Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars
Sie verwickelte sie in eine Konversation, die so vertraulich und vergnüglich war, wie sie es nur machen konnte. Was verlangten sie vom Leben, vom Mars? Oft lachte sie laut auf bei ihren Antworten, überrascht durch ihre Harmlosigkeit oder ihren Witz. Sie hatten selbst schon von Marsbildern geträumt, die radikaler waren als alles, an das Maya glauben konnte. Von einem Mars, der wirklich unabhängig war, gleichmacherisch, gerecht und fröhlich. Und in mancher Weise hatten sie diese Träume schon verwirklicht. Viele von ihnen hatten jetzt ihre kleinen Bauten zu geräumigen kommunalen Apartments umgestaltet; und sie arbeiteten in ihrer alternativen Wirtschaft, die immer weniger Verbindung mit der Übergangsbehörde oder den Metanationalen hatte - einer Ökonomie, die beherrscht wurde von Marinas Öko-Ökonomie und Hirokos Areophanie, von den Sufis und Nirgal und diesem vagabundierenden Zigeunerregiment der Jungen. Sie hatten das Gefühl, für immer zu leben. Sie fühlten sich in einer Welt sinnlicher Schönheit. Ihre Gefangenschaft in Kuppeln war normal, aber nur ein Übergang. Eine Geborgenheit in warmen mesokosmischen Mutterschößen, auf die unausweichlich ihr Hinaustreten auf eine freie lebendige Oberfläche folgen würde - durch ihre Geburt, jawohl!
Sie waren embryonische Are-urgen, um Michels Ausdruck zu gebrauchen, junge Götter, die ihre Welt betrieben und wußten, daß sie frei werden sollten, und zuversichtlich waren, dahin zu kommen, und zwar bald.
Es kamen schlechte Nachrichten von der Erde, und der Besuch der Versammlungen stieg an. Und in diesen Meetings herrschte keine Stimmung von Angst, sondern von Entschlossenheit wie in der Miene von Frank auf dem Foto über ihrer Spüle. Ein Kampf zwischen den früheren Verbündeten Armscor und Subarashii um Nigeria führte zum Einsatz biologischer Waffen (beide Seiten lehnten die Verantwortung ab), so daß Menschen, Tiere und Pflanzen in Lagos und seiner Umgebung von schrecklichen Krankheiten heimgesucht wurden. In den Versammlungen jenes Monats sprachen die jungen Leute wütend und mit blitzenden Augen vom Mangel jeder Gesetzlichkeit auf der Erde, dem Fehlen jeglicher Autorität, der man vertrauen könnte. Die metanationale Weltordnung war zu gefährlich, als daß man ihr gestatten dürfe, den Mars zu beherrschen!
Maya ließ sie eine Stunde lang reden, ehe sie etwas anderes sagte als: »Ich weiß.« Und ob sie es wüßte! Ihr kamen fast die Tränen, wenn sie sah, wie entsetzt sie über Ungerechtigkeit und Grausamkeit waren. Dann nahm sie die Punkte der Erklärung von Dorsa Brevia einzeln vor und schilderte, wie ein jeder ausdiskutiert war und was er besagte und wie sich seine Verwirklichung in der realen Welt für ihr Leben auswirken würde. Die jungen Leute wußten darüber mehr als sie; und diese Teile der Diskussion feuerten sie mehr an als alles Jammern über die Erde. Weniger besorgt und mehr begeistert. Und bei dem Versuch, eine auf die Deklaration gegründete Zukunft zu schildern, brachte sie sie oft zum Lachen. Lustige Szenarien einer kollektiven Harmonie, alle zufrieden und glücklich. Sie kannten die ärgerliche gedrängte Realität ihrer gemeinsamen Apartments, und so war es wirklich lustig. Das Licht in den Augen lachender junger Marsmenschen - selbst Maya, die nie lachte, fühlte, wie ein leichtes Lächeln die unsichtbare Karte von Runzeln veränderte, die ihr Gesicht darstellte.
So pflegte sie dann die Versammlung zu beenden in dem Gefühl, daß eine gute Arbeit geleistet worden war. Wozu nützte schließlich eine Utopie ohne Freude? Was war der Sinn all ihres Bemühens, wenn es nicht das Lachen der Jungen einschloß? Dies war es, was Frank nie begriffen hatte, zumindest nicht in seinen späteren Jahren. Und so würde sie Spencers Sicherheitsmaßnahmen aufgeben und die Leute bei den Meetings aus ihren Zimmern führen, hinab zu den trockenen Küsten oder in Parks oder Cafes, um spazierenzugehen oder zu trinken oder ein spätes Mahl zu sich zu nehmen, in dem Gefühl, daß sie einen der Schlüssel zur Revolution gefunden hatte, einen Schlüssel, von dessen Existenz Frank nie gewußt, sondern sie nur vermutet hatte, wenn er John ansah.
»Natürlich«, sagte Michel, als sie nach Odessa zurückkehrte und versuchte, ihm davon zu erzählen. »Aber Frank hat überhaupt nicht an Revolution geglaubt. Er war ein Diplomat, ein Zyniker, ein Konterrevolutionär. Freude lag nicht in seinem Wesen. Für ihn war alles Schadensbegrenzung.«
Aber Michel war mit ihr
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