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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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hatte vor, Dutzende von Wasserstoffbomben im Megaregolith unter der nördlichen Polkappe explodieren zu lassen, um Wachstum und Erwärmung des Meeres im Norden anzuregen. Und dieser letzte Umstand war für sie nicht interessanter als die beiden vorhergehenden.
    Und vielleicht ergab es Sinn, die individuellen Karrieren der Leute zu verfolgen, die die größten Transnationalen betrieben, und die Mikropolitik des Wettrennens um Macht zwischen ihnen. Schließlich waren sie ja die derzeitigen Herrscher der Welt. Also lag Sax an der Seite von Phyllis, hörte ihr zu und machte Bemerkungen nach Art von Stephen. Er bemühte sich, alle die Namen zu ordnen, und fragte sich, ob der Gründer von Praxis wirklich ein seniler Surfer wäre, ob Shellalco von Amexx übernommen werden würde und ob die leitenden Teams der Transnationalen wirklich so scharfe Konkurrenten wären, da sie doch ohnehin die Welt beherrschten und alles hatten, was sie sich in ihrem persönlichen Leben wünschen könnten. Vielleicht lag die Antwort wirklich in der Soziobiologie, und es war alles Dominanzgebaren von Primaten, bei dem man seinen Erfolg bei der Fortpflanzung in der Gemeinschaft steigern wollte. Das war vielleicht keine bloße Analogie, wenn man die Firma als sein Kind ansah. Und dann konnte es wiederum in einer Welt, wo man unbegrenzt lange leben konnte, einfacher Selbstschutz sein. >Überleben der Tüchtigsten< war Sax immer als eine leere Tautologie erschienen. Wenn aber Sozialdarwinismus an die Macht käme, dann könnte dieses Konzept als religiöses Dogma der herrschenden Ordnung an Bedeutung gewinnen ...
    Und dann rollte Phyllis sich zu ihm herüber und küßte ihn, und er trat in den Bereich von Sex ein, wo andere Regeln zu herrschen schienen. Obwohl er Phyllis immer weniger liebte, je besser er sie kennenlernte, entsprach dem nicht das Maß, in dem er von ihr angezogen wurde, sondern schwankte nach geheimnisvollen eigenen Gesetzen, ohne Zweifel von Hormonen angetrieben und begründet, so daß er sich manchmal anstrengen mußte, ihre Berührungen zu akzeptieren, während er ein anderes Mal von einer Lust angetrieben wurde, die um so stärker schien, je weniger sie mit Zuneigung vermischt war. Oder was noch sinnloser war - eine durch Abneigung noch gesteigerte Lust. Diese letzte Reaktion war selten; und als sich der Aufenthalt in Arena hinzog und die Neuigkeit ihrer Affäre verblaßte, fand Sax sich immer häufiger von ihrem Liebesspiel distanziert und neigte dazu, während dessen zu phantasieren und tief in Stephen Lindholm zu verfallen, der anscheinend mit Frauen zu schmusen schien, die Sax nicht kannte oder von denen er kaum gehört hatte, wie Ingrid Bergman oder Marylin Monroe.
     
    Eines Morgens stand Sax nach einer beunruhigenden Nacht dieser Art auf, um aufs Eis zu gehen und Phyllis rührte sich, wachte auf und beschloß mitzukommen.
    Sie zogen sich an und traten hinaus in eine reine purpurne Morgendämmerung. Schweigend kletterten sie die nahe Moräne an der Flanke des Gletschers hinunter und stiegen auf einer Reihe von Stufen ins Eis. Sax nahm den südlichsten ausgeflaggten Weg über den Gletscher, um die westliche Seitenmoräne so weit stromaufwärts zu besteigen, wie er an einem Vormittag gehen konnte.
    Sie gingen zwischen kniehohen Auskerbungen von Eis dahin, die alle Löcher hatten wie Schweizer Käse und von Schneealgen rosa gefleckt waren. Phyllis war wie immer über das phantastische Gewirr entzückt und machte Bemerkungen über die ungewöhnlichsten Eisnadeln. Sie verglich die, an denen sie an diesem Morgen vorbeikamen, mit einer Giraffe, dem Eiffelturm, der Fläche Europas etc. Sax blieb oft stehen, um Stücke aus Jadeeis zu untersuchen, die von Eisbakterien durchzogen waren. An ein paar Stellen lag das Jadeeis frei wie kalifornische Nachtkerzen, die von Schneealgen rötlich gefärbt waren. Das war ein seltsamer Effekt, wie ein großes Feld von Pistazieneis.
    Also kamen sie nur langsam voran und waren noch auf dem Gletscher, als eine Reihe kleiner gedrängter Wirbelwinde hintereinander auftrat wie durch einen Zaubertrick. Braune Staubtromben, die von Eisteilchen glitzerten in einer rohen Linie, die vom Gletscher auf sie zu führte. Dann brachen die Wirbelwinde in einer Art Fluktuation zusammen, und sie wurden von einem rauhen Windstoß getroffen, der pfeifend so stark bergab raste, daß sie sich hinknien mußten, um das Gleichgewicht zu bewahren. »Was für ein Sturm!« rief Phyllis ihm ins Ohr.
    »Ein katabatischer Wind«,

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