Mars Trilogie 1 - Roter Mars
genau zu wissen, wie, würde sie ihn auch zum Lachen bringen.
Sie taten ein paar Stücke von dem übergelaufenen Eis zu den übrigen Proben und stellten um die Stelle vier Transponder auf, um Robotpiloten darum herumzuführen. »Obwohl es wegsublimieren könnte, nicht wahr?« sagte Nadia.
Ann war in Gedanken versunken und hörte die Frage nicht. Sie murmelte vor sich hin: »Hier oben gibt es eine Menge Wasser.« Sie wirkte besorgt.
Phyllis rief: »Du hast verdammt recht, das gibt es. Warum werfen wir jetzt keinen Blick auf jene Bestände, die wir am Nordende von Mareotis geortet haben?«
Als sie der Basis näher kamen, wurde Ann noch wortkarger und zurückgezogener. Ihr Gesicht war unbewegt wie eine Maske. »Was ist los?« fragte Nadia eines Abends, als sie zusammen kurz vor Sonnenuntergang im Freien waren und einen defekten Transponder reparierten.
»Ich will nicht zurückgehen«, sagte Ann. Sie kniete bei einem freistehenden Felsblock und klopfte daran herum. »Ich wünschte mir, daß dieser Trip kein Ende hätte. Ich möchte die ganze Zeit unterwegs sein, hinab in die Canyons, hinauf auf die Vulkanränder, hinein in das Chaos und die Berge um Hellas. Ich werde nie aufhören wollen.« Sie seufzte. »Aber... ich bin ein Teil des Teams. Also muß ich wieder in das elende Loch zurückkrabbeln zu all den anderen.«
»Ist das wirklich so schlimm?« fragte Nadia und dachte an ihre schönen Tonnengewölbe, das dampfende Strudelbad und ein Glas eisgekühlten Wodkas.
»Du weißt, daß es das ist! Vierundzwanzigeinhalb Stunden täglich unter der Oberfläche in diesen kleinen Räumen, wenn Maya und Frank ihre politischen Spielchen betreiben und Arkady und Phyllis ständig über alles streiten - was ich übrigens jetzt verstehe, glaube mir. Und wo George jammert und John in einem Nebel schwebt und Hiroko von ihrem kleinen Imperium besessen ist. Vlad auch, Sax auch... Ich meine, was für ein Haufen!«
»Sie sind nicht schlechter als jeder andere. Nicht schlechter und nicht besser. Du mußt zurechtkommen. Du könntest hier nicht ganz für dich allein sein.«
»Nein. Aber ich habe das Gefühl, als wäre ich überhaupt nicht hier, wenn ich in der Basis bin. Ich könnte ebensogut wieder auf dem Schiff sein.«
»Nein, nein«, sagte Nadia. »Du vergißt.« Sie gab dem Felsen, an dem Ann weiterarbeitete, einen Tritt, und Ann blickte überrascht auf. »Du kannst Steine wegstoßen, siehst du? Ann, wir sind hier. Hier auf dem Mars. Stehen auf ihm. Und jeden Tag kannst du hinausgehen und umherlaufen. Und du wirst in deiner Position so viele Reisen machen wie jeder andere.«
Ann blickte weg. »Manchmal kommt es mir gar nicht so vor.«
Nadia starrte sie an. »Nun gut, Ann. Die Strahlung hält uns mehr unter der Oberfläche als alles andere. Was du sagst, läuft praktisch darauf hinaus, daß du willst, die Strahlung sollte verschwinden. Was bedeutet, die Atmosphäre dichter zu machen, was aufs Terraformen hinausläuft.«
»Ich weiß.« Ihre Stimme war gepreßt - so sehr, daß mit einemmal der zurückhaltende sachliche Ton verloren und vergessen war. »Glaubst du, daß ich das nicht weiß?« Sie stand auf und schwang den Geologenhammer. »Aber es ist nicht richtig! Ich meine, ich schaue auf dieses Land, und... und ich liebe es. Ich möchte immer draußen sein und es bereisen, es studieren, darauf leben und es kennenlernen. Aber wenn ich das tue, dann verändere ich es. Ich zerstöre das, was ich liebe und darin liebe. Diese Straße, die wir angelegt haben - es schmerzt mich, sie zu sehen! Und das Basislager ist wie ein Tagebau, inmitten einer Wüste, die nie angetastet wurde seit dem Anfang der Zeit. So häßlich, so...
Ich will dem Mars nicht das alles antun. Nein, Nadia! Ich würde lieber sterben. Laßt den Planeten in Ruhe, laßt ihm seine Wildheit und laßt die Strahlung tun, was sie will! Das ist sowieso nur eine Sache der Statistik. Ich meine, wenn sie meine Chance auf Krebs um das Zehnfache erhöht, dann wird es mir neun Male von zehn gut gehen.«
»Fein für dich«, sagte Nadia. »Oder für jeden einzelnen. Aber für die Gruppe, für alle Lebewesen hier - der genetische Schaden, weißt du. Im Laufe der Zeit könnte er uns zu Krüppeln machen. Also du weißt, daß du nicht nur an dich allein denken kannst.«
»Teil eines Teams«, sagte Ann niedergeschlagen.
»Ja, das bist du.«
»Ich weiß.« Sie seufzte. »Wir alle werden das sagen. Wir alle werden gehen und den Platz sicher machen. Straßen, Städte. Neuer
Weitere Kostenlose Bücher