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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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auf der Erde wirklich schiefgehen. Sie können hierherkommen, die Macht übernehmen und ihre eigene neue Welt haben und die Erde zum Teufel gehen lassen. Wenn das geschieht, sind wir vom Glück verlassen. Ihr habt gesehen, was einundsechzig passiert ist. Ihnen stehen gigantische Militärkräfte zur Verfügung, und so werden sie ihre Macht hier behalten.«
    Sie zuckte die Achseln. Sax blinzelte, als er darüber nachdachte. Er nickte sogar. Nadia fühlte, wie ihr Herz sich verkrampfte, als sie die beiden ansah. Sie waren fast so leidenschaftslos, als ob es ihnen nichts ausmachte oder als ob die Teile von ihnen, welche das kümmerte, den Teilen, die das nicht taten, die Waage hielten. Beide schienen in ihren früher siebziger Jahren zu stehen, so daß Nadia, wenn sie sie anschaute und ihren eigenen nervösen Puls fühlte, kaum glauben konnte, daß sie jetzt über 120 zählten, unmenschlich alt und so ... verändert, irgendwie verschlissen, übersättigt, erschöpft - oder mindestens darüber hinaus, sich bei einem bloßen Wortwechsel übermäßig zu erregen.
    Sie wußten jetzt, welch geringe Bedeutung Worte in der Welt hatten. Und so schwiegen sie jetzt und sahen einander nur noch in die Augen, in einer Auseinandersetzung befangen, aus der fast jede Wut gewichen war.
    Aber andere glichen ihre Nachdenklichkeit mehr als aus, und die jüngeren Heißsporne gingen wie der Teufel darauf los. Für die jüngeren Roten war Terraformung nichts weiter als ein Teil des imperialen Vorgehens. Ann war im Vergleich mit ihnen gemäßigt. Sie griffen in ihrer Wut sogar Hiroko an. »Nenne das nicht Areoformung!« schrie sie eine an; und Hiroko sah gleichgültig diese große junge Frau an, eine blonde Walküre, die der Gebrauch des Wortes fast tollwütig machte. »Es ist Terraformung, was du meinst und tust. Es Areoformung zu nennen ist eine Lüge, bei der einem schlecht wird.«
    »Wir terraformen den Planeten«, sagte Jackie zu der Frau. »Aber der Planet areoformt uns.«
    »Und auch das ist eine Lüge!«
    Ann starrte Jackie wütend an und sagte: »Das hat dein Großvater vor langer Zeit zu mir gesagt, wie du vielleicht weißt. Aber ich warte immer noch darauf, was Areoformung bedeuten soll.«
    Jackie sagte zuversichtlich: »Das ist jedem passiert, der hier geboren wurde.«
    »Wieso? Du bist auf dem Mars geboren. Inwiefern bist du anders?«
    Jackie machte ein finsteres Gesicht und erwiderte: »Wie alle anderen Eingeborenen. Mars ist alles, was ich kenne und an dem mir liegt. Ich wurde in einer Kultur aufgezogen, die aus Zügen vieler unterschiedlicher irdischer Vorfahren besteht, vermischt zu einem neuen Marswesen.«
    Ann zuckte wieder die Achseln. »Ich sehe nicht, wie du so anders bist. Du erinnerst mich an Maya.«
    »Zum Teufel mit dir!«
    »Wie Maya sagen würde. Und das ist euer Areoformen. Wir sind menschlich und bleiben menschlich, ganz gleich, was John Boone gesagt hat. Er hat viel geredet, davon ist nichts je wahr geworden.«
    »Noch nicht«, sagte Jackie. »Aber der Prozeß wird verlangsamt, wenn er in den Händen von Leuten liegt, die seit fünfzig Jahren keinen neuen Gedanken gehabt haben.« Darüber lachten viele jüngere Leute. »Und die es gewohnt sind, in eine politische Diskussion willkürlich persönliche Beleidigungen einzuflechten.«
    So stand sie da und blickte Ann an. Sie wirkte ruhig und entspannt bis auf das Blitzen ihrer Augen, das Nadia wieder daran erinnerte, was für eine Macht Jackie war. Fast alle Eingeborenen standen hinter ihr. Daran gab es keinen Zweifel.
    Hiroko sagte zu Ann: »Wenn wir uns hier nicht verändert haben, wie erklärst du da die Roten? Wie erklärst du die Areophanie?«
    Ann zuckte die Achseln. »Es gibt eben Ausnahmen.«
    Hiroko schüttelte den Kopf. »In uns ist ein Geist des Ortes. Landschaft hat tiefe Effekte auf die menschliche Psyche. Du bist eine Studentin von Landschaften und eine Rote. Du mußt zugeben, daß das wahr ist.«
    Ann erwiderte: »Wahr für manche, aber nicht für alle. Die meisten Menschen empfinden diesen Geist des Ortes offenbar nicht. Eine Stadt gleicht sehr der anderen. In Wirklichkeit sind sie in jeder wichtigen Beziehung austauschbar. Also kommen Leute in eine Stadt, und was ist der Unterschied? Es gibt keinen. Darum denken sie nicht mehr an Zerstörung des Landes außerhalb der Stadt, als sie es auf der Erde getan haben.«
    »Man kann diesen Menschen beibringen, anders zu denken.«
    »Nein, ich glaube nicht, daß man das kann. Du hast sie zu spät erwischt.

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