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Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Titel: Mars Trilogie 1 - Roter Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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Achseln. »Es kommt darauf an, wie warm wir es machen. Und wieviel Wasser es insgesamt auf dem Planeten gibt, und wieviel von dem Wasser im Regolith an die Oberfläche gelangen wird, wenn wir die Atmosphäre heizen. Wir wissen von all diesen Dingen nichts, ehe sie eintreten. Aber ich fürchte, daß diese Kappe, da sie der primär exponierte Wasserkörper ist, gegen Veränderungen am empfindlichsten sein wird. Sie könnte gänzlich wegsublimieren, ehe ein bedeutsamer Teil des Permafrostes geschmolzen ist.«
    »Völlig?«
    »Oh, gewiß wird jeden Winter etwas abgelagert werden. Aber das ist gar nicht so viel Wasser, wenn man es aus globaler Perspektive betrachtet. Dies ist eine trockene Welt, die Atmosphäre ist super-arid. Antarctica wirkt daneben wie ein Dschungel. Und denk daran, wie dieser Ort uns auszudörren versuchte. Wenn also die Temperaturen hoch genug ansteigen, wird das Eis wirklich in sehr hohem Tempo sublimieren. Diese ganze Kappe wird sich in die Atmosphäre verlagern und nach Süden geweht werden, wo sie bei Nacht ausfriert. Also wird sie im Effekt wieder gleichmäßig über den ganzen Planeten verteilt werden, in einer Schicht von ungefähr einem Zentimeter Dicke.« Sie zog eine Grimasse. »Natürlich noch weniger; denn das meiste davon wird in der Luft bleiben.«
    »Wenn es aber noch wärmer wird, wird der Reif schmelzen, und es wird regnen. Dann haben wir Flüsse und Seen, nicht wahr?«
    »Falls der atmosphärische Druck hoch genug ist. Flüssiges Oberflächenwasser hängt ebenso vom Luftdruck ab wie von der Temperatur. Wenn beide steigen, könnten wir in einigen Jahrzehnten hier auf Sand herumlaufen.«
    »Das wird eine beachtliche Meteoritensammlung ergeben«, sagte Nadia im Versuch, Anns Stimmung zu heben.
    Das klappte nicht. Ann zog den Mund zusammen, starrte aus dem Fenster und schüttelte den Kopf. Ihr Gesicht konnte so traurig sein. Das ließ sich nicht allein dem Mars zuschreiben. Da mußte noch mehr dran sein, etwas, das diesen starken inneren Krampf und diesen Ärger erklärte. Es fiel schwer zuzusehen. Wenn Maya unglücklich war, war es, als ob Ella Fitzgerald einen Blues sänge. Man wußte, es war aufgesetzt. Der Überschwang strömte einfach hindurch. Aber wenn Ann unglücklich war, schmerzte es hinzusehen.
    Jetzt nahm sie ihre Schüssel mit Lasagne und lehnte sich zurück, um sie in die Mikrowelle zu tun. Hinter ihr schimmerte die weiße Ferne unter einem schwarzen Himmel, als ob die Welt draußen ein fotografisches Negativ wäre. Die Uhr sprang auf 0.00.01.
     
    Vier Tage später waren sie vom Eis herunter. Während sie ihre Route rückwärts zu Phyllis und George verfolgten, rollten die drei Reisenden über eine Steigung und hielten an. Am Horizont war eine Struktur. Aus dem flachen Sediment des Chasmabodens ragte ein klassischer griechischer Tempel empor, sechs dorische Säulen aus weißem Marmor, überdeckt von einem runden Flachdach.
    »Was, zum Teufel... ?«
    Beim Näherkommen sahen sie, daß die drei Säulen aus Eistrommeln des Schürfers bestanden, die man aufeinandergetürmt hatte. Die Scheibe, die als Dach diente, war roh ausgehauen.
    »Georges Idee«, sagte Phyllis über Radio.
    »Ich habe bemerkt, daß die Eiszylinder ebenso groß waren wie die Marmortrommeln, die die Griechen für ihre Säulen benutzt haben«, sagte George, der sichtlich mit sich zufrieden war. »Danach lag es auf der Hand.
    Und der Schürfer läuft perfekt. Also konnten wir etwas die Zeit totschlagen.«
    »Es sieht großartig aus«, sagte Simon. Und da hatte er recht. Ein fremdartiges Bauwerk schimmerte traumhaft wie Fleisch in den langen Dämmerungszeiten, als ob Blut unter seinem Eis flösse. »Ein Tempel für Ares.«
    »Für Neptun«, korrigierte George. »Ich glaube nicht, daß wir Ares allzu oft beschwören sollten.«
    »Besonders in Anbetracht der Leute im Basislager«, sagte Ann.
     
    Während sie nach Süden fuhren, zog sich ihre Bahn aus Radspuren und Transpondern vor ihnen her, so deutlich wie jede Fernstraße mit einer Betondecke. Es war nicht nötig, daß Ann darauf hinwies, wie sehr dies das Gefühl ihrer Reise veränderte. Sie erforschten nicht mehr unberührtes Land, und die Natur der Landschaft selber war verändert, in links und rechts gespalten durch die parallelen Linien quergerippter Reifenspuren und durch die grünen, vom Staub leicht mattierten Kanister, die alle >den Weg< markierten. Es war nicht mehr Wildnis. Darauf kam es ja beim Straßenbau auch an. Sie konnten das Fahren dem

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