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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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war er ein vom Rest abgesonderter Jüngling gewesen. Die ungewöhnlichen Abenteuer, nach denen er sich so gesehnt hatte, waren gekommen, und deren einziges Resultat war, daß er seinen Freunden entfremdet wurde. Jackie und Harmakhis hingen enger als je aneinander und wirkten wie ein Schild zwischen ihm und allen jüngeren Sansei. Nirgal erkannte rasch, daß er es eigentlich gar nicht anders hatte haben wollen. Er wollte nur wieder in die Geschlossenheit seiner kleinen Gruppe eingehen und mit seinen Verwandten eins sein.
    Als er sich aber unter sie mischte, verstummten sie, und Harmakhis führte sie weg nach höchst unerfreulichen Begegnungen. So blieb Nirgal nichts anderes übrig, als sich wieder den Erwachsenen zuzuwenden, die ihn nachmittags wie ganz selbstverständlich bei sich aufnahmen. Vielleicht wollten sie ihm etwas von der rauhen Behandlung seiner Meute ersparen. Aber das hatte nur den Effekt, daß er noch mehr abgesondert wurde. Dagegen konnte man nichts machen. Eines Tages, als er mißvergnügt in dem grauen und fahlen Licht eines herbstlichen Nachmittags am Strand ging, erkannte er, daß seine Kindheit vorbei war. Das war sein Empfinden: er war jetzt etwas anderes, weder Erwachsener noch Kind, ein einsames Wesen, ein Fremder im eigenen Lande. Diese melancholische Erkenntnis verursachte ihm ein seltsames Vergnügen.
    Eines Tages nach dem Frühstück blieb Jackie mit ihm und Hiroko, die an diesem Tage gekommen war, um zu unterrichten, zurück und bat, an ihrer Nachmittagsstunde teilnehmen zu dürfen. »Warum solltest du ihn unterrichten und nicht mich?«
    Hiroko sagte ruhig: »Kein Grund. Bleib, wenn du willst. Hol deinen Leser und ruf auf: Thermische Technik, Seite eins null fünf null. Wir werden als Beispiel die Kuppel von Zygote zum Modell nehmen. Sagt mir, welches der wärmste Punkt unter der Kuppel ist.«
    Nirgal und Jackie gingen das Problem an - im Wettstreit und dennoch Seite an Seite. Er war so froh, daß sie da war, daß er sich kaum an das Problem erinnern konnte; und Jackie hob den Finger, ehe er nur seine Gedanken darüber geordnet hatte. Und sie lachte ihn an, etwas spöttisch, aber auch vergnügt. Trotz aller enormen Veränderungen in ihnen beiden behielt Jackie jene Fähigkeit, ansteckend zu lachen, ein Lachen, von dem ausgeschlossen zu sein so schmerzlich war ...
    Hiroko sagte ihnen: »Hier ist eine Frage für das nächste Mal. Alle Namen für Mars in der Areophanie sind Namen, die ihm von Erdenleuten gegeben wurden. Ungefähr die Hälfte davon bedeuten in den Sprachen, denen sie entstammen, Feuerstern. Aber das ist nur ein äußerlicher Name. Die Frage ist, wie heißt der eigentliche Name des Mars selbst?«
    Einige Wochen später kam Cojote wieder vorbei, was Nirgal zugleich glücklich und nervös machte. Cojote unterrichtete die Kinder an einem Morgen, behandelte Nirgal aber zum Glück so wie alle übrigen. »Die Erde ist in einem sehr schlechten Zustand«, sagte er ihnen, als sie an Vakuumpumpen der Tanks für flüssiges Natrium am Rickover arbeiteten, »und es wird nur noch schlimmer werden. Das macht ihre Kontrolle über den Mars für uns nur desto gefährlicher. Wir werden uns verstecken, bis wir uns völlig von ihnen befreien können, und dann sicher abseits stehen, während sie in Wahnsinn und Chaos versinken. Erinnert euch an meine Worte! Dies ist eine ganz sichere Prophezeiung.«
    Jackie erklärte: »Das ist nicht das, was John Boone gesagt hat.« Sie verbrachte viele Abendstunden mit der Erforschung von John Boones PC und zog jetzt die Schachtel aus der Hüfttasche. Ohne das geringste Suchen nach einer Stelle sagte die freundliche Stimme aus dem Kasten: »Der Mars wird nie sicher sein, wenn die Erde es nicht auch ist.«
    Cojote lachte heiser: »Ja gut, John Boone war so. Aber bedenkt, daß er tot ist, und ich bin noch da.«
    »Ein jeder kann sich verstecken«, sagte Jackie scharf. »Aber John Boone ist nach hier herausgekommen und hat geführt. Darum bin ich eine Anhängerin von ihm.«
    »Du bist eine Anhängerin und ein Nachkomme von Boone«, rief Cojote und neckte sie. »Und die Boonesche Algebra hat nie gestimmt. Aber schau her, Mädchen, du mußt deinen Großvater noch besser verstehen, als dich bloß eine Anhängerin von ihm zu nennen. Du kannst John Boone nicht zu einer Art Dogma machen und dem treu sein, was er war. Ich sehe, wie hier andere sogenannte Booneleute genau das tun, und es reizt mich zum Lachen, wenn ich davon nicht gerade Schaum vor dem Mund bekomme. Nun,

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