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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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prallte und die Sicht auf etwa hundert Meter verringerte. Nachdem er eine Stunde lang darauf gewartet hatte, daß der Sandsturm nachließ, gab er es auf und kehrte zur Station zurück. Er überschritt den Gletscher, indem er sich sehr vorsichtig von einer Flagge zur nächsten bewegte, um nicht die Spur zu verlieren. Das war wichtig, wenn man gefährliche Stellen mit Spalten vermeiden wollte.
    Einmal über das Eis gelangt, kehrte Sax schnell zur Station zurück und dachte über den kleinen Tornado nach, der die Ankunft des Windes verkündet hatte. Das Wetter war merkwürdig. Drinnen rief er den meteorologischen Kanal und ging alle Information über das Wetter des Tages durch. Dann betrachtete er ein Satellitenfoto der Gegend. Eine Zyklonzelle kam von Tharsis herunter auf sie zu. Bei der dichter werdenden Luft waren die von Tharsis kommenden Winde wirklich kräftig. Sax fürchtete, daß der Buckel immer ein Ankerpunkt in der Klimatologie des Mars bleiben würde. Während der meisten Zeit würde sich der Strahlstrom der nördlichen Hemisphäre um sein Nordende herumwinden, wie es der Jetstrom der Erde bei den Rocky Mountains tat. Aber ab und zu würden sich Luftmassen zwischen den Vulkanen über den Tharsiskamm schieben und beim Aufsteigen ihre Flüssigkeit über dem Osthang abregnen. Dann würden diese dehydrierten Massen den Osthang hinunterrasen als Mistral des Großen Mannes oder Schirokko oder Föhn mit Winden so schnell und stark, daß sie mit zunehmender Dichte der Atmosphäre zum Problem wurden. Einige Kuppelstädte auf der freien Fläche würden so sehr gefährdet sein, daß sie sich in Krater oder Canyons zurückziehen oder mindestens nach und nach ihren Kuppelbau verstärken müßten.
    Während Sax darüber nachdachte, wurde das ganze Thema des Wetters so aufregend, daß er seine botanischen Studien aufgeben und sich die ganze Zeit ihm widmen wollte. In den alten Tagen hätte er das gemacht und wäre einen Monat oder ein Jahr in die Klimatologie eingetaucht, bis seine Wißbegier befriedigt wäre und er über einen Beitrag zu allen auftretenden Problemen nachgedacht hätte.
    Aber das war, wie er jetzt sah, ein recht undiszipliniertes Unterfangen gewesen, das zu einer Art Schrotschußmethode und sogar einem gewissen Dilettantismus führte. Jetzt, als Stephen Lindholm und für Ciaire und Biotique tätig, mußte er die Klimakunde aufgeben mit einem sehnsüchtigen Blick auf die Satellitenfotos und ihre suggestiv wirbelnden neuen Wolkensysteme und konnte den anderen nur von dem Wirbelwind berichten und im Labor oder beim Essen erholsam über Wetter plaudern, während seine hauptsächliche Bemühung sich wieder ihrem kleinen Ökosystem zuwandte und seinen Pflanzen und wie man ihnen weiterhelfen konnte. Und als er gerade das Empfinden hatte, er würde die Besonderheiten von Arena lernen, waren diese durch seine neue Identität erzwungenen Beschränkungen gar nicht übel. Sie bedeuteten, daß er gezwungen war, sich auf eine einzige Disziplin zu konzentrieren in einer Weise wie nie nach seiner Arbeit, die der Promotion gefolgt war. Und es wurde ihm immer klarer, welchen Lohn die Konzentration bot. Er konnte dadurch ein besserer Wissenschaftler werden.
     
    Am nächsten Tage zum Beispiel, als die Winde bloß frisch waren, ging er wieder hinaus und fand den Fleck mit Korallenflechten, den er untersucht hatte, als der Sandsturm ausbrach. Alle Spalten der Struktur waren mit Sand gefüllt, was den größten Teil der Zeit der Fall gewesen sein mußte. Also wischte er einen Spalt sauber und sah mit der zwanzigfachen Vergrößerung seiner Sehscheibe hinein. Die Wände der Spalten waren mit sehr feinen Wimpern bedeckt, ähnlich den winzigen Härchen auf exponierten Blättern des alpinen Fingerkrauts. Es bestand offenbar keine Notwendigkeit, diese schon gut versteckten Flächen zu schützen.
    Vielleicht sollten sie überschüssigen Sauerstoff aus den Geweben der halbkristallinen äußeren Masse freisetzen. Spontan oder geplant? Er las in Beschreibungen auf seinem Handgelenk und ergänzte sie mit diesem Exemplar, das wegen der Wimpern noch nicht erfaßt zu sein schien. Er nahm eine kleine Kamera aus der Schenkeltasche und machte eine Aufnahme, legte eine Probe der Wimpern in einen Beutel, tat diesen und die Kamera in die Tasche und ging weiter.
    Er ging nach unten, um den Gletscher anzusehen. Er traf dort auf eine der vielen Verbindungen, wo die abfallende Flanke sich glatt mit dem ansteigenden Hang der Moränenrippe traf. Um

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