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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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hinauf, das auf der Talwand gleich unter der Brücke lag. Sie blieben dort in Zimmern. Am nächsten Morgen gingen sie zu einer Garage am Bahnhof und liehen einen kleinen Rover der Firma.
    Diana übernahm das Lenkrad und fuhr sie nach Nordosten hinunter, parallel zum Canyonrand auf einer Straße, die dicht bei dem massiven Betonfundament für die Kuppel des Canyons verlief. Obwohl die Gewebe so transparent waren, daß man sie kaum sah, bedeutete das bloße Gewicht des Dachs für den Anker eine starke Beanspruchung. Der Betonblock des Fundaments versperrte ihnen die Sicht in den Canyon selbst; und als sie dann zum ersten Aussichtspunkt kamen, hatte Maya seit Hell's Gate nicht mehr hineingesehen. Diana fuhr auf einen kleinen Parkplatz auf dem breiten Fundament. Sie parkten, setzten Helme auf und stiegen aus dem Wagen. Dann gingen sie eine Holztreppe hinauf, die freischwebend in den Himmel zu reichen schien, obwohl man bei näherem Zusehen erkannte, daß der klare Aerogelbalken die Treppe trug und danach die Schichten der Kuppel, die sich von ihren Trägern zu anderen hin erstreckten, die man nicht sehen konnte. Am oberen Ende der Treppe war eine kleine Plattform mit Geländer, die einen Blick auf den Canyon viele Kilometer weit stromaufwärts und stromabwärts eröffnete.
    Und es war wirklich ein Strom zu sehen. Der Boden von Dao Vallis hatte in der Mitte einen Fluß. Der Canyonboden war grün gefleckt, oder, um genauer zu sein, mit einer Sammlung von Grün. Maya identifizierte Tamarisken, dreiblättrige Pappeln, Espen, Zypressen, Sykomoren, Zwergeichen, Schneebambus - und dann auf dem steilen Vorfeld und den steinigen Hängen am Fuß der Canyonwände mannigfaltiges Buschwerk und niedrige Kletterpflanzen und natürlich Riedgras, Moos und Flechten. Und durch dies ganze erlesene Arboretum strömte ein Fluß.
    Das war kein blauer Strom mit weißen Katarakten. Das Wasser in den langsameren Abschnitten war trübe und rostfarben. In den Stromschnellen und Wasserfällen bildete es rosigen Schaum. Klassische Marsfarben, die, wie Diana sagte, durch den Grus bewirkt wurden, der wie glazialer Schlick im Wasser schwebte - und auch durch die reflektierte Farbe des Himmels, die inzwischen eine Art verschwommener Malventönung angenommen hatte und um die verschleierte Sonne herum lavendelfarben wurde, so gelb wie die Iris eines Tigerauges.
    Aber ganz gleich, welche Farbe das Wasser hatte, es war ein fließender Strom in einem offensichtlich durch Wasser gebildeten Tal, friedlich an manchen Stellen, wild bewegt an anderen, mit Kiesfurten, Sandbänken, quirligen Abschnitten und bröckligen Inselbögen, hier eine tiefe träge U-förmige Schleife, dann viele Stromschnellen und weit stromaufwärts einige kleine Katarakte. Man konnte erkennen, wie unter dem höchsten Wasserfall der Gischt von Rot fast zu Weiß wurde und weiße Flecken flußabwärts getrieben wurden, um an Felsblöcken und Baumstümpfen hängen zu bleiben, die vom Ufer hereinragten.
    »Dao River«, sagte Diana. »Von den Leuten, die hier wohnen, auch Rubinfluß genannt.«
    »Wie viele sind es?«
    »Einige tausend. Die meisten leben ziemlich nahe von Hell's Gate. Stromaufwärts gibt es Familienanwesen und dergleichen. Und dann natürlich die Station des Wasserreservoirs, wo ein paar hundert von ihnen arbeiten.«
    »Ist es eines der größten Reservoire?«
    »Ja. Ungefähr drei Millionen Kubikmeter Wasser. Also pumpen wir es in fließendem Tempo heraus. Du siehst es hier. Ungefähr hunderttausend Kubikmeter jährlich.«
    »Also gibt es in dreißig Jahren keinen Fluß mehr?«
    »Allerdings. Obwohl sie einiges Wasser wieder in einer Röhre hochpumpen und dann wieder freilassen.
    Oder wer weiß - wenn die Atmosphäre feucht genug wird, könnten die Flanken von Hadriaca eine hinreichend große Schneedecke ansammeln, daß sie als Wassereinzugsgebiet dienen würde. Dann würde der Fluß mit den Jahreszeiten schwanken, aber das tun Flüsse ja sowieso, nicht wahr?«
    Maya blickte auf die Szene hinunter, die so sehr wie etwas aus ihrer Jugendzeit aussah, wie irgendein Fluß ... Der obere Rioni in Georgien? Der Colorado, den sie einmal bei einem Amerikabesuch gesehen hatte? Sie konnte sich nicht erinnern. Das ganze Leben damals war so undeutlich. »Es ist schön. Und so... « Sie schüttelte den Kopf. Das Bild hatte eine Eigenschaft, die sie nie gesehen zu haben glaubte, als ob es außerhalb der Zeit läge, ein prophetischer Blick in eine ferne Zukunft.
    »Hier, laß uns die Straße ein

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