Mars Trilogie 1 - Roter Mars
einen >Fehler< und wies die Computer an, die Rotation des Schiffs zu erhöhen, anstatt sie herabzusetzen. »Mit sechs Ge auf den Fußboden genagelt!« schrie er in gespieltem Entsetzen; und sie mußten eine halbe Stunde lang auf dem Boden kriechen und so tun, als ob sie den Fehler berichtigten, während sie jeder eine halbe Tonne wogen. Als sie Erfolg hatten, sprang Arkady vom Boden auf und fing an, sie vom Kontrollmonitor wegzustoßen.
»Was, zum Teufel, machst du?« kreischte Maya.
»Er ist verrückt geworden«, sagte Janet.
»Er hat simuliert, daß er verrückt wurde«, korrigierte Nadia sie. »Wir müssen uns vorstellen...« - dabei drehte sie eine letzte Runde um Arcady -, »wie man mit jemand zurechtkommt, der auf der Brücke verrückt wird!«
Was ohne Zweifel stimmte. Aber sie konnten die ganze Zeit das Weiße in Arkadys Augen sehen, und es war keine Spur von Erkennen in ihm, während er sie stumm attackierte. Alle fünf waren nötig, um ihn festzuhalten, und Janet und Phyllis Boyle wurden durch seine spitzigen Ellbogen verletzt.
»Nun?« sagte er später beim Essen und grinste schief, als er eine Schnute zog. »Wie, wenn das passiert? Wir stehen hier oben unter Druck, und die Annäherung wird das Allerschlimmste sein. Was, wenn jemand zusammenbricht?« Er wandte sich zu Russell, und sein Grinsen wurde noch wilder. »Wie stehen die Chancen dafür, he?« Und er stimmte ein Lied aus Jamaica an mit slawisch karibischem Akzent: »Druckabfall, oh, Druckabfall, oho, der Druck wird fallen auch bei euch, oho!«
Also übten sie weiter und nahmen die Problemläufe so ernst sie konnten, selbst den Angriff durch Eingeborene auf dem Mars oder die Loskopplung von Torus D, verursacht durch >Sprengbolzen, die beim Bau des Schiffs versehentlich eingesetzt wurden<, oder das Ausscheren von Phobos aus seiner Bahn im letzten Moment. Der Umgang mit weniger plausiblen Szenarien nahm bisweilen eine Art von surrealem schwarzen Humor an; und Arkady spielte einige seiner Videobänder zur Unterhaltung nach dem Essen ab, wodurch manchmal Leute lachend Luftsprünge machten.
Aber die plausiblen Problemläufe... Die kamen ständig, jeden Morgen, einer nach dem anderen. Und trotz den Lösungen, trotz den Protokollen, um Lösungen zu finden, war da immer wieder dieser Anblick, wie der Rote Planet mit einer unvorstellbaren Geschwindigkeit von 40000 Kilometern in der Sekunde auf sie zuraste, bis er den Bildschirm ausfüllte und kleine schwarze Buchstaben darauf erschienen: Kollision.
Sie reisten zum Mars auf einer Hohmann-Ellipse vom Typ II. Das war ein langsamer, aber wirksamer Kurs, den man gegenüber anderen Alternativen hauptsächlich deshalb gewählt hatte, weil die beiden Planeten in der richtigen Position dafür waren, als das Schiff endlich fertig war, indem der Mars in der Ebene der Ekliptik ungefähr fünfundvierzig Grad vor der Erde stand. Während der Reise würden sie gerade halb um die Sonne fahren und dreihundert und ein paar Tage später den Mars treffen. Das war ihre vorgeburtliche Zeit, meinte Hiroko.
Die Psychologen daheim hatten es der Mühe für wert erachtet, von Zeit zu Zeit Veränderungen vorzunehmen, um auf der Ares den Ablauf der Jahreszeiten vorzutäuschen. Die Dauer von Tag und Nacht, Wetter und Farben der Umwelt wurden zu diesem Zweck verändert. Manche hatten gewollt, daß ihre Landung ein Herbst sein sollte; andere wollten einen Frühling. Nach kurzer Debatte wurde durch Abstimmung unter den Reisenden beschlossen, daß man mit einem zeitigen Frühling anfangen sollte, so daß sie im Sommer und nicht im Winter reisen würden. Und wenn sie sich dem Ziel näherten, würden die Farben des Schiffs die Herbsttöne des Mars annehmen anstelle der hellen grünen und blütenhaften Pastellfarben, die sie so weit hinter sich gelassen hatten.
Also gingen sie in diesen ersten Monaten nach getaner Morgenarbeit, wenn sie die Farm oder die Brücke verließen oder von Arkadys fröhlich sadistischen Simulationen herausstolperten, in den Frühling. Die Wände waren mit blaßgrünen Tafeln behängt oder großen Fotos von Azaleen, Jacarandas und ornamentalen Kirschen. Gerste und Senf in den großen Farmräumen glühten in lebhaftem Gelb mit neuen Blüten und die Bäume und Sträucher im Frühling ihrer Zyklen. Maya liebte diese farbigen Frühlingsblüten und erledigte nach der morgendlichen Arbeit einen Teil ihres physischen Trainings durch einen Spaziergang im Waldbiotop, das einen hügligen Boden hatte und so dicht
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