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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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gesehen; und deren Geschichte war sicher wohlbekannt als einer der großen Mythen der Ersten Hundert - ein Mythos aus einer Zeit, da die Dinge einfacher gewesen waren und ausgeprägte Persönlichkeiten sich für klar definierte Themen einsetzen konnten. Jetzt war nichts mehr einfach; und als sich die alten Gegner inmitten dieser neuen gemischten Gruppe Auge in Auge trafen, lag eine besondere Elektrizität in der Luft, eine Mischung aus Nostalgie, Spannung und kollektivem dejä vu und einem Wunsch (gerade in ihrem Innern, dachte Nadia bekümmert), daß diese beiden irgendwie zu einer Versöhnung finden möchten, um ihrer selbst und ihrer aller willen.
    Aber da waren sie nun und standen im Zentrum der Menge. Ann hatte schon in der Welt mit ihrem Argument verloren, und das schien ihr Verhalten auszudrücken. Sie war bedrückt und fast desinteressiert. Die feurige Ann der berühmten Bänder war nirgends mehr zu sehen. Sie sagte: »Sobald die Oberfläche allgemein zugänglich ist« - sie sagte sobald, nicht falls -, »werden hier Milliarden sein. Solange, wie wir in Schutzräumen leben müssen, wird Logistik die Bevölkerung bei Millionen halten. Und das ist die Größe, die erforderlich ist, wenn man eine erfolgreiche Revolution anstrebt.« Sie zuckte die Achseln. »Wenn ihr es wolltet, könntet ihr das heute schaffen. Unsere Zufluchtsstätten sind verborgen, die der anderen aber nicht. Brecht sie auf! Sie haben niemanden, der zurückschießt. Sie sterben, ihr übernehmt. Terraformen beseitigt diesen Einfluß.«
    »Ich möchte kein Teil davon sein«, sagte Nadia prompt. Sie konnte nicht anders. »Du weißt, was es hieß, einundsechzig in den Städten zu leben.«
    Auch Hiroko war da. Sie saß beobachtend im Hintergrund und sprach jetzt zum ersten Mal: »Eine auf Genozid gegründete Nation ist nicht das, was wir wollen.«
    Ann zuckte die Achseln. »Du willst eine unblutige Revolution, aber das ist unmöglich.«
    »O doch!« sagte Hiroko. »Eine Seidenrevolution, eine Aerogelrevolution. Ein integraler Teil der Areophanie. Das ist es, was ich will.«
    »Okay«, sagte Ann. Mit Hiroko konnte niemand streiten. Das war unmöglich. »Aber selbst so wäre es leichter, wenn man eine lebensfähige Oberfläche hätte. Dieser Staatsstreich, von dem du sprichst - du solltest darüber nachdenken. Wenn du die Kraftwerke in den größeren Städten übernimmst und sagst: >Jetzt haben wir die Macht<, dann dürfte die Bevölkerung wohl notgedrungen zustimmen. Wenn aber Milliarden Menschen auf einer lebensfähigen Oberfläche sind und du einige Personen arbeitslos machst und erklärst, daß du die Macht hättest, dann würden die wahrscheinlich sagen: >Die Macht worüber?< und dich ignorieren.«
    »Dies«, sagte Sax langsam, »dies schlägt vor - übernehmen - während Oberfläche nicht lebensfähig. Dann Prozeß fortsetzen - als unabhängig.«
    »Sie werden dich haben wollen«, sagte Ann. »Wenn sie die Oberfläche offen sehen, werden sie kommen und dich holen.«
    »Nicht, wenn sie zusammenbrechen«, sagte Sax.
    »Die Transnationalen werden von Firmen beherrscht«, sagte Ann. »Denk daran!«
    Sax warf Ann einen prüfenden Blick zu, und anstatt über ihre Argumente hinwegzugehen, wie er es in den alten Debatten meist getan hatte, schien er sich im Gegenteil sehr stark darauf zu konzentrieren und beobachtete jeden ihrer Schachzüge, blinzelte, wenn er über ihre Worte nachdachte, und antwortete dann noch zögernder, als seine Sprechprobleme erklären würden. Bei seinem veränderten Gesicht hatte Nadia manchmal den Eindruck, als ob diesmal jemand anders diskutierte - nicht Sax, sondern ein Bruder von ihm, ein Tanzlehrer oder früherer Boxer mit einer gebrochenen Nase und einer Sprachbehinderung, der sich geduldig bemühte, die richtigen Worte zu finden und dabei oft Fehler machte.
    Und dennoch war der Effekt der gleiche. »Terraformung - unumkehrbar«, krächzte er. »Wäre taktisch - technisch - schwer - zu starten - zu stoppen. Bemühung gleich einem - gemacht. Und könnte nicht. Und - Umwelt kann - eine Waffe in unserem Fall sein - in unserem - Anliegen. Auf jeder Stufe.«
    »Inwiefern?« fragten verschiedene Leute, aber Sax erklärte sich nicht näher. Er konzentrierte sich auf Ann, die ihn mit eigenartiger Miene ansah, als ob sie verbittert wäre.
    Sie sagte: »Wenn wir auf dem Weg zur Lebensfähigkeit sind, dann stellt der Mars für die Transnationalen einen unglaublichen Wert dar. Vielleicht sogar ihre Rettung, wenn die Dinge dort unten

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