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Markus, glaubst du an den lieben Gott? (German Edition)

Markus, glaubst du an den lieben Gott? (German Edition)

Titel: Markus, glaubst du an den lieben Gott? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Majowski
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Die Decken sind total zerfetzt, aber ich behalte sie viele Jahre bei mir, weit über den Tod beider Hunde hinaus. Die Risse erinnern mich an unsere Rettung. Ein andermal in einer anderen Wüste fegt mir der Wind unaufhörlich ins Gesicht, ich sehe die Hand nicht vor Augen und vertraue einfach dem Weg, auf dem ich mich befinde. Vor mir liegt ein alter Berg, der Geschichte schrieb. Ich werde ihn erklimmen.
    Kurz vor meinem Abitur begleiten meine Mutter, Nadja und ich unseren Vater auf eine Orchesterreise nach Israel. Viele Menschen, die sich auf den Weg nach Masada machen, der alten jüdischen Festung am Toten Meer, erleben Ähnliches: Widerstände und ungeahnte Mühen, reine Freude und Erleichterung. Als ein Teil meiner Familie und ich nach dem Aufstieg zu Fuß von der Mitte des Berges oben ankommen, ist das Wasser des Brunnens für uns wie eine Erlösung. Die Strapazen haben uns ausgezehrt. Die Quelle des Brunnens legt ihre Macht an meine Seele. Das ist mein persönliches „Berührtwerden“, und so wie ich es in diesem Augenblick in Israel empfinde, wird es in meinem Herzen bleiben. Die Quelle der Geschichte von Glauben, Stolz und Scheitern auf dem Berg Masada berührt mich. Ich werde unbewusst selbst zur Quelle: einerseits durstig nach Antworten, andererseits bereits sprudelnd und voller Vertrauen. Doch das, was ich weiß und erfahre, kann ich erst sehr viel später weitergeben.
    Zunächst vernehmen meine Ohren die Geschichte der römischen Belagerung und das Aushalten der Menschen auf dem Berg Masada wie durch einen Schleier. Als mir schließlich bewusst wird, dass hier ein Massenselbstmord stattgefunden hat, um nicht in Gefangenschaft zu geraten, da zündet bei mir etwas. Ich verinnerliche den Respekt vor dem jüdischen Volk. Noch kann ich nicht wissen, dass mein Weg durch das Heilige Land im übertragenen Sinn ein Leben lang anhalten wird. Alles, was ich auf dieser Reise mit der Familie erleben sollte, bekam eine tiefere Bedeutung: Ich werde bereit, meine Faszination für den Freitod im Namen des Glaubens umzuwandeln in Toleranz und Liebe zu Menschen, die nicht an Gott glauben oder ein anderes Verständnis von Gott haben. Der lange Weg der Juden hin zu Gott und ihr Leid, gleichzeitig die Chance auf Respekt zwischen Christen und Juden stehen plötzlich in besonderer Weise vor meinem deutschen Angesicht, mitten auf diesem Berg. Ich rufe mir innerlich die Lehren ins Gedächtnis, die ich als Deutscher in mir trage: „Nie wieder darf sich solches Leid wiederholen. Nicht auf deutschem Boden, nicht von Deutschen, nicht von Deutschen befohlen. Nirgends auf der Welt.“ Ich trage Mitverantwortung, diese Botschaft weiterzugeben, von der Belagerung Masadas auf den Holocaust, von damals zu heute. Wie ist das zu verkraften? Ich weiß die Antwort erst heute: Sich in einer tiefen inneren Versöhnung gegenseitig annehmen zu können, ist das Ziel. Solange das, was uns verbindet, größer ist als das, was uns trennt, haben wir die Chance, diese Welt einen guten Ort sein zu lassen! Keiner braucht seinen Glauben zu verleugnen. Aus der Tiefe des Glaubens selbst heraus kann das Miteinander wachsen. Hin zum Frieden gehen wir lebendig und offenen Herzens nicht notwendigerweise in den Freitod, um unseren Glauben zu schützen. Einen gemeinsamen Gott haben wir, und unser Handeln – durch die „Einheit von Gottes- und Nächstenliebe“ bestimmt – kann zur Lobpreisung Gottes werden. Hoffentlich können wir ihm die Tür in die Welt öffnen, damit sein Wille geschehe und es so auf Erden „wie im Himmel“ werden könne, damit sein Reich komme, wie Papst Benedikt XVI. es beschrieben hat.
    Das Sterben Jesu zieht Erleichterung nach sich, nicht den Hass auf die, die ihn gekreuzigt haben. Erleichterung und Erbarmen sind die Losung. Das kann jedes Kind verstehen, wenn die Erwachsenen ihm die Geschichte Jesu so erzählen, wie sie aufgeschrieben wurde.
    Ich bin damals im Heiligen Land und habe die Chance, auch den Fußweg zur Kreuzigungsstelle abzugehen. Ich nutze diese Chance.
    Wir lernen einen Franziskanermönch kennen, Pater Wilms. Er führt uns zu allen christlichen Wallfahrtsstätten und erzählt uns aus seinem Leben. Ich bin beeindruckt und sehr offen für alles, was ich in dieser Zeit erlebe. Bethlehem, Nazaret, das Tote Meer, der See Genezaret, Haifa und schließlich Jerusalem. Wir erleben auch viele skurrile Situationen – ich erinnere mich an eine Geschichte im „King David“, einem großen Hotel in Jerusalem: Wir haben eine Maus

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