Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars
Dann verließ er den Raum.
Sax beobachtete das ohne jedes Verständnis. »Was ist denn mit dem los?« flüsterte er Claire zu.
Sie schüttelte den Kopf. »Er arbeitet für Subarashii an der Luftlinse, und die mögen keine mögliche Konkurrenz für Programme zum Schmelzen von Regolith.«
»Mein Gott!«
Das Frage-und-Antwort-Spiel ging weiter, erschüttert durch diese Vorstellung von Wahnsinn. Aber Sax schlüpfte aus dem Raum und starrte in der Halle neugierig dem Wissenschaftler von Subarashii nach. Was mochte der wohl denken?
Aber dieser Andersdenker war nicht der einzige, der sich seltsam benahm. Die Leute standen unter Stress, ihre Nerven waren angespannt. Natürlich stand sehr viel auf dem Spiel. Wie der Pingo unter Moeris Lacus in kleinem Maßstab zeigte, würde man auf der Konferenz bald üble Nebeneffekte bei den untersuchten Verfahren behandeln müssen. Nebeneffekte, die Geld, Zeit und vielleicht sogar Menschenleben kosten würden. Und es gab finanzielle Motivationen ...
Und jetzt, als die abschließenden Tage näher rückten, verlagerte sich das Programm von sehr speziellen Themen auf die allgemeineren Darbietungen und Workshops, einschließlich einiger Veranstaltungen im Hauptsaal über die großen neuen Projekte, die die Leute als >Monsterprojekte< bezeichneten. Diese würden so große Auswirkungen haben, daß sie fast alle anderen Programme in Mitleidenschaft zogen. Als man sie diskutierte, argumentierte man praktisch politisch und sprach eher darüber, was als nächstes zu tun wäre, denn darüber, was schon geschehen war. So etwas pflegte immer zu einem Gezänk zu führen, aber nie mehr als gerade jetzt, wo die Leute anfingen, die Information aus den früheren Referaten zur Befürwortung ihrer eigenen Anliegen zu verwenden, um was es sich auch handeln mochte. Sie betraten jene unglückliche Zone, wo Wissenschaft in Politik hinüberzugleiten begann und wo Vortragsskripten zu Kreditanträgen wurden. Es war enttäuschend zu sehen, wie diese minderwertige Dunkelzone in das bis dahin neutrale Terrain einer Konferenz eindrang.
Wie Sax bei einem einsamen Frühstück überlegte, war ein Teil davon ohne Zweifel durch die Big-Science- Dimension der Monsterprojekte bedingt. Die waren alle so aufwendig und schwierig, daß sie verschiedenen Transnationalen kontraktlich zugewiesen werden mußten. Das war oberflächlich eine plausible Strategie, ein zweckmäßiges Vorgehen. Es bedeutete aber leider auch, daß die verschiedenen Angriffswinkel für das Terraformungsproblem jetzt interessierte Parteien hatten, die sie als die >besten< Methoden verteidigten und Daten verzerrten, um ihre eigenen Ideen zu verteidigen.
Zum Beispiel war Praxis zusammen mit der Schweiz führend in der sehr extensiven Bioingenieurbemühung. Darum verteidigten deren repräsentative Theoretiker das Modell der Ökopoiesis, wonach zum gegenwärtigen Zeitpunkt kein weiterer Zustrom von Wärme oder flüchtigen Stoffen notwendig wäre, und daß biologische Prozesse allein, unterstützt durch ein Minimum an ökologischer Technik, genügen würden, den Planeten auf die Niveaus zu terraformen, die in dem frühen Russell-Modell ins Auge gefaßt worden waren. Sax hielt diese Beurteilung für wahrscheinlich korrekt in Anbetracht des Eintreffens der Soletta, obwohl er ihre Daten für zu optimistisch einschätzte. Und außerdem arbeitete er für Biotique, darum war sein Urteil vielleicht voreingenommen.
Aber die Wissenschaftler von Armscor waren unerbittlich, daß der geringe Stickstoffbestand alle ökologischen Hoffnungen zuschanden machen würde. Sie beharrten darauf, daß ständiges Eingreifen erforderlich sei. Und natürlich war es Armscor, der die Shuttles zum Herbeischaffen von Stickstoff aus Titan baute. Leute von Consolidated, denen die Bohrarbeiten in Vastitas unterstanden, betonten die vitale Bedeutung einer aktiven Hydrosphäre. Und Leute von Subarashii, die die neuen Spiegel unter sich hatten, hoben die große Energie der Soletta und der Luftlinse hervor, um Wärme und Gase in das System zu pumpen, wodurch alles beschleunigt werden könnte. Es war immer ganz klar, welche Leute das eine oder das andere Programm befürworteten. Man brauchte nur auf ihre Namensschilder sehen und ihre institutionelle Zugehörigkeit erkennen und damit voraussagen, was sie unterstützen oder angreifen würden. Daß Wissenschaft so eklatant verzerrt wurde, bereitete Sax großen Kummer, und es schien ihm, daß es jedermann dort unangenehm wäre, sogar denen, die
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