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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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vor. Hältst du mich etwa für feige?«
    Michel machte ein saures Gesicht und sagte etwas auf französisch. Dann holte er tief Luft und schleuderte ihr einen seiner französischen Flüche entgegen. Maya bemerkte aber, daß er das vorsätzlich tat. Er war zu der Ansicht gekommen, daß die Streitigkeiten für sie gut wären und kathartisch für ihn, so daß man sie, falls unvermeidlich, als eine Art therapeutischer Methode fortsetzen könnte. Das war für Maya unerträglich. Ohne weiter zu überlegen, ging sie in die Küche, nahm einen kupfernen Topf und schwang ihn gegen ihn. Er war so überrascht, daß es ihm kaum gelang, ihn wegzustoßen.
    Er brüllte: »Putaine! Pourquoi ce ga? Pourquoi?«
    »Ich will nicht gönnerhaft behandelt werden«, sagte sie, darüber befriedigt, daß er jetzt richtig wütend war, aber auch selbst rasend. »Du verdammter Seelenklempner, wenn du in deinem Job nicht so schlecht wärst, hätten die Ersten Hundert nicht so durchgedreht, und diese Welt wäre nicht so im Eimer. Das ist alles deine Schuld.« Und sie schlug die Tür zu und ging ins Cafe, um darüber zu brüten, wie schrecklich es war, einen Schrumpfkopf als Partner zu haben, aber auch über ihr häßliches Benehmen, daß sie so schnell die Beherrschung verloren hatte und ihn angegriffen hatte. Diesmal kam er nicht herunter, um ihr Gesellschaft zu leisten, obwohl sie bis zum Ladenschluß dort sitzen blieb.
    Und dann, kurz nachdem sie heimgekommen war, sich auf die Couch gelegt hatte und eingeschlafen war, klopfte es an der Tür schnell und zart auf eine sofort erschreckende Weise. Michel rannte hin und sah durch das Guckloch. Es war Marina.
    Marina setzte sich gewichtig neben Maya auf die Couch und sagte, während sie zitternd ihre Hände hielt: »Sie haben Sabishii erobert. Sicherheitstruppen. Hiroko und ihr ganzer innerer Kreis waren da zu Besuch und auch alle aus dem Süden, die seit Beginn der Überfälle hergekommen waren. Und auch Cojote. Sie alle waren dort. Auch Nanao, Etsu und alle Issei... «
    »Haben sie sich nicht gewehrt?« fragte Maya.
    »Sie haben es versucht. Am Bahnhof wurden etliche Leute getötet. Das hat sie gehemmt; und ich denke, daß einige in das Labyrinth der Moholehalde gelangt sind. Aber sie haben das ganze Gebiet abgesperrt und sind durch die Kuppelwände eingedrungen. Es war genau wie einundsechzig in Cairo. Das schwöre ich.«
    Plötzlich fing sie an zu weinen. Maya und Michel setzten sich zu beiden Seiten von ihr hin. Sie hielt die Hände vors Gesicht und stöhnte. Das war für die gewöhnlich so starke Marina so ungewöhnlich, daß die Realität ihrer Mitteilung betroffen machte.
    Marina setzte sich auf und wischte sich Augen und Nase. Michel gab ihr ein Taschentuch. Sie fuhr ruhig fort: »Ich fürchte, daß viele von ihnen getötet worden sind. Ich war mit Vlad und Ursula draußen in einer jener entfernten Steinblockklausen. Wir blieben dort drei Tage lang, gingen dann zu einer versteckten Garage und entkamen in Felswagen. Vlad ging nach Burroughs und Ursula nach Elysium. Wir versuchen, so viele der Ersten Hundert zu benachrichtigen, wie wir können. Besonders Sax und Nadia.«
    Maya stand auf, zog sich an, ging dann durch den Gang und klopfte bei Spencer an die Tür. Dann ging sie wieder in die Küche und setzte Teewasser auf, wobei sie es vermied, das Bild von Frank anzuschauen, der ihr zusah und sagte: Ich habe es dir gesagt. So pflegt das zu geschehen. Maya kam mit den Teetassen ins Wohnzimmer und sah, wie ihre Hände zitterten, daß ihr die heiße Flüssigkeit über die Finger floß. Michels Gesicht war blaß und verschwitzt, und er hörte überhaupt nichts von dem, was Marina sagte. Natürlich - wenn Hirokos Gruppe dort gewesen war, hatten sie seine ganze Familie erwischt, entweder gefangen oder getötet.
    Maya verteilte die Teetassen; und als Spencer hereinkam und man ihm die Geschichte erzählt hatte, nahm Maya ein Kleid und legte es Michel über die Schultern und schämte sich sehr für den jämmerlichen Zeitpunkt ihrer Attacke gegen ihn. Sie setzte sich neben ihn, tätschelte seinen Schenkel und versuchte, ihm durch die Berührung mitzuteilen, daß sie da war, daß sie auch seine Familie war und daß alle ihre Spiele vorbei waren, soweit sie dazu imstande wäre. Ihn nicht mehr wie ein Schoßtier oder einen Sandsack zu behandeln...
    Daß sie ihn liebte. Aber sein Schenkel war wie warme Keramik; und er bemerkte offenbar nicht die Berührung ihrer Hand und war sich kaum ihrer Anwesenheit

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