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Marlene Suson 2

Marlene Suson 2

Titel: Marlene Suson 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Mitternachts-Lord
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kalt.
    Es dauerte eine Ewigkeit, bis sie den Blick wieder hob, und Stephen erschrak über die Traurigkeit und die tiefe Enttäu- schung in ihren Augen. „Demnach forderst du für die Ausbildung meines Bruders das einzige, das Charles Galloway mir gelassen hat – meine Ehre.“
    Stephen wußte nicht, was er sagen sollte. Er kam sich so ungeheuer schäbig vor.
    Doch die Ehe konnte er ihr trotzdem nicht anbieten.
    „So sehr mir auch an Joshs Zukunft liegt“, sagte sie mit stolz erhobenem Kopf, „verkaufen werde ich mich nicht dafür. Jetzt würde ich dich auch nicht mehr heiraten, wenn du es mir anbie- test.“ Ihre stille Würde war wie ein Schlag ins Gesicht. „Niemals könnte ich einen Mann heiraten, der so denkt wie du.“
    Stephen konnte kaum glauben, wie sehr ihre Worte ihn ver- letzten. Plötzlich hatte er das Gefühl, seine eigene Ehre retten zu müssen. Deshalb sagte er mit grimmiger Entschlossenheit: „Megan, wenn ich wieder in England und in der Position bin, die mir zusteht, sorge ich für Joshs Erziehung. Ich verspreche es. Und dafür werde ich nichts von dir verlangen.“
    Schweigend sah sie ihn an, und aus ihren Augen sprachen Schmerz und Zweifel. Er legte ihr die Hand unters Kinn und fuhr zart mit dem Daumen über ihre Unterlippe. „Hör zu, Megan, ich wünsche mir nur von dir, was du mir freiwillig gibst. Ich habe dir schon einmal gesagt, daß ich dir nicht die Unschuld rauben werde, wenn du es nicht willst. Bist du nun zufrieden?“
    „Ja.“
    Er nickte ergeben. Was sonst hätte er tun können, obwohl sein Körper so drängend nach ihr verlangte. Dann würde er eben wieder mit einem Bad im Fluß vorliebnehmen müssen, um sich abzukühlen.
    Er küßte sie flüchtig auf die Lippen, verließ ihr neues Zim- mer und schloß die Tür hinter sich. Er versuchte sich mit dem Gedanken zu trösten, daß sie jetzt zumindest ihr eigenes Reich hatte. Nun brauchte er nicht mehr Abend für Abend zuzuhören, wie sie sich hinter ihrem Vorhang auszog.
    Ein echter Trost war das freilich nicht.

Was sollte er nur tun, um sie umzustimmen? Er konnte sie nicht heiraten, und verlassen konnte er sie auch nicht.
    Allerdings spielte diese Frage im Moment ohnehin keine ent- scheidende Rolle, denn er hatte ja nicht einmal das Geld für seine eigene Schiffspassage nach England, geschweige denn für Megan und Josh.
    Der Gedanke, daß Stephen sie nur als Mätresse wollte, tat unbe- schreiblich weh. Als die Tür sich hinter ihm geschlossen hatte, warf Meg sich aufs Bett. Es war das Bett, das Stephen bisher be- nutzt hatte, und sein Duft hing noch im Bettzeug. Meg vergrub das Gesicht im Kopfkissen und weinte herzzerreißend.
    Als ihre Tränen versiegt waren, blieb sie völlig erschöpft liegen. Sie fühlte sich ganz leer und ausgelaugt. Sie hörte, wie Stephen das Blockhaus verließ, und fragte sich, wo er wohl hinwollte. Ging er für immer? Vielleicht wäre das die beste Lösung für alle.
    Meg stand auf und ging lustlos hinüber in den Hauptraum. Sie schaute zu der leeren Stelle, an der vorher Stephens Bett ge- standen hatte, und entdeckte auf dem Boden, dicht an der Wand, ein zusammengeknülltes Stück Papier. Wahrscheinlich war es unbemerkt unters Bett gerollt und dann vergessen worden.
    Neugierig hob Meg es auf und strich es glatt. Ein entsetzter Laut entfuhr ihr, als sie sah, daß es ein Steckbrief war, der eine hohe Belohnung für die Rückführung von Billy Gunnell, einem entflohenen Sträfling, versprach.
    Auf dem Steckbrief stand weiter, daß Billy Gunnell, ein zur Zwangsarbeit in Virginia verurteilter Verbrecher, sehr gefährlich sei und daß man sich ihm nur mit größter Vorsicht nähern solle.
    Seine Beschreibung lautete: eins achtzig groß, langes, sträh- niges schwarzes Haar, buschiger Bart, eine auffällige rote Narbe über der linken Braue und ungewöhnlich hellblaue Augen. Be- kleidet sei er mit einem groben Flachshemd, über den Knien abgeschnittenen, nur mit einer Schnur gebundenen Hosen.
    Megs Magen zog sich zusammen.
    „Wenn Sie kein Sträfling sind, wieso haben Sie dann diese Male an Armen und Beinen?“
    „Man hielt mich irrtümlich für einen Mann namens Billy Gunnell . . . Vielleicht sehe ich ihm ähnlich.“
    Der Beschreibung auf dem Steckbrief nach sah Billy Gunnell Stephen Wingate nicht nur ähnlich. Es war Stephen, bis hin

zu den Lumpen, in denen er vor ihrer Tür zusammengebrochen war.
    Megs Blick glitt nach unten, um festzustellen, wer die Beloh- nung ausgesetzt hatte. Entsetzt las sie:

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