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Mars Live

Mars Live

Titel: Mars Live Kostenlos Bücher Online Lesen
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erklärt wurde; und jetzt war die Gegend ohne Sondererlaubnis gesperrt, da jede Verschiebung der Gegenstände begreiflicherweise ein allmähliches Herabregnen des radioaktiven Schutts auf die Erde auslösen könnte.
    Es war der Seidenwald-Gürtel oder die Zweitausendfünfhundert-Meilen-Insel, wie einige Witzbolde es nannten.
    Und es war dieser Müllbogen, hinter dem die Mary Poppins seit zwanzig Jahren verborgen war.
     
    Der Park-Service-Pick-up war ein kleines Interorbitalgefährt mit zwei Benzinmotoren, von denen nur einer mit einem Kardanantrieb versehen war. Das Innere entsprach in der Größe dem eines Volkswagenbusses aus der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts, vollgepackt mit Gerätschaften, Leitungen, schmutziger Kleidung und ausgequetschten Ketchup-Tuben. »Mein Vorgänger hätte das Ding eigentlich reinigen sollen«, entschuldigte sich Johnson, »aber…«
    »Schon gut«, sagte Natascha Kirow. »Ich weiß, wie das ist.«
    Die Luftschleusen öffneten sich mit einem Seufzen, und während Johnson das Gefährt steuerte, beobachteten sie und Bass, wie die Nixon-Station unter ihnen immer kleiner wurde wie weggeworfener billiger Tand. Dann wurden die hellen Flecken vom Terminator in Kugeln umgewandelt, und sie befanden sich im All: nicht weit draußen im Weltraum, aber immerhin weiter als der erdnahe Orbit der Station.
    Da sie sich noch im Schatten der Erde befanden, zeigte sich vor ihnen nur Dunkelheit; die Wolken unter ihnen waren lumineszierend, während sie um die dunkle Seite des Planeten glitten. Nach weniger als zwanzig Minuten hatten sie den äußeren Orbit erreicht.
    Der Seidenwald-Gürtel war von seinem Rand aus sehr deutlich zu erkennen, wo er sich als silberner Bogen gegen den dunklen Terminator vor ihnen abhob. Dann verdunkelte er sich gegen die Helligkeit des Planeten, als er in ihr Blickfeld schwebte und achttausend Meter unter ihnen dahinglitt, eine graue Wolke vor den strahlend blauen Meeren der Erde.
    Und was dahinter verborgen war, kam ebenfalls ins Blickfeld.
    »Heilige Maria, Mutter von Armstrong, Aldrin und Collins«, sagte Johnson. Es war die Mary Poppins. Millionen von Menschen hatten darüber gelesen. Tausende hatten zwanzig Jahre zuvor in Popular Science und Aviation Week and Space Technology mehr oder weniger wissenschaftliche Vorträge und Darstellungen gehört und gesehen; doch die meisten von ihnen, bis auf 618, hatten nach der Einstellung des Projekts geglaubt, daß das Schiff in Wirklichkeit niemals gebaut worden sei.
    »Es ist phantastisch!« hauchte Johnson, während es im vorderen Bildschirm des Pick-ups immer größer wurde. Bass, ebenfalls in staunende Betrachtung versunken, stimmte ihm zu. Das Marsschiff war 1712,5 Meter lang. Vorn lagen drei zigarettenförmige Zylinder, die Aufenthaltsmodule, zusammengefaltet am Rückgrat, einem Schirm ähnlich, was dem Schiff seinen Namen gegeben hatte. Vor und hinter den Zylindern waren zwei Kugeln, die Brücke und das hintere (oder ›südliche‹) Observatorium, das eigentlich eine Halbkugel war. Dann strebten die langen, leicht geschwungenen Träger über tausend Meter weit zurück zu einem Schutzschild, der hundert Meter Durchmesser hatte und nach vorn gerichtet war. Hinter dem Schutzschild befand sich das Triebwerk selbst – eine Brennkammer mit einem Reaktorrohr und zwei kleinen Expansionstanks mit Reaktionsmasse – nicht größer als ein Auto. Weniger als eine halbe Tonne Wasser, hocherhitzt und vom Daewoo-Reaktor mit fast einem Fünfundzwanzigstel der Lichtgeschwindigkeit ausgestoßen, würde genügend Delta V erzeugen, um die Mary Poppins zum Mars zu bringen.
    Sie glitten unter dem Schiff hindurch, zwischen ihm und dem Seidenwald-Gürtel. An der erdzugewandten Seite der Mary Poppins hafteten weiße und silberne Streifen lichtbrechender Folie – die Tarnung, die sie mit dem Müllbogen tausend Meter tiefer optisch verschmolzen hatte. Das hatte zwanzig Jahre lang funktioniert.
    In einer Entfernung von 150 Metern waren sie nahe genug, um die aufgemalte Mary Poppins in der Nähe der Brücke zu erkennen; ein Bild, das selbst nach zwanzig Jahren immer noch vertraut war.
    »Willkommen zu Hause«, sagte Bass.
    »Ihr Glückspilze«, sagte Johnson. »Wo sollen wir anlegen?«
    »Hm?« sagte Natascha Kirow, tief in ihre eigenen Gedanken versunken. »Oh, legen Sie nicht an. Bleiben Sie weiter in der Schwebe, während ich mich von Bord begebe und eine EVA hinüber durchführe.«
     
    Als Natascha Kirow den Pick-up durch die Schleuse verließ,

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