Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars
veranlaßte: Je größer der aufschlagende Körper, desto weniger von ihm überlebte den Aufprall. So war in diesem Fall fast jedes Stück in dem kataklysmischen Stoß verdampft, obwohl sich unter dem Krater Gledhill ein kleiner Bolide befand, den einige Areologen für höchstwahrscheinlich das Überbleibsel des Planetesimals hielten, vielleicht ein Zehntausendstel des Originals oder noch weniger. Sie erklärten, daß er alles an Eisen und Nickel liefern würde, das sie jemals benötigen würden, falls sie sich die Mühe machen möchten, danach zu graben.
»Ist das zu machen?« fragte Maya.
»Eigentlich nicht. Es ist billiger, die Asteroiden auszubeuten.«
Was ja auch geschah, dachte Maya finster. Ein Gefängnisurteil bedeutete jetzt unter dem jüngsten UNTA-Regime Jahre im Asteroidengürtel auf den streng eingegrenzten Bergwerksschiffen und Robotern.
Wirksam, wie die Übergangsbehörde sagte. Gefängnisse, die zugleich weit entfernt und profitabel waren.
Aber Diana dachte immer noch an die grauenhafte Entstehung des Beckens. Der Aufprall hatte vor etwa dreieinhalb Milliarden Jahren stattgefunden, als die Lithosphäre des Planeten dünner gewesen war und sein Inneres heißer. Die durch das Ereignis freigesetzten Energien konnte man sich schwer vorstellen. Die im Laufe ihrer ganzen Geschichte von den Menschen erzeugte Energie war im Vergleich damit ein Nichts. Und die resultierende vulkanische Aktivität war beträchtlich gewesen. Um Hellas herum gab es eine Anzahl alter Vulkane, die kurz nach dem Aufprall entstanden waren, einschließlich Australis Tholus im Südwesten, Amphitrites Patera im Süden und Hadriaca Patera und Tyrrhena Patera im Nordosten. Man hatte festgestellt, daß alle diese vulkanischen Gebiete in ihrer Nähe Reservoire an flüssigem Wasser hatten.
Zwei dieser Wasserspeicher waren in alten Zeiten an die Oberfläche durchgebrochen und hatten auf dem Osthang des Beckens zwei typische sinusförmige, von Wasser ausgehöhlte Täler hinterlassen: Dao Vallis auf dem welligen abfallenden Gebiet von Hadriaca Patera und weiter südlich ein zusammenhängendes Paar von Tälern, das sogenannte Harmakhis-Reull-System, das sich mehr als tausend Kilometer hinzog. Die Wasserreservoire oberhalb dieser Täler waren seit ihren Ausbrüchen im Laufe von Äonen wieder aufgefüllt worden; und jetzt hatten große Bautrupps Dao überkuppelt und arbeiteten an Harmakhis-Reull. Sie ließen das Wasser aus den Reservoiren die langen eingeschlossenen Canyons zu Auslässen am Boden des Beckens herunterfließen. Maya war an diesen großen Vermehrungen der bewohnbaren Oberfläche höchst interessiert; und Diana, die damit gut Bescheid wußte, beabsichtigte, sie mitzunehmen und einige Freunde in Dao zu besuchen.
Ihr Zug fuhr den ganzen ersten Tag über den Nordrand von Hellas, wobei fast ständig das Eis auf dem Boden des Beckens in Sicht war. Sie passierten eine kleine, am Berghang gelegene Stadt namens Sebastopol, deren Steinwände am Nachmittag in florentinischem Gelb leuchteten. Danach kamen sie zu Hell's Gate, dem >Höllentor< am unteren Ende von Dao Vallis. Sie verließen spät am Nachmittag den Bahnhof von Hell's Gate heraus und schauten auf eine große neue Kuppelstadt hinunter, die unter einer riesigen Hängebrücke lag. Diese Brücke trug die Bahnstrecke und die Piste und überspannte Dao Vallis von der Canyonöffnung an, so daß ihre Türme mehr als zehn Kilometer voneinander entfernt waren. Vom Rand des Canyons an der Brücke, wo sich der Bahnhof befand, konnten sie in die sich erweiternde Mündung des Canyons bis zum Boden des Beckens hinunterschauen, über dem eine Gruppe zerzauster, stellenweise von der Sonne beleuchteter Wolken schwebte. In der anderen Richtung konnte man weit in die steile und enge Welt des eigentlichen Canyons hinaufblicken. Als sie auf einer Straße mit Stufen und Zickzackkehren in die Stadt hinuntergingen, war die neue Kuppel über dem Canyon nur als ein roter Dunst zusätzlich zur Farbe des Abendhimmels zu erkennen, was durch feine Staubablagerungen auf der Kuppel selbst zustande kam.
»Wir werden uns morgen auf der Randstraße stromaufwärts begeben, um einen Überblick zu bekommen«, sagte Diana. »Dann kommen wir auf dem Canyonboden zurück, damit du sehen kannst, wie es ist, sich hier zu befinden.« Sie gingen die Straße hinunter, die siebenhundert Stufen hatte. In der Innenstadt von Hell's Gate gingen sie spazieren und speisten. Dann stiegen sie wieder zum Büro von Deep Waters
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