Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars
kaute weiter.
Als sie fertig war, fragte sie: »Woran arbeitest du?«
»Teile für Sax. Unter anderem Biokeramik.«
»Für Biotique?«
»Für eine Schwestergesellschaft. Sie stellt >Meeresmuscheln< her.«
»Was?«
»Das ist der Name der Gesellschaft, eine andere Abteilung von Praxis.«
»Da wir gerade von Praxis sprechen...« Sie sah ihn an.
»Ja. Sax braucht diese Teile ziemlich dringend.«
»Für Waffen?«
»Ja.«
Sie schüttelte den Kopf. »Kannst du ihn einige Zeit im Zaum halten?«
»Ich kann es versuchen.«
Sie sahen zu, wie das Sonnenlicht sich aus dem Himmel zurückzog und wie eine Flüssigkeit nach Westen lief. Hinter ihnen gingen in den Bäumen über dem Markt Lichter an, und die Luft wurde kühl. Maya fühlte sich dankbar, daß ein alter Freund neben ihr saß, in behaglichem Schweigen. Spencers Verhalten ihr gegenüber stand zu Sax in starkem Kontrast. In seiner Freundlichkeit lag seine Entschuldigung für seine Beschuldigungen im Wagen nach Kasei Vallis und seine Verzeihung dessen, was sie Phyllis angetan hatte. Das schätzte sie ... Und auf jeden Fall war er einer von der Urfamilie; und es war schön, das bei einem weiteren Unternehmen zu haben. Ein neuer Anfang, eine neue Stadt, ein neues Leben - wieviel war das jetzt?
»Hast du Frank sehr gut gekannt?« fragte sie.
»Eigentlich nicht. Nicht so, wie du und John ihn kannten.«
»Denkst du... denkst du, er könnte mit der Ermordung Johns etwas zu tun gehabt haben?«
Spencer blickte weiter auf das blaue Eis am schwarzen Horizont. Endlich nahm er die Retsinaflasche von der Bank neben ihr und trank. »Spielt das jetzt noch eine Rolle?«
S ie hatte viele der frühen Jahre im Hellasbecken gearbeitet. Sie war überzeugt gewesen, daß dessen tiefe Lage es zu einem naheliegenden Platz für Besiedlung machen würde. Inzwischen war das Land oberhalb der -1-Kilometerlinie stellenweise rund um das Becken besiedelt an Stellen, bei deren Erkundung sie unter den ersten gewesen war. Sie hatte ihre alten Aufzeichnungen darüber in ihrem Computer und machte sich jetzt als Ludmilla Novosibirskaya daran, sie zu benutzen.
Ihr Arbeitsplatz war bei der hydrologischen Gesellschaft, die das Becken flutete. Das Team war Teil eines Konglomerates von Organisationen, die das Becken entwickelten, darunter die Ölkompanien der Schwarzmeer-Wirtschaftsgruppe, der russischen Gesellschaft, die versucht hatte, das Kaspische Meer und den Aralsee wiederzubeleben, und die Firma >Deep Waters<, die im Besitz von Praxis war. Zu Mayas Aufgaben gehörte die Koordinierung der vielen hydrologischen Arbeiten in der Region. Darum war sie wieder dazu gekommen, das Herz des Hellasprojekts zu sehen, genau wie in den alten Tagen, als sie die treibende Kraft hinter dem ganzen Ding gewesen war. Das war in verschiedener Hinsicht und manchmal sogar auf seltsame Weise befriedigend. Zum Beispiel wurde ihre Stadt Low Point (eine irrtümliche Platzwahl, wie sie zugeben mußte) jeden Tag tiefer unter Wasser gesetzt. Es war hübsch, die Vergangenheit zu ertränken ...
Also hatte sie ihre Arbeit und ihr Apartment, das sie mit gebrauchten Möbeln, Küchenzubehör und Topfpflanzen füllte. Und Odessa erwies sich als eine angenehme Stadt. Sie war grundsätzlich aus gelbem Stein und braunen Ziegeln erbaut und an einer Stelle des Beckenrandes gelegen, die sich mehr als üblich einwärts krümmte, so daß jeder Teil der Stadt auf das Zentrum der trockenen Wasserfront blickte und jeder Teil einen großartigen Ausblick über das Becken nach Süden hatte. Die unteren Distrikte waren Läden, Geschäften und Parks gewidmet, und die höheren waren Wohngebiete mit Gärten. Die Stadt lag knapp über 30° südlicher Breite. Darum war sie jetzt vom Herbst in den Frühling gekommen, wobei die große heiße Sonne auf die abgestuften Straßen der oberen Stadt schien und den Schnee des Winters vom Rand der Eismassen wegschmolz und den Gipfeln des Hellespontus-Gebirges am westlichen Horizont. Eine hübsche kleine Stadt.
Und ungefähr einen Monat nach ihrer Ankunft kam Michel von Sabishii herunter und übernahm das Apartment gleich neben ihrem. Auf ihre Bitte hin richtete er eine Verbindungstür zwischen ihren Wohnzimmern ein, und danach gingen sie zwischen den beiden Apartments hin und her, als wäre es eines, und lebten in einer ehelichen Gemeinschaft, die Maya noch nie erfahren hatte, eine Normalität, die sie sehr erholsam fand. Sie liebte Michel nicht leidenschaftlich; aber er war ein guter Freund, ein guter
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