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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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Muslims und andere kulturell Konservative untergebracht. Was dieses combinatoire aber hinsichtlich Aktionen anzeigte, war nicht klar.
     
    Nadia fing an, die täglichen Meetings zu besuchen, die allgemeinen Fragen bezüglich einer möglichen Marsregierung gewidmet waren. Diese waren ebenso desorganisiert wie die Diskussionen über revolutionäre Methoden, aber weniger emotional und oft viel substantieller. Sie fanden jeden Tag in einem kleinen Amphitheater statt, das die Minoer in die Seite des Tunnels in Malia geschnitten hatten. Von diesem Halbrund aus Bänken blickten die Teilnehmer über Bambus– und Kiefernbäume und Terrakottadächer über den ganzen Tunnel - von Zakros bis Falasarna.
    Die Gespräche wurden von etwas anderen Leuten besucht als die Revolutionsdebatten. Es wurde ein Bericht aus einem der kleineren Workshops zur Diskussion gestellt; und es pflegten die meisten derer, die an diesem teilgenommen hatten, auch das größere Meeting zu besuchen, um zu sehen, welche Bemerkungen über ihren Bericht gemacht würden. Die Schweizer hatten Workshops für alle Aspekte von Politik, Ökonomie und Kultur im allgemeinen angesetzt. Darum waren die allgemeinen Diskussionen wirklich sehr umfassend.
    Vlad und Marina schickten öfters Berichte über ihren Workshop für Finanzen. Jeder Bericht verschärfte und erweiterte ihr sich entwickelndes Konzept von ÖkoÖkonomie. »Es ist sehr interessant«, meldete Nadia Nirgal und Art bei ihrer nächtlichen Zusammenkunft auf dem Buckelpatio. »Eine Menge Leute kritisieren Vlads und Marinas ursprüngliches System, einschließlich der Schweizer und Bologneser. Sie kommen im Grunde zu dem Schluß, daß das Geschenksystem, welches zuerst im Untergrund angewandt wurde, an sich nicht genügt, weil es zu schwer im Gleichgewicht zu halten ist. Es gibt Probleme der Knappheit und des Hortens; und wenn man anfängt, Standards einzuführen, ist es so, als ob man von den Leuten Geschenke erzwingen wollte, was ein Widerspruch ist. Das hat Cojote immer gesagt, und darum hat er sein Tauschnetz aufgebaut. Also arbeiten sie auf ein rationalisierteres System hin, in dem Grunderfordernisse in einer geregelten Wirtschaft mit Wasserstoffperoxid verteilt werden, wo die Preise der Dinge nach ihrem kalorischen Wert festgesetzt sind. Wenn man dann über die Notwendigkeiten hinausgeht, kommt die Geschenkökonomie ins Spiel mit einem Stickstoff Standard. Somit gibt es zwei Ebenen, den Bedarf und das Geschenk, oder was die Sufis im Workshop das Animalische und das Humane nennen, ausgedrückt durch die unterschiedlichen Standards.«
    »Das Grüne und das Weiße«, sagte Nirgal zu sich.
    »Und gefällt den Sufis dieses duale System?« fragte Art.
    Nadia nickte. »Heute, nachdem Marina das Verhältnis der zwei Ebenen dargelegt hatte, sagte Dhu el-Nun zu ihr: >Die Mevlana hätten es nicht besser machen können.<«
    »Ein gutes Zeichen«, sagte Art vergnügt.
    Andere Workshops waren weniger spezifisch und darum weniger fruchtbar. Einer, der an einem in Aussicht genommenen Grundgesetz arbeitete, war überraschend verdrießlich. Aber Nadia erkannte schnell, daß dieses Thema in einem tiefen Schacht kultureller Sorgen steckte. Viele sahen es offenbar als eine Gelegenheit dafür, daß eine Kultur den Rest beherrschen sollte. Zeyk rief: »Das habe ich schon immer seit Boone gesagt. Der Versuch, uns allen eine Gruppe von Werten aufzuzwingen, ist reiner Atatürkismus. Es muß jedem sein eigener Weg erlaubt sein.«
    »Das kann aber nur bis zu einem gewissen Punkt gestattet sein«, sagte Ariadne. »Wie, wenn eine Gruppe hier ihr Recht auf eigene Sklaven beansprucht?«
    Zeyk zuckte die Achseln. »Das würde jenseits der Grenzen des Erlaubten liegen.«
    »Du gibst also zu, daß es ein Grundgesetz der Menschenrechte geben müßte?«
    »Das liegt auf der Hand«, sagte Zeyk kühl.
    Mikhail sprach für die Bogdanovisten. Er sagte: »Jede soziale Hierarchie ist eine Form von Sklaverei. Unter dem Gesetz sollte ein jeder völlig gleich sein.«
    »Hierarchie ist eine natürliche Tatsache«, sagte Zeyk. »Sie ist unausweichlich.«
    »Gesprochen wie ein arabischer Mann«, sagte Ariadne. »Aber wir sind hier nicht natürlich, wir sind marsianisch. Und wo Hierarchie zu Unterdrückung führt, muß sie abgeschafft werden.«
    »Die Hierarchie der rechten Gesinnung«, sagte Zeyk.
    »Oder des Primates von Gleichheit und Freiheit.«
    »Wenn nötig, erzwungen.«
    »Ja!«
    »Also erzwungene Freiheit.« Zeyk winkte enttäuscht ab.
    Art

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