Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars
Verbündeten vorstellen, es sei denn, es wäre der Vorsitzende dieses neuen Übergangskomitees. Und wahrscheinlich war auch der ein Verbündeter. Es gab wirklich nicht allzu viele Gegner.
Aber da am Strand saß jemand, so mager wie ein Kranich. Ann Clayborne. Sax zögerte, aber sie hatte ihn schon gesehen. Und so ging er weiter, bis er neben ihr stand. Sie schaute zu ihm auf und starrte dann wieder auf den weißen Teich. Sie sagte: »Du siehst anders aus.«
»Ja.« Er fühlte noch die wunden Stellen im Gesicht und Mund, obwohl die Narben verschwunden waren. Es war ein bißchen so, als trüge man eine Maske, und das war ihm plötzlich unangenehm. »Ich bin immer noch derselbe«, fügte er hinzu.
»Natürlich.« Sie schaute ihn nicht an. »Also willst du weg in die Oberwelt?«
»Ja.«
»Um wieder an deine Arbeit zu gehen?«
»Ja.«
Sie sah zu ihm auf. »Was denkst du, wozu die Wissenschaft da ist?«
Sax zuckte die Achseln. Das war immer und ewig ihr altes Argument, ganz gleich, wie es anfing. Terraformen oder nicht; Terraformen, das ist die Frage... Er hatte diese Frage schon vor langer Zeit beantwortet und sie auch; und er wünschte, sie könnten sich gerade darauf einigen, daß sie verschiedener Ansicht waren, und damit fertig. Aber Ann war unermüdlich.
Er sagte: »Um Dinge zu klären.«
»Aber Terraformen ist kein Ausrechnen.«
»Terraformen ist nicht Wissenschaft. Ich habe das nie gesagt. Es ist etwas, das die Menschen mittels der Wissenschaft tun. Angewandte Wissenschaft oder Technik. Das hast du. Die Wahl, was du tun willst mit dem, was du von der Wissenschaft lernst. Wie immer du es nennst.«
»Also ist es eine Sache von Werten.«
»Das nehme ich an.« Sax dachte darüber nach und versuchte, seine Gedanken über dieses trübe Thema zu ordnen. »Ich nehme an, daß unsere... Meinungsverschiedenheit nur eine andere Seite von dem ist, was die Leute als Problem des Wertes von Fakten bezeichnen. Die Wissenschaft hat es mit Fakten zu tun und mit Theorien, die Fakten zu Beispielen machen. Werte bilden ein System anderer Art, ein menschliches Konstrukt.«
»Auch Wissenschaft ist ein menschliches Konstrukt.«
»Ja. Aber die Verbindung zwischen beiden Systemen ist nicht klar. Anfangend mit den gleichen Fakten, können wir zu verschiedenen Werten gelangen.«
»Aber die Wissenschaft selbst ist voller Werte«, erklärte Ann hartnäckig. »Wir reden mit Nachdruck und Eleganz über Theorien, wir reden über klare Resultate oder ein schönes Experiment. Und das Verlangen nach Wissen ist besser als Ignoranz oder Geheimnis. Nicht wahr?«
»Das nehme ich an«, erwiderte Sax und dachte darüber nach.
»Deine Wissenschaft ist ein Satz von Werten«, fuhr Ann fort. »Das Ziel deiner Art von Wissenschaft ist die Etablierung von Gesetzen, von Regeln, von Exaktheit und Gewißheit. Du willst alle Dinge erklärt haben. Du willst die Fragen nach dem Warum beantworten, bis hin zum Urknall. Du bist ein Reduktionist. Sparsamkeit und Eleganz und Ökonomie sind Werte für dich; und wenn du die Dinge einfacher machen kannst, ist das ein echter Erfolg, nicht wahr?«
»Aber das ist die wissenschaftliche Methode«, wandte Sax ein. »Das bin nicht nur ich, sondern das ist es, wie die Natur selbst funktioniert. Das tust du auch selbst.«
»Es gibt menschliche Werte, die in der Physik eingebettet sind.«
»Da bin ich nicht so sicher.« Er hielt die Hand hoch, um sie für eine Sekunde anzuhalten. »Ich sage nicht, daß es in der Wissenschaft keine Werte gäbe. Aber Materie und Energie tun das ihre. Wenn du über Werte sprechen willst - bitte sehr! Gewiß ergeben sie sich irgendwie aus Fakten. Aber das ist ein anderes Thema, eine Art Soziobiologie oder Bioethik. Vielleicht wäre es besser, einfach direkt über Werte zu sprechen. Das größte Gute für die größte Anzahl, oder so etwas.«
»Es gibt Ökologen, die sagen würden, das wäre die wissenschaftliche Definition eines gesunden Ökosystems. Eine andere Art, vom Höhepunkt eines Ökosystems zu sprechen.«
»Ich denke, das ist ein Werturteil. Eine Art Bioethik. Interessant, aber ...« Sax zwinkerte sie neugierig an und beschloß, den Kurs zu ändern. »Warum nicht hier einen Versuch mit einem optimalen Ökosystem wagen, Ann? Ohne lebende Dinge kann man nicht von Ökosystemen sprechen. Was vor uns hier auf dem Mars war, war keine Ökologie, sondern nur Geologie. Man könnte sogar sagen, daß es hier vor langer Zeit einen Anfang von Ökologie gab und daß dann etwas
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