Mars Trilogie 1 - Roter Mars
Ihre beste Chance, eine gewisse Eintracht zu schaffen, war vertan. Der momentane Anflug von Glück, den sie beim Zähneputzen erlebt hatte, war genau das gewesen - nur ein Blitz. Sie hatten also versagt. Sie gingen ihre getrennten Wege, zerplittert durch ihre Ansichten. Und selbst nach zwei erzwungenen Jahren des Beisammenseins waren sie wie jede andere menschliche Gruppe nichts mehr als eine Ansammlung von Fremden. Die Würfel waren gefallen.
DRITTER TEIL
SCHMELZTIEGEL
Er wurde mit dem Rest des Sonnensystems vor etwa fünf Milliarden Jahren gebildet. Das sind fünfzehn Millionen menschliche Generationen. Steinbrocken prallen im Weltraum aufeinander und bleiben schließlich aneinander haften, alles wegen der geheimnisvollen Kraft, die wir Gravitation nennen. Dieselbe mysteriöse Verzerrung im Geflecht der Dinge bewirkte, daß der Gesteinshaufen, wenn er groß genug war, zu seinem Zentrum hin zusammenkrachte, bis die Hitze des Drucks das Gestein schmolz. Der Mars ist klein, aber massereich mit einem Kern aus Nickel-Eisen. Er ist so klein, daß das Innere sich schneller abgekühlt hat als die Erde. Der Kern rotiert nicht mehr innerhalb der Kruste mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Darum hat der Mars praktisch kein Magnetfeld. Es ist kein Dynamo verblieben. Aber eine der letzten inneren Fluten des geschmolzenen Kerns und Mantels bewirkte, daß ein gewaltiger Klumpen auf einer Seite nach außen drängte und die Kruste zu einer elf Kilometer hohen Beule von der Größe eines Kontinents hochpreßte - dreimal so hoch wie das tibetische Hochland über seiner Umgebung. Infolge dieser Beule kam es zu mannigfachen anderen Erscheinungen. Ein System radialer Brüche, das eine ganze Hemisphäre erfaßte, einschließlich der größten aller Grabenbrüche, der Valles Marineris, eines Netzes von Canyons, das so groß war wie die Vereinigten Staaten von Küste zu Küste. Dieser Buckel ließ auch eine Anzahl Vulkane entstehen, einschließlich dreier quer über seinem Rücken: Ascraeus Mons, Pavonis Mons und Arsia Mons. Außerdem am Nordwestrand Olympus Mons, den höchsten Berg im Sonnensystem - dreimal so hoch wie der Everest und mit der hundertfachen Masse von Mauna Loa, dem größten Vulkan der Erde.
Also war die Tharsis-Beule der wichtigste Faktor bei der Gestaltung der Marsoberfläche. Der andere bedeutende Faktor war der Einsturz von Meteoriten. In uralter Zeit, vor drei bis vier Milliarden Jahren, fielen Meteorite in gewaltiger Menge auf den Mars, millionenfach; und Tausende davon waren Planetesimale, Steinbrocken so groß wie Vesta oder Phobos - Ein solcher Einsturz hinterließ das HellasBecken, den größten deutlichen Krater im Sonnensystem, obwohl Daedalia Planities ein Einsturzbecken von 4500 Kilometern Durchmesser zu sein scheint. Das sind gewaltige Ausmaße, aber es gibt Areologen, die glauben, daß die ganze nördliche Marshemisphäre ein altes Einsturzbecken sein könnte.
Diese großen Aufschläge bewirkten so verheerende Explosionen, daß man sie sich kaum vorstellen kann. Davon ausgestoßene Brocken landeten auf der Erde und dem Mond und als Asteroiden in Trojanischen Bahnen. Manche Areologen meinen, daß der Tharsis-Buckel auf den Hellas-Aufprall zurückgeht. Andere glauben, daß Phobos und Deimos Auswurfprodukte sind. Und dies waren nur die größten Treffer. Kleinere Steine fielen jeden Tag, so daß die ältesten Flächen auf dem Mars von Kratergebilden zernarbt sind und die Gegend ein Palimpset aus neuen Ringen ist, die alte verdecken. Kein Stück Land blieb verschont. Und jeder derartige Aufprall löste Hitze-Explosionen aus, die Gestein zum Schmelzen brachten. Elemente wurden aus ihrem Verband gerissen und in Form von heißem Gas, Flüssigkeit und neuen Mineralen ausgeschleudert. Dies und das Ausgasen vom Kern erzeugte eine Atmosphäre und viel Wasser. Es gab Wolken, Stürme, Regen und Schnee, Flüsse, Seen, Küstenlinien, die allesamt das Land bespülten und es erodierten. Dabei hinterließen sie unmißverständliche Spuren - Flußbetten, Küstenmarkierungen und jede Art von hydrologischen Hieroglyphen.
Aber all das verging. Der Planet war zu klein und zu weit von der Sonne entfernt. Die Atmosphäre gefror und sank zu Boden. Sublimiertes Kohlendioxid bildete eine dünne neue Atmosphäre, während Sauerstoff sich mit Mineralen verband und sie rot färbte. Das Wasser gefror und sickerte im Lauf der Äonen durch Kilometer von durch Meteorite zerbrochenem Gestein in die Tiefe.
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