Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mars Live

Mars Live

Titel: Mars Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
hatten, erreichten sie den Einschnitt, wo ein steiler Sandhang ins Chandor Chasma hinunterführte. Weit weg, auf der gegenüberliegenden Seite des Canyon, ergoß sich der Staubfall in die Tiefe; Ströme aus Dunst hafteten am Canyonboden dreihundert Meter unter ihnen. Jeffries hatte dieses Bild tags zuvor zusammen mit Natascha Kirow zum erstenmal gesehen, und er erwartete, daß Bass stehenbleiben und es hingerissen betrachten würde, so wie sie es getan hatten. Doch er hatte sich geirrt.
    »Moment mal!« Bass trat auf die Fußbremse des ATV, schaltete den Motor herunter, drosselte die Geschwindigkeit weiter und setzte dann die zweizylindrige Doppelbremse in Betrieb, als sie über den Rand kippten und den langen Hang hinunterrollten, tief hinein in das geheimnisvolle, sich ihnen öffnende Herz des Mars.
     
    »Diese Typen reden nicht viel«, bemerkte Natascha Kirow zu Fonda-Fox. Sie hatte ihren Kommunikator über Kanal 6 auf Bass’ eingestellt, doch sie hatte lediglich das schwache Klopfen des Isuzu-Motors gehört; dann war auch dieses verstummt, nachdem sie in die Schlucht und damit außer Reichweite abgetaucht waren. Während Glamour Greetings in allen Variationen von Licht und Schatten filmte, die der Mars hergab, luden Fonda-Fox und Natascha Kirow den Luftaufbereiter mit Disketten, die Sonnenlicht aus der Solaranlage gespeichert hatten. Dann steckten sie die ›leeren‹ wieder in die Solaranlage, damit sie aufs neue mit frischem, digitalisiertem Sonnenlicht geladen würden.
    »Ich habe hier zwei überzählige«, sagte Fonda-Fox.
    »Bring sie herein, wir werden sie heute abend als ›Kaminholz‹ verwenden.« Die Rückstände, die in den entladenen Disketten verblieben, reichten üblicherweise aus, um den Ofen im Innern am Flackern zu halten. Während sie darauf warteten, daß sich die Luftschleuse öffnete, blickte Natascha Kirow hinauf zu den Dünen, als ob sie durch sie hindurch in die Schlucht sehen könnte.
    »Besorgt?« fragte Fonda-Fox, wohl wissend, daß er keine eindeutige Antwort bekommen würde. Er hatte genügend einschlägige Filme gesehen, um zu wissen, daß ein Captain seine Sorgen stets für sich behielt.
    »Besorgt?« Was für eine Frage, dachte Natascha Kirow. Es bestand keinerlei Gewißheit darüber, daß es die Gagarin jemals bis in den Canyon geschafft hatte. Oder daß Bass und Jeffries sie wirklich finden würden. Oder zu ihr gelangen könnten, wenn sie sie fänden. Oder daß noch etwas Diesel darin vorhanden wäre. Oder daß sie den Treibstoff aus der Schlucht transportieren würden können. »Ich bin nicht besorgt«, sagte sie. »Ich habe vor langer Zeit gelernt, daß es die reine Zeitverschwendung ist, sich Sorgen zu machen.«
     
    Bass fuhr in langgestreckten, schwungvollen S-Kurven den Sandhang hinab und schaltete das dreirädrige Gefährt dann in den zweiten und kurz darauf in den dritten Gang, als sie unten auf den harten Lehm kamen. Während er in östliche Richtung auf das Hochland zufuhr, verengte sich der flache Canyongrund immer mehr, bis die hohen Wände zu beiden Seiten den unteren Teil des Himmels verdeckten; der Himmel darüber war von einem tiefen Schwarz-Rosa, dem Magenta-Ton des Weltraums, und mit mehr Sternen gesprenkelt, als er seit ihrem Eintritt in die Atmosphäre zwei Tage zuvor gesehen hatte.
    Der Isuzu erreichte in der Ebene eine Geschwindigkeit von etwa sechzig Kilometern in der Stunde. Das sanfte Rumpeln des zweizylindrigen Plastikmotors pochte durch den Sitz, während Bass nach einer Geschwindigkeit suchte, die ihm angenehm war. Der Boden war glatt, vom Morgenwind von Sand freigeweht, mit Ausnahme kleiner Verwehungen hier und da, wie auf einem Tisch verstreuter Zucker.
    Als sie am links von ihnen aufragenden Candor Mesa, einem flachen Monument, so hoch wie der Pikes Peak, vorbeikamen, verengte sich die Schlucht noch weiter, und der Himmel über ihnen erschien noch dunkler. Jeffries warf einen Blick auf den Dicktracy und stellte fest, daß es zehn Uhr zwanzig (Marszeit) war; sie fuhren seit fast einer Stunde am Grund des Canyon dahin. Der Luftdruck betrug fast 65 Millibar und war damit doppelt so hoch wie in dem Dünenfeld, in dem sie gelandet waren. Sie fuhren in nordöstliche Richtung; spitze Erhebungen und burgartige Zinnen in Blaßpurpur und Rosa ragten vor ihnen auf, und hinter ihnen – Jeffries blickte nach hinten und stellte fest, daß der Sandhang kaum noch sichtbar war, ein niedriger Punkt am weit entfernten Horizont.
    Das Stampfen des

Weitere Kostenlose Bücher