Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars
Stunde, während der alle auf der Corniche schweigend dastanden und beobachteten, in einer Erstarrung befangen, die erst nachließ, als die Flut gefroren und die Dämmerung vorbei war. Dann ertönten plötzlich wieder menschliche Stimmen und elektrische Musik aus einem Cafe weiter unten. Lachen klang auf. Maya ging in prickelnder Laune an die Bar und bestellte Champagner für den Tisch. Denn mit einemmal war ihre Stimmung im Einklang mit den Ereignissen; und sie war geneigt, den bizarren Anblick ihrer entfesselten Kräfte zu feiern, die sich draußen in der Gegend zu allgemeiner Besichtigung darboten. Sie brachte einen Trinkspruch für das ganze Cafe aus:
»Auf das Hellasmeer und alle Seeleute, die darauf fahren werden, Eisbergen und Stürmen trotzend, um die andere Küste zu erreichen!«
Alle stießen Hochrufe aus; und die Menschen längs der ganzen Corniche griffen es auf und jubelten auch in wilder Erregung. Die Zigeunerkapelle stimmte die Tangoversion eines Shantys an, und Maya fühlte, wie das kleine Lächeln die steife Haut ihrer Wangen für den ganzen Rest des Abends lockerte. Selbst eine lange Diskussion über die Möglichkeit einer neuen Flut, die den Schutzdeich von Odessa überspülen könnte, konnte das Lächeln nicht von ihrem Gesicht verscheuchen. Unten im Büro hatten sie die Möglichkeiten wirklich sehr genau berechnet, und jedes Überschwappen, wie sie es nannten, war unwahrscheinlich oder sogar unmöglich. Odessa würde nichts passieren.
Aber aus der Ferne kamen Nachrichten, die sie erschütterten. Auf der Erde hatten die Kriege in Nigeria und Azania einen schweren weltweiten Konflikt zwischen Armscor und Subarashii ausgelöst. Christliche, islamische und hinduistische Fundamentalisten sahen sich gezwungen, die Langlebigkeitsbehandlung für ein Werk Satans zu erklären. Viele Nichtbehandelte traten diesen Bewegungen bei, übernahmen lokale Regierungen und führten direkte Massenangriffe gegen die metanationalen Maßnahmen in ihrem Bereich durch. Inzwischen versuchten alle großen Metanationalen, die UN wieder zum Leben zu erwecken und als Alternative zum Weltgerichtshof zu propagieren. Viele der größten metanationalen Klienten und jetzt auch die Elfergruppe machten dabei mit. Michel hielt das für einen Sieg, da es wieder die Angst vor dem Weltgerichtshof anzeigte. Und er sagte, jede Stärkung einer internationalen Körperschaft wie der UN wäre besser als nichts. Aber jetzt waren zwei konkurrierende Schlichtungssyteme in Kraft, von denen das eine durch die Metanationalen kontrolliert wurde, was es leichter machte, demjenigen zu entgehen, das einem nicht gefiel.
Und auf dem Mars standen die Dinge nicht viel besser. Die UNTA-Polizei trieb sich im Süden herum, ungehindert, außer durch gelegentliche überraschende Explosionen bei ihren Robotfahrzeugen; und Prometheus war das letzte versteckte Sanktuarium, das entdeckt und geschlossen worden war. Von all den großen Verstecken blieb nur Vishniac verborgen. Dort hatte man sich schlafend gestellt, um so durchzuhalten. Das Südpolgebiet war nicht mehr ein Teil des Untergrunds.
In dieser Lage war es nicht überraschend, wie erschreckt manchmal die Leute waren, die zu den Versammlungen kamen. Es gehörte Mut dazu, bei einem Untergrund mitzumachen, der sichtlich schrumpfte wie die Minus-Eins-Insel. Maya nahm an, daß die Menschen durch Ärger, Empörung und Hoffnung dazu getrieben wurden. Aber sie hatten auch Angst. Es gab keine Gewißheit, daß diese Bewegung etwas würde ausrichten können.
Und es wäre leicht, einen Spion in diese neu Hinzukommenden einzuschleusen. Maya fand es manchmal schwer, ihnen zu vertrauen. Konnten sie alle das sein, was sie zu sein vorgaben? Es war einfach unmöglich, dessen sicher zu sein. Eines Abends begegnete sie einem jungen Mann, dessen Aussehen ihr nicht gefiel; und nach dem Meeting, das ohne Höhepunkte verlief, war sie mit Spencers Freunden gleich ins Apartment gegangen und hatte Michel davon erzählt. Der sagte: »Mach dir keine Sorge!«
»Was meinst du damit, keine Sorge?«
Er zuckte die Achseln. »Die Mitglieder beobachten sich gegenseitig ständig. Sie bemühen sich darum, alle miteinander bekannt zu sein. Und Spencers Team ist bewaffnet.«
»Das hast du mir nie gesagt.«
»Ich dachte, du wüßtest es.«
»Mach schon! Du kannst mich nicht für dumm verkaufen.«
»Das tue ich nicht, Maya. Jedenfalls ist das alles, was wir tun können, falls wir uns nicht völlig verstecken.«
»Das schlage ich nicht
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