Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars
die Arme.
Cojote sagte: »Ich scherze nicht!«
Sie schauten sich genau an. »Kein Wunder, daß du so schlau bist.« Er lachte vergnügt. »Ah ha ha ha! Krawumm! Ich hoffe, du bist ganz in Ordnung.«
»Sicher«, sagte Nirgal grinsend, aber unbehaglich. Er kannte Cojote nicht gut; und der Begriff Vater war für ihn noch vager als der von Mutter. Darum war er seiner Gefühle nicht ganz sicher. Genetisches Erbe, gewiß, aber was war das? Sie hatten alle irgendwo ihre Gene; und die Gene von Retortenkindern waren immer transgenisch oder so, sagte man.
Aber Cojote schien erfreut zu sein, obwohl er Hiroko auf hunderterlei Arten verfluchte. »Dieses Biest, dieser Tyrann! Matriarchie ist mir schnuppe! Sie ist verrückt! Ich staune über das, was sie alles macht. Obwohl darin eine gewisse Gerechtigkeit liegt. O ja; denn Hiroko und ich waren in grauer Vorzeit ein Team, als wir noch jung und in England waren. Das ist überhaupt der Grund, weshalb ich hier auf dem Mars bin. Ein blinder Passagier in ihrem Privatraum, mein ganzes verdammtes Leben lang.« Er lachte und klopfte Nirgal wieder auf die Schulter. »Nun, Junge, du wirst später erfahren, wie dir diese Idee gefällt.«
Er ging wieder los zum Tanzen und ließ Nirgal allein, um darüber nachzudenken. Während Nirgal Cojotes Drehungen zusah, konnte er nur den Kopf schütteln. Er wußte nicht, was er denken sollte, und im Moment war das Denken an sich schon äußerst schwierig. Lieber tanzen oder ins Bad gehen.
Aber sie hatten keine öffentlichen Bäder. Er lief auf dem Tanzboden rings umher und machte daraus eine Art Tanz. Später kehrte er zu dem gleichen Buckel zurück. Dann sammelte sich um ihn eine Schar der Einwohner und auch Cojote. »He, gefällt es dir, der Vater des Dalai Lama zu sein? Bekommst du dafür keinen Namen?«
»Zur Hölle mit dir, Mann! Wie ich schon sagte, Ann meint, sie haben das Graben dieser Moholes am fünfundsiebzigsten Breitengrad eingestellt, weil die Lithosphäre hier unten dünner ist.« Cojote nickte geheimnisvoll. »Ich möchte zu einem der aufgegebenen Moholes gehen und dessen Roboter wieder in Gang setzen und sehen, ob sie tief genug graben, um einen Vulkan anzubaggern.«
Alle lachten. Aber eine Frau schüttelte den Kopf. »Wenn du das tust, werden sie hier herunterkommen, um das zu prüfen. Wenn du so etwas vorhast, solltest du nach Norden gehen und eines der Moholes bei sechzig Grad in Angriff nehmen. Auch die sind außer Betrieb.«
»Aber Ann sagt, daß die Lithosphäre dort dicker ist.«
»Gewiß, aber die Moholes sind auch tiefer.«
»Hmmm«, machte Cojote.
Und die Unterhaltung ging zu ernsthafteren Themen über, zumeist die unvermeidlichen Knappheiten und die Entwicklungen im Norden. Aber als sie am Ende der, Woche Vishniac durch einen anderen und noch längeren Tunnel verließen, wandten sie sich nach Norden, und alle früheren Pläne Cojotes waren verflogen. »Das ist die Geschichte meines Lebens, Junge.«
In der fünften Nacht, da sie über die wirren Hochlande des Südens fuhren, verlangsamte Cojote den Rover und umrundete den Rand eines großen alten Kraters, der fast bis zum Niveau der ihn umgebenden Ebene abgetragen war. An einer Fehlstelle in dem alten Rand konnte man sehen, daß der sandige Kraterboden durch ein riesiges rundes schwarzes Loch gekennzeichnet war. So etwas mußte von der Oberfläche aus wohl wie ein Mohole aussehen. Ein Wölkchen aus dünnem Reif stand ein paar hundert Meter über dem Loch, wie durch einen Zaubertrick aus dem Nichts entstanden. Der Rand des Moholes war abgeschrägt, so daß ein Betonband trichterartig unter einem Winkel von etwa fünfundvierzig Grad nach unten führte. Es war schwer zu sagen, wie groß es war, weil es wegen des Moholes nur wie ein schmaler Streifen aussah. An seinem äußeren Rand war ein hoher Drahtzaun. »Hmm«, sagte Cojote und sah aus dem Fenster. Er setzte in dem Hohlweg zurück und parkte. Dann zog er einen Schutzanzug an. »Bald zurück«, sagte er und kletterte in die Schleuse.
Für Nirgal war es eine lange, sorgenvolle Nacht. Er schlief kaum und hatte am nächsten Morgen quälende Angst, als er Cojote vor der Schleuse des Wagens erscheinen sah, kurz vor sieben Uhr, als die Sonne sich gerade anschickte aufzugehen. Er wollte sich schon über die Länge von Cojotes Verschwinden beklagen. Als der aber hereinkam und den Helm abnahm, war deutlich, daß er in schlechter Stimmung war. Während sie den Tag über so da saßen, tastete Cojote in einer intensiven
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