Mars Trilogie 1 - Roter Mars
Himmel, neuer Boden. Bis das alles ein Teil von Sibirien oder den amerikanischen Nordwestterritorien ist. Der Mars wird dahin sein, und wir werden hier sein und uns wundern, warum wir uns so leer fühlen. Wie wäre es, wenn wir das Land anschauen und niemals wieder etwas sehen können als unsere eigenen Gesichter?«
A m zweiundsechzigsten Tag ihrer Reise sahen sie Rauchfahnen über dem Südhorizont, braune, graue, weiße und schwarze Streifen, die aufstiegen, sich vermischten und zu einer Pilzwolke mit flachem Oberteil aufblähten, die nach Westen zog. »Endlich wieder daheim«, sagte Phyllis vergnügt.
Ihre Spuren von der Hinreise, halb von Staub gefüllt, führten sie wieder zu dem Rauch. Durch die Zone der Frachtlandungen, über einen von Fahrspuren kreuz und quer gezeichneten Boden, über einen Boden, der zu leicht rotem Sand getrampelt war, vorbei an Senken und Hügeln, Gruben und Pfählen und schließlich zu dem großen rohen Hügel der Dauersiedlung, einer quadratischen Schanze aus Erde, auf der jetzt ein silbriges Netz von Magnesiumträgern stand. Dieser Anblick reizte Nadias Interesse; aber als sie weiterrollten, konnte sie nicht umhin, das Gewirr von Rahmen, Kisten, Traktoren, Kränen, Ersatzteilhaufen, Abfallgruben, Windmühlen, Sonnenpaddeln, Wassertürmen, Betonstraßen, die nach Ost, West, Süd und Nord führten, sowie Luftsammlern zu bemerken, ferner die niedrigen Gebäude des Alchemistenviertels, deren Schornsteine die Rauchfahnen ausstießen, die sie gesehen hatten. Die Stapel von Glas, die runden Kegel von grauem Kies, die großen Haufen aus rohem Regolith bei der Zementfabrik und die kleinen Haufen von Regolith, die überall sonst verstreut waren. Das Ganze hatte das unordentliche, funktionale, häßliche Aussehen von Vanino oder Usman oder irgendwelcher stalinistischer Schwerindustriestädte im Ural oder der Ölfelder von Yakut. Sie rollten gute fünf Kilometer durch diese Verwüstung; und dabei wagte Nadia nicht, Ann anzuschauen, die schweigend neben ihr saß und Widerwillen und Ekel ausstrahlte. Auch Nadia war schockiert und davon überrascht, wie sie sich selbst verändert hatte. Vor der Reise hatte das alles völlig normal gewirkt und hatte ihr sogar sehr gefallen. Jetzt war ihr leicht übel, und sie fürchtete, daß Ann etwas Gewalttätiges tun könnte, besonders wenn Phyllis noch etwas mehr sagen würde. Aber Phyllis hielt den Mund, und sie fuhren in das Traktorengelände außerhalb der Nordgarage und hielten an. Die Reise war zu Ende.
Einen nach dem anderen zwängten sie die Rover in die Wand der Garage und krochen durch die Türen hinaus. Ringsum drängten sich vertraute Gesichter: Maya, Frank, Michel, Sax, John, Ursula, Spencer, Hiroko und alle übrigen, wirklich wie Brüder und Schwestern; aber so viele, daß Nadia überwältigt war. Sie schrumpfte zusammen wie eine Mimose und konnte kaum sprechen. Sie hatte das Verlangen, etwas zu packen, das ihr zu entkommen schien. Sie sah sich um nach Ann und Simon, aber die waren von einer anderen Gruppe mit Beschlag belegt und wirkten bestürzt. Ann war stoisch eine Maske ihrer selbst.
Phyllis sprach für sie alle. »Es war hübsch, wirklich eindrucksvoll. Die Sonne schien die ganze Zeit, und das Eis gibt es dort wirklich. Wir haben Zugang zu einer Menge Wasser bekommen. Es ist wie die Arktis, wenn man sich auf dieser Polkappe befindet...«
»Habt ihr etwas Phosphorhaltiges entdeckt?« fragte Hiroko. Es war wunderbar, Hirokos Gesicht zu sehen, die wegen des Mangels an Phosphor für ihre Pflanzen besorgt war. Ann sagte ihr, sie hätten Verwehungen von Sulfaten in dem leichten Material um die Krater in Acidalia gefunden. Also gingen sie zusammen los, um die Proben anzuschauen. Nadia folgte den anderen durch die unterirdische, mit Betonwänden versehene Passage in die Dauersiedlung. Sie dachte an eine richtige Dusche und frisches Gemüse. Dabei hörte sie halb Maya zu, die ihr die letzten Nachrichten verkündete. Sie war wieder daheim!
Zurück an die Arbeit! Und die war wie zuvor unerbittlich und vielseitig. Eine endlose Liste von Dingen, die getan werden mußten, und nie genug Zeit; denn obwohl manche Aufgaben viel weniger menschliche Zeit erforderten, als Nadia erwartet hatte, da sie für Roboter geeignet waren, erforderte alles andere mehr. Und nichts davon bereitete ihr die gleiche Freude wie damals der Bau der Räume mit Tonnengewölbe, selbst wenn es technisch interessant war.
Wenn sie wollten, daß der zentrale Platz unter der Kuppel
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