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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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auf. An den Abenden, wenn immer mehr Delegierte ihre Zeit mit Parties verbrachten oder im Tunnel auf und ab spazierten, traf sich Art weiterhin mit Nirgal, und sie sahen sich Bänder in leichtem Schnellgang an, so daß alle wie Vögel sprachen, und verlangsamten nur, um sich Notizen zu machen oder über den einen oder anderen Punkt zu diskutieren. Wenn Nadia mitten in der Nacht aufstand, um ins Bad zu gehen, kam sie an der Diele vorbei, wo die beiden an ihren Aufzeichnungen arbeiteten, und sah sie in ihren Sesseln schlummern. Ihre offenen Münder flackerten unter dem Schimmer der Debatte auf dem Bildschirm.
    Aber morgens war Art zusammen mit den Schweizern auf und brachte die Dinge in Gang. Nadia versuchte, ein paar Tage mitzuhalten, fand aber, daß die Frühstücksworkshops unsicher waren. Die Leute saßen an Tischen herum, tranken Kaffee und aßen Obst und Gebäck und starrten sich an wie Zombies: Wer bist du? sagten ihre trüben Blicke. Was tue ich hier? Wo sind wir? Warum schlafe ich nicht in meinem Bett?
    Aber es konnte auch genau umgekehrt sein. An manchen Morgen kamen die Leute geduscht und erfrischt herein, munter durch Kaffee oder Kavajava, voller neuer Ideen und bereit zu harter Arbeit, um Fortschritte zu erzielen. Wenn die anderen gleichgestimmt waren, konnte alles flott gehen. Eine der Sitzungen über Eigentum verlief so; und für eine Stunde schien es, als ob sie alle Probleme gelöst hätten hinsichtlich Vereinbarung von Ich und Gesellschaft, privatem Vorteil und Gemeinwohl, Selbstsucht und Altruismus ... Aber am Ende sahen ihre Notizen ebenso vage und widersprüchlich aus wie die aus einer anderen verdrießlichen Sitzung. »Es ist die Bandaufzeichnung der ganzen Sitzung, die sie repräsentieren muß«, sagte Art, nachdem er versucht hatte, eine Zusammenfassung zu schreiben.
    Aber die Mehrzahl der Sitzungen war nicht so erfolgreich. Tatsächlich bestanden die meisten nur aus langgezogenen Diskussionen. Eines Morgens traf Nadia auf Antar, den jungen Araber, mit dem Jackie während ihrer Reise Zeit verbracht hatte, und sie hörte, wie er zu Vlad sagte: »Ihr werdet nur die sozialistische Katastrophe wiederholen!«
    Vlad zuckte die Achseln. »Sei nicht so hastig bei der Beurteilung dieser Periode! Die sozialistischen Länder waren vom Kapitalismus von außen und Korruption von innen bedroht. Das konnte kein System überleben. Wir dürfen das Baby des Sozialismus nicht mit dem stalinistischen Badewasser ausschütten, sonst verlieren wir viele sicher anständige Konzepte, die wir benötigen. Die Erde ist im Griff des Systems, das den Sozialismus besiegt hat, und das ist ganz offensichtlich eine irrationale und destruktive Hierarchie. Wie können wir daher mit ihr umgehen, ohne zermalmt zu werden? Wir müssen überall nach Antworten dafür suchen - einschließlich der Systeme, welche die herrschende Ordnung besiegt hat.«
    Art schob einen Wagen mit Speisen in den nächsten Raum, und Nadia ging mit ihm hinaus.
    »Mensch, ich wünschte, Fort wäre hier!« brummte Art. »Das sollte er sein, ganz gewiß wünsche ich das.«
    Im nächsten Meeting diskutierten sie über die Grenzen von Toleranz, um Dinge, die einfach nicht erlaubt sein dürften ohne Rücksicht auf ihre mögliche religiöse Bedeutung. Jemand rief: »Erzählt das den Muslims!«
    Jurgen kam aus dem Raum und machte ein enttäuschtes Gesicht. Er nahm ein Brötchen von dem Wagen und ging mit ihnen. Beim Essen sagte er: »Liberale Demokratie sagt, daß kulturelle Toleranz wesentlich ist; aber man braucht sich nicht weit von liberalen Demokraten zu entfernen, bis diese sehr intolerant werden.«
    »Wie lösen die Schweizer dieses Problem?« fragte Art.
    Jurgen zuckte die Achseln. »Ich glaube nicht, das wir das tun.«
    »Mensch, ich wünschte, Fort wäre hier!« sagte Art. »Ich habe ihn vor einiger Zeit zu erreichen versucht, um ihm davon zu erzählen, ich habe sogar die Verbindungen der Schweizer Regierung benutzt, aber nie eine Antwort erhalten.«
     
    Der Kongreß ging fast einen Monat lang weiter. Schlafentzug und vielleicht eine zu starke Abhängigkeit von Kava machten Art und Nirgal immer hagerer und benommener, bis Nadia bei Nacht erschien und sie zu Bett brachte. Sie schob sie auf Sofas und versprach, Zusammenfassungen der Bänder zu schreiben, die sie nicht durchgesehen hatten. Sie konnten in dem Raum schlafen und knurrten, wenn sie auf den schmalen Couchen aus Bambus und Schaumstoff herüber rollten. Eines Nachts stand Art plötzlich auf und sagte

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