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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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ihm getan hatte. Aber es war, als wollte man Holzklötze kneten, und er spürte, wie seine Arme bei der Berührung steif wurden.
    Ihre Gespräche waren unzusammenhängend und planlos, in freien Assoziationssprüngen. Am Nachmittag merkten sie, daß sie eine Stunde lang über die Tage in Underhill gesprochen hatten - über Sax, Hiroko und sogar Frank und John.
    »Erinnerst du dich, wie eine der überwölbten Kammern zusammenbrach?«
    »Nein«, sagte Maya ärgerlich. »Das tue ich nicht. Erinnerst du dich an die Zeit, da Ann und Sax einen großen Streit über das Terraformen gehabt haben?«
    »Nein«, sagte Michel seufzend. »Das kann ich nicht sagen.«
    Sie konnten so lange Zeit vor- und zurückgehen, bis es schien, als ob sie in völlig verschiedenen Underhills gelebt hätten. Wenn sie sich beide an ein Ereignis erinnerten, war das ein Grund zum Jubeln. Bei allen Ersten Hundert wurden die Erinnerungen lückenhaft, wie Michel bemerkt hatte; und ihm schien, daß die meisten sich besser an ihre Kindheit auf der Erde erinnerten als ihre ersten Jahre auf dem Mars. Nun ja, sie erinnerten sich an ihre eigenen größten Vorkommnisse und den allgemeinen Verlauf der Story. Aber die kleinen Ereignisse, die einem irgendwie in den Sinn kamen, waren für jeden verschieden. Das Versiegen und Wiederauftauchen von Erinnerungen warfen allmählich große klinische und theoretische Probleme in der Psychologie auf, verschlimmert durch die vorher nie dagewesene Langlebigkeit, die jetzt erreicht war. Michel hatte ab und zu etwas in der Literatur darüber gelesen, und obwohl er längst die klinisch-therapeutische Praxis aufgegeben hatte, stellte er seinen alten Kameraden immer noch Fragen wie eine Art von informellem Experiment, wie jetzt mit Maya. »Erinnerst du dich an dies, erinnerst du dich an das? Nein, nein, nein. An was erinnerst du dich denn?«
    Die Art, wie Nadia uns herumgeschubst hat, sagte Maya, und er mußte lächeln. Die Art, wie sich die Bambusfußböden anfühlten. Und erinnerst du dich daran, wie sie über die Alchemisten schimpfte? Warum nicht? sagte sie. So ging es immer weiter, bis es schien, als ob die privaten Underhills, in denen sie gelebt hatten, getrennte Universen gewesen wären, Riemannsche Räume, die sich nur in der Ebene der Unendlichkeit schnitten, während jeder von ihnen derweilen in dem langen Bereich seines oder ihres Idiokosmos dahinwanderte.
    Schließlich sagte Maya finster: »Ich erinnere mich kaum an etwas davon. Ich schaffe es kaum noch, an John zu denken. Und auch an Frank. Ich versuche es gar nicht mehr. Und dann wird irgend etwas irgendwie ausgelöst, und ich bin für alles andere verloren, während ich daran denke. Erinnerungen dieser Art sind so stark, als ob das, an was man sich erinnert, erst vor einer Stunde passiert wäre! Oder als ob es sich wiederholen würde.« Sie erschauderte unter seinen Händen. »Ich hasse das. Weißt du, was ich meine?«
    »Natürlich. Memoire involuntaire. Aber ich erinnere mich auch, daß mir genau dasselbe passiert ist, als wir in Underhill lebten. Es liegt also nicht einfach am Altwerden.«
    »Nein, es ist das Leben, was wir nicht vergessen können. Dennoch kann ich kaum Kasei anschauen ... «
    »Ich weiß. Diese Kinder sind seltsam. Hiroko ist seltsam.«
    »Das ist sie. Aber warst du damals glücklich? Nachdem du mit ihr abgehauen bist?«
    »Ja.« Michel dachte daran zurück und bemühte sich sehr, sich zu erinnern. Erinnerung war sicher das schwache Glied in der Kette... »Ja, ich war es sicher. Es kam darauf an, Dinge zuzugeben, die ich in Underhill zu unterdrücken gesucht hatte. Daß wir Tiere sind. Daß wir sexuelle Kreaturen sind.« Er knetete ihre Schultern fester denn je, und sie ließ sie unter seinen Händen rollen.
    »Ich brauche mich nicht daran zu erinnern«, sagte sie mit kurzem Lachen. »Und hat Hiroko dir das zurückgegeben?«
    »Ja, aber nicht bloß Hiroko. Evgenia, Rya - wirklich sie alle. Nicht direkt... Nun ja, manchmal auch direkt. Aber nur insoweit, daß wir zugaben, Körper zu haben, Körper zu sein. Wir arbeiteten zusammen, sahen und berührten einander. Ich brauchte das. Ich hatte ernstlich Schwierigkeiten. Und sie schafften es, das auch mit dem Mars zu verbinden. Du schienst nie mit so etwas Probleme gehabt zu haben, ich aber hatte sie wirklich. Ich war krank, Hiroko hat mich gerettet. Für sie war es sinnvoll, unser Heim und unsere Nahrung aus dem Mars zu gewinnen. Eine Art von Liebe für ihn oder Befruchtung oder Geburtshilfe - auf

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