den Tisch. „Sie sollten den Mut fassen, eines von diesen Treffen von Menschen zu besuchen, die das gleiche Problem wie Sie haben. Morgen ist ein solches. Hier, ich schreibe Ihnen die Adresse auf.“ Ich gehe hin und höre zu. Ich versuche zu verstehen. Ich rede mir verzweifelt ein, dass hier mein neues Leben beginnen könnte. Jetzt kommt auch in der Klinik etwas mehr Gesundheit an meine Seele heran, indem ich zum ersten Mal meinen Kontrollverlust reflektiere und mir meine Machtlosigkeit gegenüber dem Stoff, meine Krankheit, eingestehe. Ich merke mir den Namen der Gruppe und verabschiede mich auf meine Reise nach Papua-Neuguinea. Alles geht so schnell, dass ich vergesse, dass es meine Sucht gibt. Zum Flughafen und los!
Kaum angekommen, hat mein Beruf mich mit all seinen schönen Seiten wieder einmal voll eingenommen. Ich bin ausgeglichen und befinde mich auf dem Höhepunkt meiner Karriere – denke ich. Es soll gefälligst Spaß machen, das Leben! Doch die Reise bringt mir den ersten Vorgeschmack auf meine endgültige Kapitulation vor den Drogen …
An einem heißen Drehtag in Papua-Neuguinea gerate ich in eine Zwickmühle: Unser Regisseur lässt aus meiner Sicht den Macho gegenüber anderen, schwächeren Kollegen raushängen. So was hassen die meisten Schauspieler. Wir
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