Mars 02 - Die Götter des Mars
»Es tut mir leid, Phaidor, aber es ist so, wie ich dir von Anfang an gesagt habe.«
Sie biß sich auf die Lippen und wandte sich ab. Doch vorher sah ich, wie sie Dejah Thoris einen finsteren, feindseligen Blick zuwarf. Nun stand sie etwas entfernt, doch nicht so weit weg, wie ich es mir gewünscht hätte, denn ich hatte der langvermißten Geliebten viele kleine Vertraulichkeiten zuzuraunen.
Wir unterhielten uns einige Minuten leise. Die Öffnung wurde immer kleiner. Bald würde sie zu schmal sein, als daß die schlanke Gestalt meiner Prinzessin hätte hindurchgleiten können. Warum beeilte sich Xodar nur nicht? Über uns konnten wir den schwachen Widerhall eines großen Tumults hören. Unzählige schwarze, rote und grüne Männer kämpften sich durch das Feuer des lodernden Tempels von Issus.
Ein Luftzug von oben trug uns den Geruch von Rauch zu. Während wir auf Xodar warteten, wurde der Rauch immer dicker. Da hörten wir Rufe am fernen Ende des Ganges und eilige Schritte.
»Komm zurück, John Carter, komm zurück!« rief eine Stimme. »Jetzt brennen sogar die Gruben.«
Einen Augenblick später brachen ein Dutzend Männer durch den nun jede Sicht nehmenden Rauch und kamen zu mir. Das waren Carthoris, Kantos Kan, Hor Vastus und Xodar mit einigen wenigen, die mir in den Tempelhof gefolgt waren.
»Es besteht keine Hoffnung, John Carter«, sagte Xodar. »Der Schlüsselbewahrer ist tot, die Schlüssel sind nicht an seinem Körper zu finden. Unsere einzige Hoffnung besteht darin, die Feuersbrunst zu löschen und dem Schicksal zu vertrauen, daß deine Prinzessin nach einem Jahr noch lebendig und unversehrt ist. Ich habe genügend Nahrung mitgebracht, daß sie damit auskommen. Wenn dieser Spalt geschlossen ist, kann der Rauch nicht zu ihnen dringen, und wenn wir die Flammen schnell löschen, glaube ich, daß sie sicher sind.«
»Dann geh und nimm die anderen mit«, erwiderte ich. »Ich werde hier bei meiner Prinzessin bleiben, bis ein gnadenvoller Tod mich von meiner Trauer erlöst. Mir liegt nichts mehr am Leben.«
Während meiner Worte hatte Xodar eine große Menge kleiner Konservenbüchsen in die Gefängniszelle geworfen. Einen Augenblick später war der Spalt nicht mehr als ein Zoll breit. Dejah Thoris stand so dicht wie möglich dahinter und flüsterte mir Worte der Hoffnung und der Ermutigung zu. Sie drängte mich, an die eigene Rettung zu denken.
Plötzlich erblickte ich hinter ihr das schöne Antlitz Phaidors von haßerfüllter Bosheit verzerrt. Als ich ihrem Blick begegnete, sagte sie: »Glaube nicht, daß du die Liebe von Phaidor, der Tochter des Matai Shang, so leichtfertig verschmähen kannst. Und hoffe auch nicht, deine Dejah Thoris je wieder in den Armen zu halten. Warte du nur dieses lange, lange Jahr. Doch wisse: Wenn das Jahr vorüber ist, werden es Phaidors Arme sein, die dich willkommen heißen - nicht die der Prinzessin von Helium. Sieh hier, sie stirbt!«
Als sie geendet hatte, sah ich, wie sie einen Dolch hob, und dann sah ich noch eine andere Gestalt. Es war die von Thuvia. Als der Dolch auf die ungeschützt Brust meiner Geliebten niederstieß, befand sich Thuvia fast zwischen ihnen. Eine Rauchwolke versperrte mir die Sicht und verbarg die Tragödie in dieser schrecklichen Zelle - ein Schrei ertönte, ein einziger Schrei, als der Dolch herab stieß.
Nachdem sich der Rauch verzogen hatten, blickten wir auf eine kahle Wand. Der letzte Spalt hatte sich geschlossen, und nun würde die grauenvolle Kammer ihr Geheimnis ein ganzes Jahr lang vor den Blicken der Menschen verbergen.
Sie drängten mich, wegzugehen.
»In wenigen Augenblicken ist es zu spät«, sagte Zodar. »Es gibt ohnedies nur noch eine geringe Chance, daß wir je lebendig zu den Außengärten gelangen. Ich habe befohlen, daß die Pumpen angeworfen werden, und in fünf Minuten werden die Gruben überflutet sein. Wollen wir nicht wie Ratten in einer Falle ertrinken, müssen wir nach oben eilen und uns durch den brennenden Tempel in Sicherheit bringen.«
»Geht«, drängte ich sie. »Laßt mich hier neben meiner Prinzessin sterben - für mich gibt es nirgends noch Hoffnung oder Glück. Wenn sie die heißgeliebte Tote in einem Jahr von diesem entsetzlichen Ort wegbringen, sollen sie den Körper ihres Gatten hier vorfinden, der auf sie wartet.«
Von den darauffolgenden Ereignissen habe ich nur eine unklare Erinnerung. Mir war, als kämpfte ich mit vielen Männern, dann wurde ich vom Boden aufgehoben und weggetragen. Ich weiß nichts
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