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Mars Live

Mars Live

Titel: Mars Live Kostenlos Bücher Online Lesen
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1200-ccm-Doppelventilers verlangsamte sich. Vor ihnen hing weißer Nebel in Schwaden am Boden, wie blühende Baumwolle. Bass lenkte das Gefährt zwischen zweien hindurch, dann schwenkte er ab und durchschnitt eine. Das ATV holperte leicht, und Jeffries sah, daß der Nebel aus schmalen Fugen oder Rissen im Canyonboden aufstieg. »Halten Sie bitte an, damit ich mir das mal genauer anschauen kann.«
    Bass hielt an, und Jeffries stieg aus. Entlang der Fugen wuchsen kleine Lehmknospen aus dem Boden, in Größe und Form Pilzen gleichend. Er brach zwei davon ab und verstaute sie in seinem Sammelbeutel. Sie waren vom selben Totenweiß wie der Lehm, den er von der Agnew eingesammelt hatte.
     
    »Heißt das, daß wir den ganzen Tag lang nichts anderes machen?« fragte Greetings. Glamour zuckte die Achseln und filmte weiter. »Hin und her spazieren? Einander ansehen? Ich dachte, wir müßten einen Text auswendig lernen, Szenen proben. Weil – ich bin nämlich keine richtige…«
    Fonda-Fox sah durch die Gesichtsmaske ihres Marsanzuges hindurch, daß sie den Tränen nahe war. »Es liegt nicht an dir«, tröstete er sie und nahm ihre Hand in seine. »So geht das nun mal. Alles ist digitalisiert. Wenn sie einmal genügend Bilder von dir gespeichert haben, können sie diese zu unzähligen Posen zusammenmischen und fast alles damit machen. Ein Lächeln? Kein Problem, haben wir. Ein Sturz? Den flicken wir rein. Natürlich bist das immer noch du…«
    Greetings entzog ihm ihre Hand. »Es gibt also überhaupt keine Schauspielerei mehr?«
    »Das ist ganz nett«, warf Glamour ein. »Diese Bette-Davis-Geste mit den Händen an den Hüften – davon könnte ich ein paar Einstellungen mehr gebrauchen.«
    »Schon seit vielen Jahren nicht mehr«, antwortete Fonda-Fox. »Die Wahrheit ist, daß die meisten Stars, die der Gilde angehören, gar nicht Schauspielen können. Diese Eigenschaft ist uns weggezüchtet worden. Wir sind wie Hunde, die nicht mehr jagen können. Die wenigen, die es noch beherrschen, heben sich ihre Schauspielerei fürs Sommertheater auf.«
    »Sommertheater?« fragte Greetings. »Was ist das denn?«
    »Sommertheater? Das ist…«
    »Sagen Sie das noch mal!« forderte Glamour sie auf. Er bewegte die Kamera in die richtige Position, um ihr Gesicht durch die Maske hindurch aufnehmen zu können. »Das gefällt mir. Gehen Sie ganz nah ran, sehen Sie ihm in die Augen, und sagen Sie es noch mal, Miss Buffalo.«
    »Sommertheater«, flüsterte sie.
    »Antworten Sie ihr mit demselben Wort. Sprechen Sie es wie Liebende aus.«
    »Sommertheater.«
    »Sommertheater.«
     
    Bass fuhr geradewegs über die Ebene auf die Canyonwand zu, quer zu den Fugen, den dünnen Nebel zerfetzend und die Reihen kleiner Knospen zermalmend. Jeffries hatte das Gefühl, daß das nicht richtig, daß es Vandalismus war, ab ob man mit einem Lastwagen durch ein Bohnenfeld führe.
    Bass störte das überhaupt nicht.
    Jeffries warf einen prüfenden Blick auf seinen Dicktracy. Es war Mittag (Marszeit), und sie waren seit beinahe zwei Stunden unterwegs. Der Luftdruck betrug 150 Millibar, also beinahe die Hälfte des atmosphärischen Drucks im Schiff (der mit 330 einem Drittel dessen auf der Erde in Meereshöhe entsprach). Die Temperatur lag bei angenehmen drei Grad. Jeffries widerstand dem Drang, sich die Maske vom Gesicht zu reißen und die kalte Marsluft ungehindert einzuatmen.
    Der Motor war offenbar besonders empfindlich, was die dichtere Luft anbetraf, und das befähigte Bass, den Zweizylinder wieder auf etwas magerere Kost zu setzen und immer noch eine Temperatur beizubehalten, die das Plastik aushalten konnte. Nur etwa anderthalb Kilometer vor ihnen sah er den Eingang zu einem Nebencanyon, wo – sofern Sweeneys Computer und Jeffries Eingebung recht hatten – sie die Gagarin finden würden.
    Der Nebel war schwer: als sie über eine Fuge fuhren, blieb er an den Reifen haften und folgte ihnen in einer sich verbreiternden Kiellinie, die sich allmählich auflöste.
    Die Felsen der Nordwand waren nicht so glatt wie die der Südwand, sondern zerklüftet und wild, wie reine Farbe, die vom Wind in Form geschnitzt worden war. Jeffries tippte Bass auf die Schulter und streckte die Hand aus. Unter ihnen, in der Nähe einer Öffnung in der Felswand, kauerte eine gedrungene, vertraute Form. Die Gagarin? Oder eine Falsche Gagarin?
     
    »Ich wünschte, wir könnten im Freien essen«, sagte Greetings. Es war Mittag auf dem Mars, und sie saßen im Innern der Ziolkowski und

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