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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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dem Horizont, der sechs Kilometer entfernt war, wälzte sich die schwarze Wolke empor wie ein Mohole, das zur Nova geworden war. Der heiße Gasrauch explodierte nach außen und flatterte rasch in die Höhe.
    Jackie fuhr ihren Wagen auf den Gipfel der höchsten Erhebung in der Gegend. Vor dort konnte sie bis zur Quelle der Wolke sehen; und es war genau so, wie Nirgal im ersten Moment vermutet hatte, als er sie erblickte. Das Rayleigh-Mohole war jetzt ein niedriger Hügel, schwarz bis auf seine orangefarbenen Risse. Die Wolke strömte aus einem Loch in diesem Hügel aus. Der Rauch war dunkel, dicht und trübe. Eine Zunge aus nacktem schwarzem Fels erstreckte sich bergab gen Süden, in ihrer Richtung, und dann nach rechts zur Seite.
    Während sie im Wagen saßen und stumm hinsahen, kippte ein großer Teil des niedrigen schwarzen Hügels über dem Mohole zur Seite und brach ab, und flüssiges orangefarbenes Gestein ergoß sich, gelbe Funken sprühend, schnell zwischen die schwarzen Brocken. Das intensive Gelb wurde rasch orange und dann noch dunkler.
    Danach bewegte sich nur noch die Rauchwolke. Über dem Ventilator und Motorgeräusch konnten sie einen dröhnenden Basso continuo hören, interpunktiert durch laute Explosionen, die zeitlich zu plötzlichen Raucheruptionen aus dem Schlot paßten. Der Wagen vibrierte leicht auf seinen Stoßdämpfern.
    Sie blieben auf dem Hügel und beobachteten. Nirgal hingerissen, Jackie erregt und gesprächig. Sie machte viele Bemerkungen und wurde dann still, als Stücke der Lava von dem Hügel abbrachen und weitere Ergüsse von geschmolzenem Gestein zur Folge hatten. Wenn sie durch das Infrarotgerät des Wagens blickten, war der Hügel ein strahlender Smaragd mit blendend weißen Rissen; und die Zunge aus Lava, die über die Ebene floß, war hellgrün. Es dauerte ungefähr eine Stunde, bis der orangefarbene Fels im visuellen Licht schwarz wurde, aber im Infrarot wurde das Smaragdgrün binnen etwa zehn Minuten dunkelgrün. Grün ergoß sich empor in die Welt; und das Weiß brach durch es hindurch.
    Sie verzehrten eine Mahlzeit; und als sie die Teller wuschen, bewegte Jackie Nirgal in der engen Küche mit den Händen herum, sanft, wie sie in Neu-Vanuatu gewesen war, mit hellen Augen und einem leichten Lächeln. Nirgal kannte diese Zeichen und liebkoste sie, als sie sich in den kleinen Raum hinter den Fahrersitzen begab, erfreut über die erneuerte Intimität, die so selten und so kostbar war. Er sagte: »Ich wette, daß es draußen warm ist.«
    Ihr Kopf flog herum, und sie sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
    Ohne ein weiteres Wort zogen sie sich an und gingen in die Schleuse. Sie hielten sich bei den behandschuhten Händen, während sie darauf warteten, daß sie sich öffnete. Danach traten sie aus dem Wagen und gingen über das trockene rostfarbene Geröll. Sie drückten sich fest die Hände und schlängelten sich um Buckel, Löcher und brusthohe Felsblöcke auf das neue Areal zu. Jeder trug in der freien Hand ein dünnes Isolationspäckchen. Sie hätten sprechen können, taten das aber nicht. Die Luft schob sie hin und wieder nach vorn; und sogar durch die Schichten seines Schutzanzugs konnte Nirgal fühlen, daß sie warm war. Der Boden unter ihren Füßen zitterte leicht, und das Dröhnen war weit entfernt, vibrierte aber in seinem Magen. Es war alle paar Sekunden durch einen dumpfen Knall akzentuiert oder einen schärferen krachenden Laut. Ohne Zweifel war es gefährlich, hier draußen zu sein. Da war ein kleiner runder Hügel, sehr ähnlich dem, auf dem ihr Wagen geparkt war, welcher einen Blick auf die Zunge heißer Lava aus etwas geringerer Entfernung gestattete. Ohne sich zu besprechen, gingen sie auf ihn zu. Sie erklommen den letzten Hang mit großen Schritten, sich immer fest an den Händen haltend.
    Vom Gipfel des Hügels aus konnten sie weit über den neuen schwarzen Strom blicken und sein sich verschiebendes Netzwerk aus orangefarbenen Rissen. Der Lärm war beträchtlich. Es schien klar, daß jede neue Lavaeruption von der anderen Seite der schwarzen Masse hinunterrinnen würde. Sie befanden sich auf einem hohen Punkt am Ufer eines Stroms, wobei ein offenkundiger Wasserlauf von links nach rechts führte, wenn sie darauf hinunterblickten. Natürlich konnte eine plötzliche große Flut sie überwältigen. Aber das war eher unwahrscheinlich. Und auf jeden Fall waren sie hier in keiner größeren Gefahr, als in der sie im Wagen geschwebt hatten.
    Alle diese Überlegungen

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