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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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sagte Sax und sah eine Gruppe von Eisnadeln im Staub verschwinden. »Er kommt von Tharsis herunter.« Die Sicht verschlechterte sich. »Wir sollten versuchen, zur Station zurückzukommen.«
    Also machten sie sich längs des beflaggten Pfades auf den Weg und stapften von einen smaragdfarbenen Punkt zum nächsten. Aber die Sicht wurde immer schlechter, bis sie nicht mehr von einer Markierung zur nächsten sehen konnten. Phyllis sagte: »Hier, laß uns in den Schutz dieser Eisberge gehen!«
    Sie ging auf die unscharfe Gestalt eines Vorsprungs im Eis zu, und Sax rannte hinter her und sagte: »Sei vorsichtig! Viele Eisnadeln haben an ihrer Basis Spalten.« Er langte hin, um ihre Hand zu ergreifen, als sie wie durch eine Falltür nach unten stürzte. Er bekam ein hochgerecktes Handgelenk zu fassen, wurde hart zu Boden gerissen und stieß sich die Knie schmerzhaft auf dem Eis. Phyllis sackte noch weiter ab. Sie rutschte einen Schacht am Ende einer flachen Spalte hinunter. Er hätte sie loslassen können, hielt aber instinktiv fest und wurde mit dem Kopf voran über die Kante gezogen. Sie glitten beide in den dicht gepackten Schnee am Boden der Spalte, und der Schnee gab unter ihnen nach, so daß sie weiter fielen und nach einem kurzen, aber fürchterlichen Sturz auf frostigen Sand prallten.
    Sax, der größtenteils auf Phyllis gelandet war, richtete sich unverletzt auf. Über das Interkom kamen alarmierende saugende Töne von Phyllis; aber bald wurde es klar, daß es ihr nur die Luft aus den Lungen gepreßt hatte. Als sie ihre Atmung wieder im Griff hatte, prüfte sie unsicher ihre Gliedmaßen und erklärte, sie sei okay. Sax bewunderte ihre Zähigkeit.
    In dem Stoff über seinem rechten Knie war ein Riß, aber sonst war er in Ordnung. Er nahm aus seiner Schenkeltasche etwas Klebeband und verschloß den Riß. Das Knie war noch ohne Schmerz gekrümmt. Also vergaß er es und stand auf.
    Das Loch, das sie durch den Schnee über ihnen gestoßen hatten, befand sich etwa zwei Meter über seiner ausgestreckten Hand. Sie befanden sich in einer länglichen Blase, der unteren Hälfte einer Spalte, die ungefähr wie eine Sanduhr geformt war. Die stromabwärts liegende Wand ihrer kleinen Blase bestand aus Eis, während die stromaufwärts liegende Wand mit Eis überzogenes Gestein war. Der rohe Kreis des über ihren Köpfen sichtbaren Himmels hatte dunkle Pfirsichfarbe, und die bläuliche Eiswand der Spalte schimmerte mit Reflexen des staubigen Sonnenlichts, so daß der Endeffekt etwas opaleszierend und recht malerisch war. Aber sie saßen fest.
    »Unser Piepsignal wird abgebrochen sein«, mutmaßte Sax, »und dann werden sie kommen, um nachzusehen.«
    »Ja, aber werden sie uns finden?« sagte Phyllis.
    Sax zuckte die Achseln. »Der Piepser liefert eine Richtungsangabe.«
    »Aber der Wind! Die Sicht kann auf Null heruntergehen.«
    »Wir müssen hoffen, daß sie damit zurechtkommen werden.«
    Die Spalte zog sich gen Osten wie ein enger flacher Gang hin. Sax duckte sich unter einer niedrigen Stelle und beleuchtete mit seiner Stirnlampe den Raum zwischen Eis und Fels. Er reichte so weit man sehen konnte in Richtung auf die Ostseite der Gletschers. Es war möglich, daß er bis zu einer der kleinen Höhlen an der Seite des Gletschers reichte. Darum dachte er nach Absprache mit Phyllis daran, die Spalte auszukundschaften, und Phyllis da zu lassen, um sicher zu sein, daß etwaige Sucher, die das Loch fanden, auch jemanden auf seinem Boden finden würden.
    Außerhalb des starken Lichtkegels seiner Stirnlampe war das Eis intensiv kobaltblau, ein Effekt, der durch die Rayleighstreuung verursacht wurde, die auch das Himmelsblau hervorrief. Auch bei ausgeschalteter Stirnlampe war es ziemlich hell, was darauf schließen ließ, daß das Eis über ihnen nicht sehr dick war. Wahrscheinlich ebenso dick wie die Tiefe ihres Sturzes, so schien es ihm jetzt.
    Die Stimme von Phyllis in seinem Ohr fragte, ob mit ihm alles in Ordnung wäre.
    »Mir geht es gut. Ich denke«, erwiderte er. »Dieser Raum könnte dadurch entstanden sein, daß der Gletscher über eine querliegende Böschung geflossen ist. So könnte er bis nach draußen führen.«
    Aber dem war nicht so. Hundert Meter weiter schloß sich das Eis auf der linken Seite und traf die steinige Seite rechts. Eine Sackgasse.
    Auf dem Rückweg ging er langsamer und hielt an, um Risse im Eis zu untersuchen und Felsenstücke unter den Füßen, die vielleicht von der Böschung losgerissen waren. In einer Spalte

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