Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars
müssen«, sagte Nadia. »Aber wenn du an Schweizer Beamte denkst, so gibt es davon eine Menge in Burroughs; und die haben uns hier geholfen, ohne uns überhaupt nur etwas davon zu sagen. Etwa fünfzig von uns haben jetzt schweizerische Pässe. Sie bilden einen großen Teil der Demimonde.«
»Wie bei Praxis«, warf Art ein.
»Ja ja. Jedenfalls werden wir mit der Gruppe in Overhangs sprechen. Die dürften Kontakte mit den Schweizern an der Oberfläche haben, dessen bin ich sicher.«
Nordöstlich des Vulkans Hadriaca Patera besuchten sie eine Stadt, die von Sufis gegründet worden war. Die Originalstruktur war in die Seite einer Canyonklippe eingebaut in einer Art von Mesa Verde HighTech. Eine dünne Reihe von Gebäuden, die an der Stelle eingefügt waren, wo der imposante Überhang der Klippe zurückzuweichen und sich auf den Boden des Canyons hinabzusenken begann. Steile Treppen in Gehrohren verliefen von dem unteren Hang zu einer kleinen Betongarage; und um diese herum war eine Anzahl von Blasenkuppeln und Gewächshäusern entstanden. In diesen Kuppeln lebten Leute, die bei den Sufis studieren wollten. Einige kamen von den Zufluchtsstätten, einige aus den Städten des Nordens. Viele waren Eingeborene, aber es gab auch manche, die neu von der Erde angekommen waren. Zusammen hofften sie, den ganzen Canyon zu überdachen mit Verwendung von Material, das für das neue Kabel entwickelt worden war, um eine enorme Verbreitung von Kuppelmaterial zu fördern.
Nadia wurde sofort bei den Diskussionen der Konstruktionsprobleme, die bei einem solchen Projekt auftreten würden, hinzugezogen, die, wie sie ihnen vergnügt sagte, mannigfach und streng sein würden. Ironischerweise machte die dicker werdende Atmosphäre alle Kuppelprojekte schwieriger, weil die Kuppeln nicht mehr durch den Luftdruck unter ihnen so weit aufgeblasen werden konnten wie früher. Und obwohl die extrem zugfesten und außerordentlich belastbaren neuen Karbonverbindungen mehr als genug leisten würden, wären Ankerpunkte, die solche Gewichte halten könnten, fast unmöglich zu finden. Aber die Ingenieure vor Ort waren zuversichtlich, daß leichtere Zeltstoffe und neue Verankerungsverfahren helfen könnten; und die Wände des Canyons, so sagten sie, wären solide. Sie befanden sich im oberen Bereich von Reull Vallis, und alte Minierungen waren in sehr hartes Material eingedrungen. Gute Ankerpunkte könnte es überall geben.
Es wurde kein Versuch gemacht, irgendeine dieser Aktivitäten vor Satellitenbeobachtung zu verheimlichen. Die runde Mesawohnstätte der Sufis in Margaritifer und deren Hauptsiedlung im Süden, Rumi, waren ebenso unverborgen. Dennoch waren sie nie irgendwie von irgendwem belästigt noch von der Übergangsbehörde kontaktiert worden. Deshalb dachte einer ihrer Anführer, ein kleiner schwarzer Mann namens Dhu el-Nun, daß die Angst des Untergrundes übertrieben wäre. Nadia widersprach höflich. Als Nirgal sie in die Enge trieb, sah sie ihn fest an. »Sie jagen die Ersten Hundert.«
Sie dachten darüber nach, während die Sufis sie durch die Treppenrohre zu ihrer Klippenwohnung hinaufführten. Sie waren schon vor der Morgendämmerung angekommen, und Dhu hatte die Besucher alle nach oben auf die Klippe zu einem Willkommensfrühstück eingeladen. Also folgten sie den Sufis und setzten sich an einem großen Tisch in einem langen Raum nieder, dessen Außenwand ein durchgehendes großes Fenster mit Blick auf den Canyon war. Die Sufis waren weiß gekleidet, während die Leute aus den Kuppeln im Canyon gewöhnliche Jumper trugen, meistens rostfarben. Die Menschen gössen sich gegenseitig Wasser ein und plauderten beim Essen. »Ihr seid auf unserer tariqat«, sagte Dhu el-Nun zu Nirgal. Er erklärte, daß dies der geistige Weg eines Menschen sei, sein Pfad zur Realität. Nirgal nickte, betroffen durch die Gelungenheit der Definition. Sie war genau, wie ihm das Leben immer vorgekommen war. »Du mußt dich glücklich fühlen«, erwiderte Dhu. »Du mußt achtgeben.«
Nach einer Mahlzeit aus Brot, Erdbeeren und Yoghurt und schlammig dickem Kaffee wurden die Tische und Stühle weggeräumt, und die Sufis tanzten eine sema oder Wirbeltanz. Sie psalmodierten und sangen zur Musik eines Harfenisten und einiger Trommler und dem Gesang der Canyonbewohner. Wenn die Tänzer an ihren Gästen vorbeikamen, legten sie ihre Handflächen ganz sanft an die Wangen der Gäste. Die Berührungen waren so leicht wie das Vorbeistreifen eines Flügels. Nirgal schaute zu
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