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Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Titel: Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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das Bild wurde dann meistens schlecht.«
    Sie starrte das Bild an und merkte, daß sie errötete und sich seltsam glücklich fühlte. Eine derart lebensechte Begegnung! Als ob man plötzlich jemanden trifft, den man seit Jahren nicht gesehen hat. »Ich finde, daß du ihm ähnelst. Aber entspannter.«
    Art sah sich das Foto genau an und sagte: »Es sieht so aus, als ob es schwierig wäre, noch entspannter zu sein.«
    Nadia lächelte. »Für ihn war das leicht. Er war sich immer sicher, recht zu haben.«
    »Keiner von uns übrigen hat dieses Problem.«
    Sie lachte. »Du bist fröhlich, wie er war.«
    »Warum auch nicht?«
    Sie gingen weiter. Nadia dachte weiter an ihren alten Kameraden und behielt das Foto im Geiste vor Augen. Es gab noch so viel, an das sie sich erinnerte. Die mit den Erinnerungen verbundenen Gefühle verblaßten freilich allmählich, der Schmerz ließ nach, die Beize wurde ausgelaugt. All das Fleisch und Trauma war jetzt nur noch ein fernes Muster - wie ein Fossil. Und ganz unähnlich dem gegenwärtigen Moment, der, wenn sie sich umsah und ihre Hand in der von Art fühlte, real, lebendig und kurz war und sich ständig veränderte. Es konnte alles mögliche geschehen, alles wurde empfunden.
    »Gehen wir in unser Zimmer zurück?«
     
    Die vier Erdreisenden kamen schließlich an dem Kabel von Sheffield zurück. Nirgal, Maya und Michel gingen ihrer Wege, aber Sax flog nach unten und traf sich mit Nadia und Art im Süden. Das erfreute Nadia außerordentlich. In ihr war allmählich der Eindruck entstanden, daß dort, wohin Sax auch immer ging, das Herz der Aktion schlug.
    Er sah noch genau so aus wie vor der Reise zur Erde und war, wenn eine Veränderung festzustellen war, höchstens noch schweigsamer und wunderlicher geworden. Er sagte, er wolle die Labors sehen. Und dann, nach einiger Zeit: »Aber ich überlege, was wir sonst noch tun könnten.«
    »Terraformen?« fragte Art.
    »Nun gut... «
    Um Ann eine Freude zu machen, dachte Nadia. Das war seine Absicht. Sie drückte ihn an sich, was ihn überraschte; und hielt ihre Hand auf seiner mageren Schulter, während sie redeten. Es war so gut/ihn leibhaftig hier zu haben! Wann hatte sie diese Neigung für Sax Russell entwickelt? Wann war sie dazu gekommen, ihm so sehr zu vertrauen?
    Auch Art hatte herausgefunden, was sie meinte. Er sagte: »Du hast doch schon eine Menge geleistet, nicht wahr? Ich meine, du hast inzwischen alle monströsen Methoden der Metanats ausgeräumt, nicht? Die Wasserstoffbomben unter dem Permafrost, die Soletta und die Luftlinse, die Stickstofftransporte vom Titan...«
    »Diese kommen immer noch«, sagte er. »Ich weiß nicht einmal, wie wir sie aufhalten könnten. Vermutlich abschießen. Aber Stickstoff können wir immer gebrauchen. Ich bin mir nicht sicher, daß ich mich so freuen würde, wenn die eingestellt würden.«
    »Aber Ann?« sagte Nadia. »Was würde Ann gefallen?«
    Sax zwinkerte wieder. Wenn sein Gesicht durch Ungewißheit verzerrt wurde, nahm es wieder seinen alten rattenhaften Ausdruck an.
    »Was würde euch beiden gefallen?« fragte Art erneut.
    »Schwer zu sagen.« Und seine Miene wurde zu einer Grimasse aus Unsicherheit, Unentschlossenheit und geteilten Motiven.
    Art deutete an: »Ihr wollt Wildnis haben.«
    »Wildnis ist eine... eine Idee. Oder ein ethischer Standpunkt. Die kann nicht überall sein, das meine ich nicht. Aber...« Sax wedelte mit der Hand und versank wieder in seinen Gedanken. Zum ersten Mal in dem Jahrhundert, seit Nadia ihn kannte, hatte sie das Gefühl, Sax wüßte nicht, was zu tun wäre. Er löste das Problem, indem er sich vor einen Bildschirm hockte und Befehle eingab. Er schien ihre Anwesenheit vergessen zu haben.
    Nadia drückte Arts Arm. Er umklammerte ihre Hand und drückte sanft den kleinen Finger. Der war inzwischen schon zu drei Vierteln seiner Größe gediehen, wuchs aber nun langsamer, als er sich der vollen Größe näherte. Ein Nagel bildete sich aus, und in dem Polster zeigten sich die zarten Rillen eines Fingerabdrucks. Es war ein angenehmes Gefühl, wenn er gedrückt wurde. Nadia sah Art kurz in die Augen und senkte dann den Blick. Er drückte ihre Hand, dann ließ er sie los. Nach einer Weile, als klar war, daß Sax völlig abgelenkt war und sich längere Zeit in seiner eigenen Welt befinden würde, gingen sie auf Zehenspitzen in ihr Zimmer und ins Bett.
     
    Sie arbeiteten tagsüber und gingen nachts aus. Sax zwinkerte umher wie in seinen Tagen als Labor-Ratte. Er war

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