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Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Titel: Mars Trilogie 1 - Roter Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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besonders schnell. Es gab Meteore, die den Planeten mit 50000 trafen. Aber immer noch schnell genug.
    Frank ging wieder zurück in die Speise-Etage und bemühte sich, das flüchtige Bild im Geist festzuhalten. Phobos: Leute am Nachbartisch sprachen davon, ihn in eine sich wie eine Zopfflechte hin und her schlangelnde Bahn mit Deimos zu schieben, da er jetzt nur ein Hindernis für das Kabel bedeutete. Und Phyllis hatte schon immer argumentiert, daß den Mars das gleiche Schicksal in großem Stil ereilt haben würde, wenn nicht der Aufzug gebaut worden wäre, um seine Gravitationssenke zu überwinden. Die Montanleute hätten ihn außer acht gelassen. Sie wären zu den an Metall reichen Asteroiden gegangen, bei denen man sich nicht mit Schwerkraft plagen mußte. Und dann waren da auch noch die Monde von Jupiter, Saturn und den äußeren Planeten...
    Aber diese Gefahr bestand jetzt nicht mehr.
     
    Am fünften Tag näherten sie sich Clarke und bremsten ab. Clarke war ein Asteroid von etwa zwei Kilometern Durchmesser gewesen, ein kohlenstoffhaltiger Brocken, der jetzt zu einem Würfel umgestaltet war, von dessen auf den Mars gerichteter Seite jeder Zentimeter der Oberfläche planiert und von Beton, Stahl oder Glas bedeckt war. Das Kabel tauchte genau in das Zentrum dieser Anordnung. Auf beiden Seiten des Gelenks, wo das Kabel auf den Mond traf, waren Löcher, die genau groß genug waren, um die Passage der Aufzugswagen zu ermöglichen.
    Sie glitten in eines dieser Löcher und hielten sanft an. Der Innenraum, in den sie gelangten, war wie ein vertikaler U-Bahnhof. Die Passagiere stiegen aus und verschwanden in den Tunneln von Clarke. Ein Assistent von Phyllis holte Frank ab und fuhr ihn in einem kleinen Wagen durch ein Labyrinth von Tunneln mit Steinwänden. Sie kamen zu Phyllis' Büros, die sich auf der Planetenseite des Mondes befanden, und mit Spiegeln und grünem Bambus verkleidet waren. Obwohl sie sich fast in Mikroschwere befanden und nur sehr langsam vom Mars wegdrifteten, standen sie auf dem Fußboden mit Klettsohlen an den Schuhen. Eine recht konservative Praxis, die aber an einem solchen auf die Erde bezogenen Ort zu erwarten war. Frank tauschte seine Schuhe an der Tür gegen solche Velcro-Sandalen aus und trat ein.
    Phyllis war gerade dabei, ein Gespräch mit einigen Männern zu beenden. »Nicht nur ein billiger und sauberer Aufzug aus der Gravitationssenke, sondern ein Antriebsverfahren, um Lasten durch das ganze Sonnensystem zu schleudern! Das ist doch eine außerordentlich elegante Ingenieurleistung, meinen Sie nicht auch?«
    »Ja«, antworteten die Männer.
    Phyllis sah etwa fünfzig Jahre alt aus. Nach lästiger Vorstellung - die Männer waren von Amex - gingen die anderen. Als Phyllis und Frank im Zimmer allein waren, sagte Frank zu ihr: »Ihr sollt besser aufhören, diese außerordentlich elegante Ingenieurleistung zu benutzen, um den Mars mit Emigranten zu überfluten, sonst wird er euch ins Gesicht explodieren, und ihr verliert euren Ankerpunkt.«
    »O Frank!« Sie lachte. Sie war wirklich deutlich gealtert: silbernes Haar, das Gesicht straff, mit hübschen Falten, eine schlanke Figur. Sauber wie eine Nadel in einem rostfarbenen Einteiler und viel Goldschmuck, was ihr zusammen mit dem Silberhaar einen umfassenden metallischen Schimmer verlieh. Sie sah Frank durch eine Brille mit einer Fassung aus Golddraht an, eine Affektiertheit, die sie von dem Raum distanzierte, als ob sie sich auf flache Videobilder an der Innenseite ihrer Gläser konzentrierte.
    Frank drängte weiter: »Ehr könnt nicht so viele so schnell hinunterschicken. Es gibt für sie keine Infrastruktur, weder physisch noch kulturell. Was sich da entwickelt, sind Rabaukensiedlungen der schlimmsten Art, wie Lager von Flüchtlingen oder Zwangsarbeitern; und das wird nach Hause gemeldet werden. Du weißt, wie sie immer Analogien zu Situationen auf der Erde benutzen. Und das muß euch sicher verletzen.«
    Sie starrte auf einen Punkt ungefähr drei Meter vor ihm und erklärte, als ob der Raum voller Zuhörer wäre: »Ich sehe es nicht so. Das ist nur ein Schritt auf dem Weg zur vollen Nutzung des Mars durch den Menschen. Er ist hier für uns, und wir werden ihn nutzen. Die Erde ist hoffnungslos übervölkert und die Sterblichkeitsrate sinkt immer noch. Wissenschaft und Glaube werden weiterhin neue Gelegenheiten schaffen, wie sie es immer getan haben. Diese ersten Pioniere mögen manche Unbilden erdulden, aber die werden nicht lange dauern. Wir

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