Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars
jeden Fall ein sinnlicher Akt. Dies war's, was mich gerettet hat.«
»Das und ihre Körper. Die von Hiroko, Evgenia und Rya.« Sie sah ihn über die Schulter mit einem tückischen Grinsen an, und er lachte. »Ich wette, daß du dich sehr gut erinnerst.«
»Gut genug.«
Es war Mittag, aber im Süden auf dem langen Hals von Echus Chasma wurde der Himmel dunkel. Michel sagte: »Vielleicht kommt es endlich.«
Wolken standen über der Großen Böschung, eine hochragende Masse von Cumulunimbus-Wolken, deren schwarze Unterseiten von Blitzen flimmerten und die drei Gipfel der Klippe streiften. Die Luft im Chasma war diesig, und die Kuppeln von Kasei Vallis zeichneten sich scharf unter diesem Dunst ab. Kleine Blasen klarer Luft standen über den Gebäuden und merkwürdig ruhigen Bäumen wie gläserne Briefbeschwerer, die man auf die windige Wüste geworfen hatte. Sie würden warten müssen, selbst wenn die Winde kämen. Maya stand auf und marschierte wieder hin und her. Sie strahlte Energie aus, bückte sich, aus den niedrigen Fenstern zu blicken, und murmelte etwas auf russisch. Böen kamen auf und trafen den Wagen. Sie pfiffen und strichen über den gebrochenen Fels am Fuß der kleinen Mesa hinter ihnen.
Mayas Ungeduld machte Michel nervös. Es war wirklich so, als ob man mit einem wilden Tier eingesperrt wäre. Er ließ sich in den Fahrersitz fallen und schaute zu den Wolken auf, die über die Böschung rollten. Die geringe Schwere des Mars erlaubte, daß Gewitterköpfe sich gewaltig hoch in den Himmel auftürmten. Und diese immensen weißen Massen mit amboßartigen Köpfen machten zusammen mit der gewaltigen Klippenfront darunter, daß die Welt surrealistisch groß aussah. Sie waren Ameisen in einer solchen Landschaft. Sie waren selbst die kleinen roten Leute.
Sicher würden sie in dieser Nacht den Rettungsversuch unternehmen. Sie hatten so schon zu lange warten müssen. Bei einer ihrer rastlosen Runden blieb Maya wieder hinter ihm stehen, ergriff die Muskeln zwischen seinen Schultern und seinem Nacken und drückte sie. Das verursachte Schocks an seinem Rücken und Flanken und dann an der Innenseite seiner Oberschenkel. Er krümmte sich in ihrer Umklammerung und wandte sich in dem Drehsessel so um, daß er ihr seine Arme um die Taille schlingen und sein Ohr gegen ihr Brustbein drücken konnte. Sie bearbeitete weiter seine Schultern, und er fühlte, wie Puls und Atem sich beschleunigten. Sie beugte sich herüber und küßte ihn oben auf den Kopf. Sie kamen sich immer näher, bis sie eng aneinandergedrängt waren. Maya knetete die ganze Zeit seine Schultern. Lange Zeit verharrten sie so.
Dann zogen sie sich in den Wohnraum des Wagens zurück und liebten sich. Voller Erwartung, wie sie waren, stürzten sie sich mit voller Intensität hinein. Ohne Zweifel hatte das Gespräch über Underhill dies ausgelöst. Michel erinnerte sich lebhaft an sein unerlaubtes Begehren für Maya in jenen Jahren. Er vergrub sein Gesicht in ihrem Silberhaar und versuchte, mit ihr zu verschmelzen und tief in sie einzutauchen. Als ein katzenhaftes Tier, das sie war, stieß sie mit ebenso wilder Angriffslust zurück, um ihn tief in sich aufzunehmen. Diese Anstrengung machte ihn völlig fertig. Es war gut, daß sie unter sich waren, denn ihr überraschtes Hingerissensein äußerte sich als eine Folge von Stöhnen und Ächzen und in einem geradezu elektrischen Sinnesrausch.
Danach lag er auf ihr, noch in ihr drin; und sie hielt sein Gesicht und schaute ihn an. »In Underhill habe ich dich geliebt«, sagte er.
»In Underhill habe auch ich dich geliebt«, sagte sie träge. »Wirklich. Ich habe nie etwas dazu getan, weil ich mich töricht gefühlt hätte gegenüber John und Frank. Aber ich habe dich geliebt. Darum war ich so ärgerlich auf dich, als du verschwandest. Du warst mein einziger Freund. Du warst der einzige, mit dem ich ehrlich sprechen konnte. Du warst der einzige, der mir wirklich zugehört hat.«
Michel erinnerte sich und schüttelte den Kopf. »Ich habe mich damals nicht besonders gut aufgeführt.«
»Vielleicht nicht. Aber du hast dich um mich gekümmert, nicht wahr? Es war nicht bloß deine Aufgabe.«
»O nein, ich habe dich geliebt, ja. Maya, es war nicht bloß eine Aufgabe. Nicht für irgend wen oder irgend etwas.«
»Schmeichler!« sagte sie und stieß ihn an. »Du hast das immer getan. Du versuchtest, all die schrecklichen Dinge, die ich tat, bestmöglich zu verstehen.« Sie lachte kurz.
»Ja. Aber die waren gar nicht
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