Mars 02 - Die Götter des Mars
her. Mit einem einzigen Hieb streckte ich zwei in der vordersten Reihe zu Boden. Dann stürmte ich durch das bloße Gewicht und den Schwung meines Körpers durch die restlichen zwei Reihen und sprang auf das Podest neben den geschnitzten Sorapusthron.
Die widerliche Kreatur, die angsterfüllt dort hockte, versuchte, mir zu entrinnen und durch die Falltür hinter ihr zu verschwinden. Diesmal fiel ich jedoch nicht auf diese List herein. Noch ehe sie sich halb erhoben hatte, packte ich sie beim Arm, und als ich sah, daß die Wache Anstalten machte, von allen Seiten über mich herzufallen, zückte ich den Dolch, hielt ihn dem Scheusal an die Brust und gebot ihnen, stehenzubleiben.
»Zurück!« sagte ich. »Zurück! Sobald einer von euch Schwarzen auch nur den Fuß auf diesen Podest setzt, fährt mein Dolch Issus ins Herz.«
Sie zögerten einen Augenblick. Dann rief ein Offizier sie zurück, während vom Korridor draußen, meiner kleinen Schar Überlebender auf den Fersen folgend, volle eintausend rote Männer unter Kantos Kan, Hor Vastus und Xodar in den Thronsaal stürmten.
»Wo ist Dejah Thoris?« fragte ich die Kreatur in meiner Hand.
Einen Augenblick rollten ihre Augen wild umher und erfaßten die Szene unter ihr. Ich glaube, es brauchte eine Weile, ehe sie die wirkliche Lage richtig erfaßte - zuerst konnte sie gar nicht wahrhaben, daß der Tempel unter dem Ansturm der Männer der Außenwelt gefallen war. Als sie dies erkannte, dämmerte ihr wohl auch die schreckliche Ahnung dessen, was dies für sie bedeutete - den Verlust der Macht, Demütigung und Bloßstellen ihres betrügerischen Verhaltens und des Schwindels, den sie so lange ihrem eigenen Volk gegenüber aufrechterhalten hatte.
Es bedurfte nur noch einer Sache, um die Realität des Bildes zu vollenden, das sie vor sich sah, und diese wurde durch den höchsten Edlen ihres Reiches - den Hohenpriester ihrer Religion, den Premierminister ihrer Regierung geliefert.
»Issus, Göttin des Todes und des Ewigen Lebens, erhebe dich in der Macht deines gerechten Zorns und streckte deine gotteslästerlichen Feinde mit einer einzigen Bewegung deiner allmächtigen Hand zu Boden!« sagte er. »Laß keinen entkommen, Issus, dein Volk verläßt sich auf dich! Tochter des Kleineren Mondes, nur du bist allmächtig.«
»Du als Einzige kannst dein Volk retten. Ich habe zu Ende gesprochen. Wir erwarten deinen Willen. Schlage zu!«
Da verfiel sie in Wahnsinn. Eine schreiende, geifernde Irre wand sich in meinem Griff. Sie biß und kratzte in ohnmächtiger Wut. Dann stieß sie ein unheimliches und grauenvolles Gelächter aus, daß einem das Blut in den Adern erstarrte. Die Sklavinnen auf dem Podest schrien auf und duckten sich. Die widerliche Kreatur sprang zu ihnen, knirschte mit den Zähnen und spie sie mit schaumbedeckten Lippen an. Mein Gott, was für ein entsetzlicher Anblick!
Schließlich schüttelte ich sie in der Hoffnung, sie für einen Augenblick zu klarem Denken zu bringen.
»Wo ist Dejah Thoris?« fragte ich abermals.
Das gräßliche Geschöpf murmelte undeutlich etwas vor sich hin, dann trat auf einmal ein tückischer Glanz in die häßlichen, engstehenden Augen.
»Dejah Thoris? Dejah Thoris?« Dann schlug uns wieder ihr schrilles, unnatürliches Lachen ins Ohr.
»Ja, Dejah Thoris - ich weiß. Und Thuvia, und Phaidor, Tochter des Matai Shang. Sie alle lieben John Carter. Haha! Das ist schon spaßig. Ein Jahr lang werden sie zusammen im Tempel der Sonne meditieren, doch noch ehe das Jahr vergangen ist, wird es keine Nahrung mehr für sie geben. Hoho! Welch göttliche Zerstreuung.« Damit leckte sie sich den Schaum von den grausamen Lippen. »Es wird keine Nahrung mehr geben - außer einander. Haha! Haha!«
Die grauenhafte Offenbarung lähmte mich nahezu. Zu diesem Schicksal hatte die Kreatur, die in meiner Macht war, meine Prinzessin verurteilt. Ich zitterte vor unbändiger Wut. Wie ein Hund eine Ratte schüttelt, so verfuhr ich mit Issus, der Göttin des Ewigen Lebens.
»Widerrufe deine Befehle!« sagte ich. »Ruf die Verurteilten zurück. Beeile dich, oder du stirbst!«
»Es ist zu spät. Haha! Haha!« Damit begann sie wieder zu schnattern und zu schreien.
Wie aus eigenem Antrieb schnellte mein Dolch über das Herz dieses widerlichen Wesens. Etwas ließ meine Hand jedoch verharren, und ich bin jetzt froh, daß es so war. Es wäre eine furchtbare Sache gewesen, eine Frau mit eigenen Händen zu töten. Da fiel mir ein angemesseneres Schicksal für diese
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