Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars
ließ er Vlad an sich arbeiten und betonte die potentielle Bedeutung seiner Anwesenheit in Burroughs. Vlad war ein führender Theoretiker des Widerstandes gegen die Transnationalen geworden und erkannte rasch, worauf es Sax ankam. Er sagte: »Die meisten von uns leben einfach in der Demimonde, aber ein paar Leute, die in Burroughs versteckt sind, wären eine feine Sache. Also könnte ich meine kosmetische Chirurgie auch in einer angespannten Situation wie deiner praktizieren.«
»Eine angespannte Situation«, sagte Sax. »Und mündliche Kontrakte sind bindend. Ich erwarte, hübscher herauszukommen.«
Und es wurde eine wundervolle Arbeit, obwohl man das unmöglich sagen konnte, ehe die erheblichen Konfusionen verschwunden waren. Sie setzten ihm Zahnkronen auf, machten seine dünne Oberlippe kräftiger, verliehen seiner Knopfnase eine erhabene Brücke und eine leichte Krümmung. Sie machten seine Wangen schmaler und gaben ihm mehr Kinn. Sie schnitten sogar einige Muskeln in den Lidern ein, so daß er nicht so oft zwinkerte. Als die Narben verschwunden waren, sah er wie ein richtiger Filmstar aus, meinte Desmond. Wie ein Ex-Jockey, meinte Nadia. Oder ein früherer Tanzlehrer, sagte Maya, die seit vielen Jahren sich lange an die Anonymen Alkoholiker gehalten hatte. Sax, der die Wirkungen des Alkohols nie gemocht hatte, winkte ihr ab.
Desmond machte Fotos von ihm und tat sie in die neue Persona. Dann gab er dieses Konstrukt erfolgreich in die Akten von Biotique ein, zusammen mit einer Versetzungsanweisung von San Francisco nach Burroughs. Die Persona erschien eine Woche später in den Schweizer Paßlisten; und Desmond kicherte, als er sie sah. Er sagte und zeigte auf Saxens neuen Namen: »Steven Lindholm. Schweizer Bürger! Diese Leute decken uns ohne Zweifel. Ich gehe jede Wette ein, daß sie deine Persona dicht gemacht und dein Genom mit alten Akten und sogar mit meinen Veränderungen nachgeprüft haben. Ich wette, daß sie herausgebracht haben, wer du wirklich bist.«
»Bist du sicher?«
»Nein. Sie sagen es ja nicht. Aber ich bin ziemlich sicher.«
»Ist das gut?«
»Theoretisch nicht. Aber in der Praxis ist es gut, wenn jemand es auf dich abgesehen hat, daß sie sich als Freunde verhalten. Und die Schweizer sind gute Freunde. Dies ist das fünfte Mal, daß sie für eine Persona einen Paß ausgestellt haben. Ich besitze sogar selbst einen und bezweifle, daß es ihnen gelungen ist herauszufinden, wer ich wirklich bin, weil ich nie erkennungsdienstlich erfaßt wurde wie ihr von den Ersten Hundert. Interessant, meinst du nicht auch?«
»Doch.«
»Das sind interessante Leute. Sie haben ihre eigenen Pläne, die ich nicht kenne. Aber ich mag sie. Ich glaube, daß sie beschlossen haben, uns zu decken. Vielleicht wollen sie bloß wissen, wer wir sind. Das werden wir nie genau erfahren; denn die Schweizer lieben ihre Geheimnisse sehr. Aber es macht nichts aus, warum, wenn man weiß wie.«
Sax zuckte bei diesem Gefühl zusammen, war aber froh über den Gedanken, daß er unter Schweizer Schirmherrschaft sicher sein würde. Sie waren Leute von seiner Art - rational, vorsichtig und methodisch.
Einige Tage, bevor er sich aufmachte, um mit Peter nach Burroughs zu fliegen, machte er einen Spaziergang rund um den Teich von Gamete, was er während seiner Jahre dort nur selten getan hatte. Der Teich war wirklich ein sauberes Stück Arbeit. Hiroko war eine tüchtige Systemplanerin. Als sie und ihr Team vor so langer Zeit aus Underhill verschwunden waren, war Sax völlig verwirrt gewesen. Er hatte nicht begriffen, warum, und sich lange Sorgen gemacht, daß sie anfangen würden, irgendwie gegen das Terraformen zu kämpfen. Als es ihm gelungen war, eine Reaktion Hirokos dem Netz abzuringen, war er teilweise beruhigt. Sie schien dem Ziel des Terraformens im Grunde nicht abgeneigt zu sein, und ihre besondere Vorstellung von Viriditas war wohl nur eine andere Version des gleichen Themas.
Aber Hiroko schien die Geheimniskrämerei zu lieben, was von ihr sehr unwissenschaftlich war. Und während ihrer Jahre des Versteckens hatte sie sich bis zu falschen Informationen hinreißen lassen. Auch als Mensch war sie keineswegs leicht zu verstehen; und erst nach einigen gemeinsam verbrachten Jahren war Sax davon überzeugt worden, daß auch sie für den Mars eine für Menschen verträgliche Biosphäre wünschte. Das war alles, was er an Übereinstimmung haben wollte. Und er konnte sich in diesem speziellen Projekt keinen besseren einzelnen
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