Marlon, die Nummer 10
Radiomoderator. „Seien Sie ehrlich. Die Saison beim FC Bayern war für Sie mehr als vermurkst und Sie wurden am Ende auch nicht mehr sehr freundlich behandelt. Wurmt Sie das nicht? Würden Sie es Ihren Gegnern und Kritikern nicht zu gern zeigen?“
„Ich hab mit dem FC Bayern sehr lange verhandelt“, wich Ribaldo aus.
„Ja, aber Sie sind doch nicht nur Geschäftsmann. Sie sind doch auch Sportler!“, hakte der Journalist nach. „Ich habe gehört, der Trainer wäre bereit, Ihnen eine Bedenkzeit, eine Probezeit einzuräumen.“
Ich hörte, wie die Wut in Rocces Vater aufstieg.
„Ich habe alles gesagt!“, sagte er bitter und wollte das Interview damit beenden.
Da mischte sich Rocce ein.
„Nein. Das hat er nicht“, sagte er mutig. „Mein Vater kneift. Er hat Angst gekriegt. Er ist nicht mehr wild! Genau so wie mein bester Freund Marlon.“
„Das reicht!“, fuhr Ribaldo seinem Sohn über den Mund und ich dachte dasselbe.
Ich schaltete das Radio aus. Doch egal, was ich tat, ich konnte die zwei Sätze von Rocce nicht mehr vergessen.
„Er hat Angst gekriegt. Er ist nicht mehr wild!“, hallte es mir durch den Kopf.
Ich lag die ganze Nacht wach und am Samstag wurde ich immer nervöser. Verflixt! Heute spielten wir gegen Unterhaching . Heute konnten wir den Meistertitel gewinnen. Ich hielt es vor Spannung nicht aus. Meine Eltern waren im Teufelstopf . Sie würden erst nach dem Spiel zu mir kommen und sie ließen sich Zeit. Ja, sie wussten ja nicht, was mit mir los war. Sie dachten, mich interessiert das nicht mehr.
„Krumpelkrautrüben!“, begrüßte ich sie, als sie endlich kamen. „Wo bleibt ihr so lange und wie haben die Wilden Fußballkerle gespielt?“
Meine Eltern schauten mich verblüfft an.
„Jetzt sagt doch schon! Sind sie Meister geworden? Haben sie es ohne Rocce geschafft?“
„Nein“, antwortete mein Vater und schüttelte traurig den Kopf. „Es war ein absolutes Desaster. Sie sind untergegangen. Sie haben dreizehn zu null verloren.“
„Das ... das ... das ist nicht wahr“, stammelte ich. „Du schwindelst mich an. Komm, gib es zu!“, lachte ich und war fest davon überzeugt, dass ich meinen Vater durchschaute. „Du schwindelst mich an. Hab ich Recht?“
„Nein“, sagte mein Vater, mehr nicht.
Ich holte tief Luft.
„Okay! Sowas kann mal passieren. Das kommt bei den besten Mannschaften vor. Dann führen wir halt nur mit einem Punkt. Aber das ist auch mehr als genug. Dann müssen wir im letzten Spiel gegen den Turnerkreis nur noch ein Unentschieden erreichen.“
Ich hielt für einen Moment inne.
„Diese stahlgrauen Ekelpakete haben doch heute verloren?“, fragte ich nach. „Habt ihr mit Edgar gesprochen, ihr wisst schon, dem Pinguin. Er schaut sich doch jedes Spiel vom Turnerkreis an.“
„Ja“, nickte mein Vater. „Er war heut in Solln.“
„Gut“, freute ich mich. „ Solln ist echt stark. Gegen die hätten wir beinah verloren.“
„Aber der Turnerkreis nicht“, widersprach mir mein Vater. „Die sind wieder da. Edgar hat uns erzählt, sie haben Solln auf den Pluto geschossen. Ja, und er meint, Solln kommt da nie wieder runter. Die haben eine Null-zu-Achtzehn-Packung gekriegt.“
Er schaute mich an.
„Tja. Jetzt liegt der Turnerkreis zwei Punkte vorn. Jetzt müsst ihr das letzte Spiel bei denen zu Hause gewinnen.“
„Und das packen wir auch!“, schoss es aus mir heraus.
„Na klar!“, lachte mein Vater. „Und vorher werdet ihr euch noch für die Weltmeisterschaft qualifizieren.“
„Und ob wir das tun!“, konterte ich.
„Wir?“, fuhr mir meine Mutter über den Mund. „Wer ist das denn – wir? Du gehörst doch nicht mehr dazu und das ist erst der Anfang vom Ende. Rocce ist so gut wie nicht mehr dabei und Deniz wird auch nicht mehr kommen. Er hat heute Rotz und Wasser geheult. Er hat die Wilden Kerle beschimpft und er hat Willi sein Trikot vor die Füße geworfen.“
„Und, was meinst du, passiert, wenn ihr euch bei der Kinder-Weltmeisterschaft noch mal so blamiert?“, fragte mein Vater. „Ohne Deniz, Rocce und dich? Wer wird dann noch zum Spiel gegen den Turnerkreis kommen?“
Ich schluckte. Ich ballte die Fäuste, ich wollte meinem Vater noch mal widersprechen, doch meine Mutter ließ mir dafür keine Zeit. So unbarmherzig hatte ich sie noch nie erlebt.
„Ja, und was passiert dann?“, fragte sie mich. „Ich kann es dir sagen. Dann gibt es die Wilden Fußballkerle nicht mehr.“
„Nein“, flüsterte ich.
„Oh, doch!“,
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