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Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Titel: Mars Trilogie 1 - Roter Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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Schließlich wurde diese Regolithschicht mit Eis durchsetzt, und die tiefsten Teile waren warm genug, um das Eis zu schmelzen. Daher entstanden auf dem Mars Seen unter der Oberfläche. Wasser fließt immer nach unten. Darum wanderten diese Wasser enthaltenden Schichten langsam sickernd in die Tiefe, bis sie vor irgendeinem Hindernis, einer Rippe von Muttergestein oder einer gefrorenen Bodensperre, aufgehalten und angesammelt wurden. Manchmal baute sich starker artesischer Druck gegen diese Dämme auf, und manchmal traf ein Meteorit, oder ein Vulkan erschien, so daß der Damm brach; und ein ganzes unterirdisches Meer ergoß sich über die Oberfläche in enormen Fluten, die die Strömung des Mississippi zehntausendfach übertrafen. Schließlich gefror aber das Wasser auf der Oberfläche und wurde in den pausenlos trockenen Winden sublimiert, um in der Nebelkappe allwinterlich auf die Pole zu sinken. Darum wurden die Polkappen dicker; und ihr Gewicht drückte das Eis in den Boden, bis das sichtbare Eis nur die Spitze zweier den Planeten überdachender Linsen aus unterirdischem Permafrost bildete. Diese Linsen hatten hundertfach mehr Volumen als die sichtbaren Kappen. Inzwischen wurden zum Äquator hin neue Wasserschichten durch Ausgasen vom Kern her angefüllt. Und einige der alten wasserführenden Bereiche füllten sich aufs neue.
    Und so näherte sich dieser sehr langsame Zyklus seiner zweiten Runde. Aber während sich der Planet abkühlte, geschah dies alles immer langsamer in allmählicher Verzögerung wie eine ablaufende Uhr. Der Planet gewann die Gestalt, in der wir ihn sehen. Aber Veränderung hört nie auf. Die rastlosen Winde erodierten das Land mit Staub, der immer feiner wurde. Und die Exzentrizität der Marsbahn bewirkte, daß die südliche und nördliche Hemisphäre in einem Zyklus von 51000 Jahren die kühlen und warmen Winter vertauschten, so daß trockene und wäßrige Eiskappen ihre Plätze wechselten. Jede Schwingung dieses Pendels deponierte eine neue Schicht von Sand, und die Täler neuer Dünen durchschnitten ältere Schichten in einem Winkel, bis der Sand um die Pole herum ein Tüpfelmuster nach Art der Navajo-Sandbilder zeigte, das den ganzen Oberteil der Welt umspannte.
    Die farbigen Sande in ihren Mustern, die geriffelten und gezackten Wände der Canyons, die sich in den Himmel reckenden Vulkane, das lockere Gestein des chaotischen Geländes, die Unmenge an Kratern - beringten Emblemen vom Anfang des Planeten... Noch schöner oder herber als das: knapp, streng, nackt, schweigend, stoisch, steinig, unveränderlich. Erhaben. Die sichtbare Sprache der mineralen Existenz der Natur.
    Mineralisch - nicht animalisch, noch vegetabilisch oder von Viren bestimmt. Das hätte passieren können. Es geschah aber nicht. Es gab nie eine Urzeugung aus den Tonen oder den schwefelhaltigen heißen Quellen. Keine Spore fiel aus dem Weltraum herunter, keine Berührung eines Gottes fand statt. Was auch immer Leben in Gang bringt (denn wir wissen nicht, was), es geschah nicht auf dem Mars. Der Mars rollte als ein Beweis für die Andersartigkeit der Welt, für ihre steinige Vitalität.
    Und dann, eines Tages…

S ie trat mit beiden Beinen kräftig auf den Boden. Es war nichts problematisch dabei. Die vertraute Schwere nach neun Monaten in der Ares. Und mit dem Gewicht des Anzugs war es nicht viel anders, als auf der Erde zu gehen, soweit sie sich erinnern konnte. Der Himmel war rosa, mit sandfarbenen Tönungen, eine Nuance kräftiger und feiner als auf allen Fotos. Ann sagte: »Seht euch den Himmel an!« Maya schwatzte so dahin. Sax und Vlad drehten sich wie rotierende Figuren. Nadezhda Francine Cherneshe- vsky machte einige weitere Schritte und fühlte, wie ihre Stiefel die Oberfläche knirschend zusammendrückten. Sie bestand aus durch von Salz verhärtetem Sand, einige Zentimeter dick, und knackte, wenn man darüberging. Die Geologen sprachen von Durikruste oder Caliche - rohem Salpeter. Die Stiefelabdrücke waren von kleinen radialen Brüchen gerändert.
    Maya war draußen und vom Lander entfernt. Der Boden war dunkel orangerostfarben, bedeckt mit einer ebenen lockeren Gesteinsschicht der gleichen Farbe, wenn auch manche Sterne rote, schwarze oder gelbe Töne aufwiesen. Im Osten standen einige Landevehikel, jedes von anderer Form und Größe, deren Spitzen über den Horizont herausragten. Alle waren so orangerot verkrustet wie der Boden. Das war ein seltsamer, erregender Anblick, als wäre man auf einen lange

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