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Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Titel: Mars Trilogie 1 - Roter Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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achtzig Millionen Kilometer von ihnen entfernt, und wir sind hier und sie nicht. Vielleicht ist es nicht gerade Nordamerika in den 1760er Jahren, aber wir genießen einige der gleichen Vorteile: Wir sind weit entfernt und wir haben den Besitz. Wichtig ist, nicht in ihre Denkweise zu verfallen, in alle die gleichen alten Fehler.«
    Und so argumentierte er gegen Revolution, Nationalismus, Religion, Ökonomie - gegen jede Art terrestrischen Denkens, die ihm einfiel, alles zusammengemanscht in seinem üblichen Stil. »Revolution hat auf der Erde nie wirklich funktioniert. Und hier ist sie völlig überholt. Wir sollten ein neues Programm erfinden, genau wie Arkady sagt, einschließlich der Wege, die Kontrolle über unser Schicksal zu übernehmen. Wenn ihr alle in einer Phantasie der Vergangenheit lebt, führt ihr uns direkt in die Repression, über die ihr euch beklagt! Wir brauchen einen neuen Mars-Weg, eine neue Mars-Philosophie, Wirtschaft und Religion!«
    Sie fragten ihn danach, wie denn diese neuen Denkweisen des Mars sein würden, und er hob die Hände. »Wie kann ich das sagen? Wenn sie nie existiert haben, ist es schwer, darüber zu sprechen und sie sich vorzustellen, weil wir nicht über vorgefertigte Bilder verfügen. Das ist immer das Problem, wenn man etwas Neues zu machen versucht. Und glaubt mir, ich weiß das, weil ich es versucht habe. Aber ich denke, ich kann euch sagen, wie es sich anfühlen wird. Es wird ein Gefühl sein wie in den ersten Jahren hier, als wir eine Gruppe waren und alle zusammengearbeitet haben. Als es im Leben kein Ziel gab, außer sich seßhaft zu machen und diese Welt zu entdecken, und wir alle entschieden haben, was zu tun war. So ein Gefühl sollte es sein!«
    »Aber jene Tage sind vergangen«, sagte Marian, und die anderen nickten. »Das ist nur deine eigene Phantasie der Vergangenheit. Nichts als Worte. Es ist so, als hielte man in einer riesigen Goldmine eine philosophische Vorlesung, während auf beiden Seiten Armeen auf einen zukommen.«
    »Nein, nein«, sagte John. »Ich spreche über Methoden für Widerstand, Methoden, die unserer realen Situation angepaßt sind, und keine revolutionäre Phantasie aus den Geschichtsbüchern.«
    Und so ging es immer und immer weiter dahin, bis sie wieder in Senzeni Na waren und sich auf die Räume der Arbeiter in der tiefsten Wohnetage zurückgezogen hatten. Dort diskutierten sie leidenschaftlich über den Zeitrutsch hinaus und bis weit in die Nacht. Und während dieser Diskussionen wurde John von einer gewissen Hochstimmung erfüllt, weil er sah, daß sie anfingen, darüber nachzudenken. Es war deutlich, daß sie ihm zuhörten, und daß das, was er sagte und was er von ihnen hielt, ihnen etwas bedeutete. Das war der bisher beste Lohn für das Goldfischglas des Ersten Menschen. Kombiniert mit Arkadys erklärter Zustimmung gab es ihm einen Einfluß über sie, der greifbar war. Er konnte ihre Zuversicht erschüttern, er konnte sie zum Nachdenken bringen, er konnte sie zwingen, neu zu bewerten, er konnte ihre Gedanken ändern!
    Und so marschierten sie in dem trüben Großen Sturm durch die Korridore zur Küche und redeten weiter. Sie schauten aus den Fenstern und stürzten Kaffee hinunter. Sie glühten mit einer Art von Inspiration, mit der uralten Erregung einer anständigen Debatte. Und als sie schließlich gingen, um etwas Schlaf zu bekommen, ehe der Tag in Gang kam, war sogar Marian deutlich erschüttert, und alle waren tief in Gedanken, halb überzeugt, daß John recht hatte.
    John ging wieder in seine Gästesuite. Er fühlte sich erschöpft, aber glücklich. Arkady hatte, ob er es wollte oder nicht, John zu einem Anführer in seiner Bewegung gemacht. Vielleicht würde er das bedauern müssen, aber es gab jetzt kein Zurück mehr. Und John war sich sicher, daß es zum Besten sein würde. Er konnte eine Art Brücke zwischen diesem Untergrund und den übrigen Leuten auf dem Mars sein, indem er in beiden Welten operierte, die beiden versöhnte und in eine einzige Macht zusammenzwang, die wirksamer sein würde als jede einzeln für sich. Eine Macht mit den Ressourcen des Hauptstroms und dem Enthusiasmus des Untergrunds - vielleicht. Arkady hielt das für eine unmögliche Synthese, aber John hatte Kräfte, die Arkady fehlten. So daß er - nun ja - nicht Arkadys Führerschaft usurpieren, aber einfach sie alle verändern könnte.
    Die Tür zu seinem Zimmer in den Gästequartieren war offen. Er stürmte hinein, und da saßen in den zwei Sesseln des

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