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Marlene Suson 1

Marlene Suson 1

Titel: Marlene Suson 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Mitternachts-Braut
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dachte Jerome, das stimmt.
    Sollte Morgan am Ende recht haben? War Rachel anders als ihre Geschlechtsgenossinnen?
    „Ich finde, du könntest ihr wenigstens dafür dankbar sein, daß sie mein Leben gerettet hat‚, sagte Morgan vorwurfsvoll.
    Jerome, der sicher war, daß Morgan mit dieser Behauptung hemmungslos übertrieb, sah hinüber zu seiner Kutsche. Unter den wachsamen Augen seines Kammerdieners luden die Lakaien gerade das Gepäck auf.
    „Willst du dich wirklich aus dem Staub machen und sie hier- lassen?‚ fragte Morgan, der den ungeduldigen Blick seines Bru- ders richtig gedeutet hatte.
    Das wollte Jerome wahrhaftig nicht, doch das konnte er sei- nem Bruder gegenüber nicht zugeben. „Ich habe ihr angeboten, meine Mätresse zu werden, doch sie hat abgelehnt.‚
    „Deine Mätresse! Grundgütiger Himmel, Jerome, du wirst sie doch nicht dermaßen beleidigt haben! Die Tochter eines Earl!‚
    „Ich habe ihr von Anfang an gesagt, daß eine Ehe nicht in Frage kommt.‚
    „Warum, zum Teufel, hast du dann mit ihr geschlafen? Das sieht dir gar nicht ähnlich, Jerome.‚
    Das stimmte. Doch er war so verrückt nach ihr gewesen, daß es nun einmal geschehen war. Mittlerweile fand er es ja selbst verabscheuenswert. Aber das ließ er sich nicht anmerken, als er so beiläufig wie möglich sagte: „Sie hat mich schließlich darum

gebeten, sie zu ruinieren, und ich habe nur ihrer Bitte entspro- chen.‚
    Morgan starrte ihn an, als sähe er ihn zum erstenmal. „Ich hätte nie geglaubt, daß du so ein herzloser Bastard sein kannst.‚
    Die verächtlichen Worte des Bruders trafen Jerome empfind- lich. „Was hast du denn erwartet, nach dem, was sie mir ange- tan hat?‚
    „Was ich erwartet habe? Daß es für dich eine Frage der Ehre gewesen wäre, sie zu heiraten, nachdem du sie entehrt hast.‚
    „Hast du ihr deshalb beigebracht, wie man einen Mann ver- führt? Na schön, dann ist der Schuß eben nach hinten losge- gangen.‚
    „Du kannst nicht abreisen und Rachel hierlassen‚, sagte Mor- gan beschwörend. „Jemand will ihr ans Leben!‚
    Angst erfaßte Jerome, doch dann sagte er sich, daß Morgan vermutlich nur übertrieb, um ihn umzustimmen. „Meinst du etwa diesen obskuren Zwischenfall vor zwei Monaten? Das ist doch Schnee von gestern.‚
    „Kein Mensch glaubt daran, daß es ein Unfall war.‚
    „Rachel schon. Denkst du wirklich, Sir Waldo Fletcher will sie umbringen?‚
    „Vielleicht. Immerhin hat er noch eine Rechnung mit ihr offen. Aber im Grunde glaube ich gar nicht, daß er es ist.‚
    „Wer sonst?‚
    „Ihr Bruder George‚, sagte Morgan ruhig.
    „Bist du verrückt? Er ist nicht einmal in England. Er dient bei der Armee, drüben in den amerikanischen Kolonien.‚
    „Kurz bevor dieser Schuß auf Rachel abgefeuert wurde, tauchte ein Fremder in der Schenke unten im Dorf auf. Er war auf der Suche nach einem Diener oder Pächter von Wingate Hall, um ihn zu bestechen. Er sollte einen ,Unfall’ für Lady Rachel arrangieren.‚
    „Verdammt! Hat er jemanden gefunden?‚
    Morgan hob die Schultern. „Die Leute hier verehren Rachel. Sie hätten ihn am liebsten geteert und gefedert. Er hatte Mühe, ungeschoren aus der Kneipe zu kommen. Aber trotzdem, in ei- nem so großen Haushalt wie auf Wingate Hall findet sich immer jemand, der skrupellos und habgierig genug ist, um gekauft zu werden. Der Strolch hat sich nicht wieder blicken lassen, aber am nächsten Tag fiel der bewußte Schuß. Ich glaube nicht, daß das ein Zufall war.‚

Dem konnte Jerome sich nicht verschließen. „Aber weshalb verdächtigst du Rachels Bruder?‚
    „Der Fremde behauptete, für einen Mann aus Übersee zu ar- beiten.‚
    „Und George ist in Übersee! Aber weshalb sollte er seiner Schwester ans Leben wollen?‚
    „Denk doch mal nach, Jerome. Kommt es dir nicht merkwür- dig vor, daß erst Stephen so geheimnisvoll verschwindet und jetzt jemand hinter seiner Schwester her ist? Immerhin ist sie die Erbin von Wingate Hall.‚
    „Nicht, solange George am Leben ist. Er ist Stephens Erbe.‚
    „Er erbt nur den Titel, nicht unbedingt auch Wingate Hall. Alle glauben es zwar, aber es könnte auch anders sein.‚
    „Was willst du damit sagen?‚ fragte Jerome stirnrunzelnd.
    „Der Pfarrer – übrigens ein überraschend liberal denkender Mann – und ich haben uns ein bißchen angefreundet. Eines Abends hat er mir im Rausch anvertraut, daß er Zeuge bei ei- nem geheimen Abkommen zwischen George und dessen Vater war. Der alte Earl war

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