Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars
Lippen, einem scharfen Kinn und einer leicht vertraulichen Art, die durch Jackies Schönheit nicht eingeschüchtert zu sein schien, die der seinen in gewisser Hinsicht ähnlich war. Sein Name war Antar, und er entstammte einer bedeutenden Bedu-Familie. Art, der an dem niedrigen Tisch ihnen gegenüber saß, schien über diese sich entwickelnde Freundschaft entsetzt zu sein; aber Nirgal hatte das nach ihren Jahren in Sabishii noch eher als Jackie kommen sehen, und es bereitete ihm auf eigenartige Weise fast Vergnügen, Jackie in Tätigkeit zu sehen. Es war wirklich ein eindrucksvoller Anblick - sie, die stolze Tochter der größten Matriarchie seit Atlantis, und Antar, der stolze Erbe der extremsten Patriarchie auf dem Mars, ein junger Mann mit so reiner Grazie und Verhaltensweise, als wäre er der König der Welt.
Nach dem Essen verschwanden die beiden. Nirgal lehnte sich fast ohne schmerzliche Empfindungen zurück und plauderte mit Nadia, Art, Zeyk und Zeyks Frau Nazik, die zu ihnen herausgekommen war. Zeyk und Nazik waren alte Hasen auf dem Mars, die John Boone persönlich gekannt hatten und mit Frank Chalmers befreundet gewesen waren. Im Gegensatz zu der Vorhersage der Sufis standen sie der Idee eines Kongresses wohlwollend gegenüber und stimmten zu, daß Dorsa Brevia ein guter Ort für seine Veranstaltung sein würde.
»Was wir brauchen, ist Gleichheit ohne Gleichförmigkeit«, sagte Zeyk an einer Stelle und zwinkerte ernsthaft bei der Wahl dieser Worte. Das kam dem nahe genug, was Nadia auf der Fahrt dorthin gesagt hatte, daß es Nirgals Aufmerksamkeit in besonderem Maße fesselte. »Es ist kein leichtes Unterfangen, das zu arrangieren, aber wir müssen es sicher versuchen und Streit vermeiden. Ich werde die Kunde in der arabischen Gemeinschaft verbreiten. Oder mindestens bei den Bedus. Ich muß sagen, im Norden gibt es Araber, die sich sehr stark mit den Transnationalen, speziell Amexx, engagiert haben. Alle arabischen Länder fallen an Amexx, eines nach dem anderen. Eine sehr seltsame Paarung. Aber Geld ...« Er rieb die Finger aneinander. »Ihr wißt schon. Jedenfalls werden wir uns mit unseren Freunden in Verbindung setzen. Und die Sufis werden uns helfen. Sie sind dabei, hier unten die Mullahs zu werden; und den Mullahs gefällt das nicht, aber mir.«
Andere Entwicklungen machten ihm Sorge. »Armscor hat die Schwarzmeergruppe übernommen, und das ist eine sehr schlimme Kombination - alte Afrikaanderführung und Sicherheitsorgane aus allen Mitgliedstaaten, von denen die meisten Polizeistaaten sind - Ukraine, Georgien, Moldawien, Aserbeidschan, Armenien, Bulgarien, Türkei, Rumänien.« Er zählte sie an den Fingern auf und rümpfte die Nase. »Denkt einige Zeit über diese Geschichten nach! Und sie haben auf der Großen Böschung Basen errichtet, praktisch ein Band um den ganzen Mars. Und sie stehen fest zur Übergangsbehörde.« Er schüttelte den Kopf. »Die werden uns zerschmettern, wenn sie können.«
Nadia nickte zustimmend, und Art, der von dieser Aussage überrascht zu sein schien, bombardierte Zeyk mit hundert Fragen.
Einmal sagte er: »Ihr verbergt euch aber nicht.«
»Wir haben Zufluchtsstätten, wenn wir sie brauchen«, sagte Zeyk. »Und wir sind bereit zu kämpfen.«
»Glaubst du, daß es dazu kommen wird?« fragte Art.
»Dessen bin ich sicher.«
Viel später, nach etlichen weiteren Täßchen schlammigen Kaffees, sprachen Zeyk, Nazik und Nadia miteinander über Frank Chalmers. Alle drei lächelten dabei besonders freundlich. Nirgal und Art hörten zu; aber es war schwer, von diesem Mann eine Vorstellung zu bekommen, der schon tot war, lange ehe Nirgal geboren wurde. Es war wirklich ein schockierender Gedanke, wie alt die Nissei waren und daß sie eine solche Gestalt nur durch Videobänder kennengelernt hatten. Schließlich platzte Art heraus: »Aber wie war er eigentlich?«
Die drei Alten dachten darüber nach.
Zeyk sagte langsam: »Er war ein zorniger Mann. Er hat allerdings den Arabern zugehört und uns respektiert. Er hat einige Zeit mit uns gelebt und unsere Sprache erlernt. Es gibt gewiß nur wenige Amerikaner, die das je getan haben. Und so haben wir ihn gern gehabt. Aber er war nicht leicht zugänglich. Und er war zornig. Ich weiß nicht, warum. Etwas in seinen Jahren auf der Erde, vermute ich. Er hat nie darüber gesprochen. Er hat überhaupt nie über sich selbst gesprochen. Aber in ihm steckte ein Gyroskop, das sich wie ein Pulsar drehte. Und er hatte finstere Stimmungen.
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