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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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dasaß und den ergreifenden melancholischen Tangos lauschte. Was ist die Motivation dieser metanationalen Herrscher? Aber sie konnte sein zynisches Grinsen sehen aus den Jahren, da sie ihn gekannt hatte. Reiche haben lange Halbwertszeiten, hatte er ihr gegenüber einmal bemerkt. Und die Idee des Imperiums hat die längste Halbwertszeit von allen. Darum saßen da Leute herum und versuchten noch, Dschingis Khan zu sein und die Welt ohne Rücksicht auf die Kosten zu regieren - leitende Angestellte in den Metanationalen, Anführer in der Gruppe der Elf, Generale in den Armeen ...
    Nun hatte die Erde, wie ihr mentaler Frank ruhig und brutal zu verstehen gab, eine begrenzte Fassungskraft. Die Menschen hatten sie überzogen. Viele würden deshalb sterben. Das wußte ein jeder. Der Kampf um Rohstoffe war entsprechend verbissen. Die Kämpfer waren völlig rational. Aber verzweifelt.
    Die Musiker spielten weiter. Ihre schroffe Nostalgie war im Verlauf der Monate noch bitterer geworden, und der lange Winter kam; und sie spielten im schneeigen Dämmerlicht, während sich die ganze Welt verdunkelte, entre chien et loup. In diesem so kleinen und mutigen Bandoniongewinsel, in diesen leichten Melodien, die allen entgegentönten, war normales Leben, an das man sich hartnäckig klammerte in einem Lichtfleck unter Bäumen mit kahlen Zweigen.
    Diese Besorgnis war ihr so vertraut. So hatte man sich in den Jahren vor '61 gefühlt. Obwohl sie sich nicht an irgendwelche einzelnen Ereignisse und Krisen der letzten Vorkriegsperiode erinnern konnte, konnte sie sich dennoch jenes Gefühls entsinnen, als ob es durch einen vertrauten Geruch angeregt würde. Wie nichts eine Rolle zu spielen schien, wie selbst die besten Tage blaß und kühl waren unter den schwarzen Wolken, die sich im Westen zusammenballten. Wie die Freuden der Stadt eine groteske verzweifelte Schärfe gewannen. Alle saßen sozusagen mit dem Rücken zur Bar und taten ihr Bestes, um einem Gefühl von Einschränkung und Hilflosigkeit entgegenzuwirken. O ja, das war echtes dejä vu.
     
    Wenn sie dann durch Hellas reisten und mit Gruppen des Freien Mars zusammenkamen, war Maya den Leuten dankbar, die kamen und sich bemühten zu glauben, daß ihre Aktionen einen Unterschied bewirken könnten, selbst angesichts des großen Wirbels, der sich unter ihnen drehte. Maya erfuhr von ihnen, daß Nirgal, wohin er kam, offenbar gegenüber den anderen Eingeborenen darauf beharrte, daß die Lage auf der Erde für ihr eigenes Schicksal kritisch wäre, so groß die Entfernung auch scheinen mochte. Und das hatte Wirkung. Jetzt waren die Leute, die zu den Versammlungen kamen, voll von Nachrichten über Consolidated, Amexx und Subarashii und die jüngsten neuen Einfälle der UNTA-Polizei in das Gebirge des Südens, welche dazu gezwungen hatten, Overhangs und viele versteckte Zufluchtsstätten aufzugeben. Der Süden wurde entleert. Alle, die sich versteckt gehalten hatten, strömten nach Hiranyagarbha, Odessa oder in die Canyons von Ost-Hellas.
    Einige der jungen Eingeborenen, die Maya traf, schienen zu denken, daß die Aneignung des Südens durch die UNTA im Grunde gut wäre, da sie den Countdown auslösen würde. Sie wandte sich sofort gegen solche Auffassungen und sagte ihnen: »Es sind nicht sie, die den Zeitplan bestimmen dürften. Das liegt bei uns, und wir müssen auf unseren Augenblick warten. Und dann alle zusammen handeln. Wenn ihr das nicht einseht...«
    Dann seid ihr Narren!
    Aber Frank hatte bei seinen Auftritten immer wild um sich geschlagen. Diese Leute brauchten etwas mehr - oder, um genauer zu sein, sie verdienten etwas mehr. Etwas Positives, etwas, das-sie ebenso zog wie antrieb. Frank hatte das auch gesagt, aber selten danach gehandelt. Sie mußten verführt werden wie die nächtlichen Tänzer an der Corniche. Wahrscheinlich waren diese Menschen an allen anderen Abenden der Woche draußen bei der Promenade an der Wasserfront. Und Politik mußte etwas von jener erotischen Energie hinzugewinnen, sonst handelte es sich nur um ressentiment und Schadensbegrenzung.
    Also verführte Maya sie. Sie tat es selbst dann, wenn sie besorgt, erschrocken oder in schlechter Stimmung war. Sie stand zwischen ihnen und dachte an Sex mit diesen großen geschmeidigen jungen Männern; und dann setzte sie sich in ihrer Mitte hin und stellte ihnen Fragen. Sie sah ihnen in die Augen, ihnen, die so groß waren, daß sie, wenn sie auf einem Tisch saß, mit ihnen in Augenhöhe war, wenn sie auf Stühlen saßen.

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