Mars 02 - Die Götter des Mars
Mund zu einem grausamen Lächeln. Doch ob dies aus Erleichterung geschah oder ob ihn lediglich mein Zustand erheiterte - denn ich war blutüberströmt und sah übel zugerichtet aus - weiß ich nicht.
Ich wollte ihm gerade mit dem scharfen Schwert zu Hilfe eilen, als sich mir eine leichte Hand auf die Schulter legte. Ich wandte mich um und stellte zu meiner Überraschung fest, daß die junge Frau mir gefolgt war. »Warte, überlaß sie mir«, flüsterte sie, schob mich beiseite und trat wehrlos und unbewaffnet auf die knurrenden Banths zu.
Als sie dicht vor ihnen stand, sprach sie mit leiser, doch gebieterischer Stimme ein einziges Marswort. Blitzschnell fuhren die großen Biester zu ihr herum, und ich sah das Mädchen bereits in Stücke gerissen, da krochen sie auf sie zu, wie Welpen in Erwartung einer verdienten Bestrafung.
Erneut redete sie, doch so leise, daß ich die Worte nicht verstehen konnte. Daraufhin begab sie sich zur anderen Seite des Raumes, wobei sich die sechs riesigen Monster an ihre Fersen hefteten. Dann schickte sie einen nach dem anderen durch die Geheimtür in den Nebenraum, und als der letzte aus der Kammer verschwunden war, in der wir vor Staunen starr dastanden, lächelte sie uns an und verließ uns ebenfalls.
Einen Augenblick herrschte Stille. Dann sagte Tars Tarkas: »Nachdem du durch die Geheimtür gesprungen bist, habe ich den Kampf hinter der Wand mit angehört. Doch ich begann mir erst Sorgen um dich zu machen, als ich den Schuß vernahm. Ich war mir sicher, daß es auf ganz Barsoom niemanden gibt, der deiner blanken Klinge entgegentritt und am Leben bleibt, doch bei dem Knall verlor ich die Hoffnung, da ich wußte, daß du keine Schußwaffe bei dir trugst. Was ist geschehen?«
Nachdem ich ihm alles erzählt hatte, suchten wir gemeinsam nach dem unsichtbaren Wandteil, durch das ich soeben in die Felskammer gelangt war und durch das das Mädchen ihre wilden Gefährten geführt hatte.
Zu unserer Enttäuschung war das Geheimschloß trotz aller Bemühungen nicht aufzufinden. Wir fühlten, daß sich uns, waren wir erst einmal diesen Wänden entkommen, mit Sicherheit ein Weg in die Außenwelt eröffnen würde, zumindest konnten wir darauf hoffen.
Die Tatsache, daß die Gefangenen angekettet waren, deutete auf einen Fluchtweg von diesem unsäglichen Ort, wo die schrecklichen Kreaturen hausten.
Immer wieder gingen wir von einer Tür zur anderen, von der abweisenden, goldenen Wandfläche auf der einen Seite der Kammer zum Gegenstück auf der anderen Seite, das ebenso uneinnehmbar aussah.
Wir hatten schon beinahe alle Hoffnung aufgegeben, als sich eine der Drehtüren plötzlich lautlos in Bewegung setzte und die junge Frau, die die Banths hinweggeführt hatte, wieder bei uns stand. »Wer seid ihr?« fragte sie. »Was ist euer Auftrag, daß ihr die Kühnheit besitzt, aus dem Tal Dor fliehen zu wollen, vor dem Tod, den ihr gewählt habt?«
»Ich habe den Tod nicht gewählt, Mädchen«, entgegnete ich. »Ich bin kein Barsoomier, auch habe ich noch nicht die freiwillige Pilgerfahrt entlang des Flusses Iss angetreten. Mein Freund ist der Jeddak der Thark, und obwohl er noch nicht den Wunsch ausgesprochen hat, zu den Lebenden zurückzukehren, werde ich das Lügengespinst zerschlagen, das ihn zu diesem entsetzlichen Ort lockte. Ich stamme aus einer anderen Welt. Mein Name ist John Carter, ich bin der Prinz des Hauses von Tardos Mors, dem Jeddak von Helium. Vielleicht habt ihr in dieser Hölle auch schon von mir gehört.«
Sie erwiderte lächelnd: »Ja. Nichts von dem, was in der Außenwelt vor sich geht, bleibt hier unbekannt. Man hat mir vor vielen Jahren von euch erzählt. Die Therns fragten sich oft, wohin ihr geflohen seid, da ihr weder die Wallfahrt auf euch genommen habt noch auf Barsoom gefunden wurdet.«
»Sag mir, wer bist du, und warum bist du eine Gefangene, wenn du über die wilden Tiere dieses Ortes zu befehlen vermagst?« fragte ich. »Eine solche Vertrautheit und Autorität geht weit über das hinaus, was von einem Gefangenen oder Sklaven erwartet wird.«
»Ich bin Sklavin«, erzählte sie. »Seit fünfzehn Jahren werde ich an diesem schrecklichen Ort gefangen gehalten. Da man meiner nun überdrüssig geworden ist und sich vor der Macht fürchtet, die mir meine Kenntnisse über die hiesigen Gepflogenheiten verliehen haben, verurteilte man mich erst vor kurzem zum Tode.«
Sie erschauderte.
»Wie solltest du sterben?« fragte ich.
»Die Heiligen Therns essen Menschenfleisch«,
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