Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars
ein schwacher Trost. Es war Peter, den sie in der Weise beobachtete wie er sie. Aber Peter war die meiste Zeit nicht da. Also liebte sie niemanden in Zygote so, wie Nirgal sie liebte. Vielleicht war es für sie schon so, wie Hiroko gesagt hatte; und Harmakhis und der Rest waren einfach zu gut bekannt. Ihre Brüder und Schwestern, ganz gleich, welche Gene dabei beteiligt waren.
Dann stürzte eines Tages der Himmel wirklich ein. Der ganze höchste Teil der Eisschicht brach von dem CO2 weg, brach durch das Netz in den Teich und über den Strand und die ihn umgebenden Dünen. Zum Glück geschah das am frühen Morgen, als niemand da unten war. Aber die ersten Schläge und Geräusche von Zerreißen waren explosiv laut. Alle rannten an ihre Fenster und sahen den größten Teil des Falls: Die gigantischen weißen Eisbrocken fielen wie Bomben oder wirbelten herab wie hüpfende Teller. Dann explodierte die ganze Fläche des Teichs und schwappte über die Dünen.
Menschen stürmten aus ihren Zimmern; und in dem Lärm und der Panik scheuchten Hiroko und Maya die Kinder in die Schule, die ein eigenes Luftsystem besaß. Als einige Minuten vergangen waren und es schien, als ob die Kuppel halten würde, rannten Peter, Michel und Nadia durch den Schutt los. Sie vermieden und sprangen über weiße Platten um den Teich herum zum Rickover-Reaktor, um sich zu vergewissern, ob noch alles in Ordnung war. Falls nicht, würde es für sie drei ein tödliches Unternehmen sein und Lebensgefahr für jeden anderen. Nirgal konnte das Gegengestade des Teichs erkennen, das von Eisbergen übersät war. In der Luft schwirrten laut kreischende Möwen. Die drei Gestalten zwängten sich durch den schmalen, hohen Weg direkt unter dem Rande der Kuppel und verschwanden im Rickover. Jackie knabberte vor Angst an ihren Knöcheln. Bald gaben sie telefonisch einen Bericht durch. Das Eis über dem Reaktor wurde von einem besonders engmaschigen Rahmen getragen und hatte gehalten.
Also waren sie für den Moment sicher. Aber nach einigen im Dorf in einem unangenehmen Zustand von Spannung und Mißmut verbrachten Nächten offenbarte eine Untersuchung der Ursache des Einsturzes, daß die ganze Masse des Trockeneises über ihnen nur wenig eingesunken war und die von ihm zerbrochene Schicht aus Wasser-Eis durch das Netz hatte fallen lassen. Die Sublimation auf der Oberfläche der Kappe beschleunigte sich offenbar beträchtlich, seit die Luft dichter und die Welt wärmer wurde.
Während der nächsten Wochen schmolzen die Eisberge im Teich langsam; aber Eisschollen über den Dünen schmolzen auch langsam und waren noch da. Den Kindern wurde nicht mehr gestattet, an den Strand zu gehen. Man wußte noch nicht, wie groß die restliche Eisschicht war.
In der zehnten Nacht nach dem Einsturz hielten sie im Speisesaal eine Vollversammlung ab, alle zweihundert Personen. Nirgal sah sich rundum seinen kleinen Stamm an. Die Sansei wirkten erschrocken, die Nisei trotzig und die Issei erstaunt. Die Alten hatten in Zygote seit vierzehn Marsjahren gelebt, und es fiel ihnen schwer, sich an irgendein anderes Leben zu erinnern. Für die Kinder, die nie etwas anderes gekannt hatten, war es einfach unmöglich.
Es brauchte nicht gesagt zu werden, daß sie sich nicht der Oberflächenwelt ergeben würden. Und dennoch wurde die Kuppel unhaltbar, und sie waren eine zu große Gruppe, um sich einem der anderen versteckten Asyle aufzudrängen. Eine Aufteilung würde das Problem lösen. Aber das war kein erfreulicher Ausweg.
Es erforderte eine Stunde an Reden, um all dies klarzulegen. Michel sagte: »Wir könnten es mit Vishniac versuchen. Das ist groß, und die würden uns willkommen heißen.«
Aber es war das Heim der Bogdanovisten und nicht ihres. Das besagten die Gesichter der Alten. Plötzlich schien es Nirgal, daß sie von allen die größte Angst hatten.
»Ihr könntet euch weiter unter das Eis zurückziehen«, sagte er.
Alle sahen ihn an.
»Du meinst, wir sollten eine neue Kuppel schmelzen?« fragte Hiroko.
Nirgal zuckte die Achseln. Nachdem er die Idee ausgesprochen hatte, mißfiel sie ihm.
»Dort ist die Kappe dicker«, erklärte Nadia. »Es wird lange dauern, bis sie so weit sublimiert, daß wir Schwierigkeiten bekommen. Bis dahin wird sich alles geändert haben.«
Es herrschte Schweigen, und dann sagte Hiroko: »Das ist eine gute Idee. Wir können hier ausharren, bis eine neue Kuppel ausgeschmolzen ist, und dann die Sachen hinüberschaffen, soweit Raum verfügbar wird. Es
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