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Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Titel: Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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Messer mit Obsidianklinge durchschnitten wurde. Das Blut strömte dicht beim Fundament des Damms in den Sand. Der große Fisch schwamm oben vorbei und schaute auf sie herunter.
    Die Frau mit dem grünen Schal war nirgends zu sehen. Ein anderer Jäger, der nur mit Halsschmuck bekleidet war, legte den Kopf zurück und stieß ein Geheul aus, wodurch er die seltsame Stille, in der die Tat geschehen war, zerstörte. Er tanzte im Kreis, lief dann an die klare Wand des Damms und schleuderte seinen Speer dagegen. Der Speer prallte ab. Der jubelnde Jäger lief hin und schlug mit der Faust gegen die durchsichtige, harte Membran.
    Eine Jägerin mit blutigen Händen wandte den Kopf und warf dem Mann einen verächtlichen Blick zu. Sie sagte: »Hör auf, hier den Narren zu spielen!«
    Der Speerwerfer lachte. »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Diese Dämme sind hundertmal stärker, als sie sein müßten.«
    Die Frau schüttelte mißmutig den Kopf. »Es ist dämlich, das Schicksal herauszufordern.«
    »Es ist erstaunlich, wieviel Aberglaube noch in ängstlichen Gemütern überlebt.«
    »Du bist ein Tor«, erwiderte die Frau. »Glück ist ebenso real wie alles andere.«
    »Glück! Schicksal! Ka.« Der Speerwerfer hob seinen Speer auf und schleuderte ihn wieder gegen den Damm. Er prallte zurück und verletzte ihn fast. Er lachte wild und sagte: »Was für ein Glück. Das Schicksal begünstigt den Mutigen, nicht?«
    »Mistkerl! Zeig etwas Respekt!«
    Der Mann lachte heiser. »Alle Ehre diesem Bock, der so gegen die Wand gekracht ist!«
    Die anderen ignorierten die beiden und waren damit beschäftigt, die Tiere zu zerlegen. »Vielen Dank, Bruder! Vielen Dank, Schwester!« Nirgals Hand zitterte beim Zusehen. Er roch das Blut und sein Speichel floß sofort. Haufen von Eingeweiden dampften in der kühlen Luft. Magnesiumstangen wurden aus den Gürteltaschen geholt und ausgezogen. Die enthaupteten Antilopen wurden mit den Beinen daran gebunden. Jäger an den Enden der Stangen hoben die toten Körper auf die Schulter.
    Die Frau mit den blutigen Händen schrie den Speerwerfer an: »Du solltest lieber beim Tragen helfen, wenn du etwas davon essen willst.«
    »Halts Maul!« Aber er half, das Vorderende des Bocks zu tragen.
    »Komm mit!« sagte die Frau zu Nirgal; und dann eilten sie über den Canyonboden nach Westen, zwischen der großen Wassermauer und der letzten der mächtigen Sequoien hindurch. Nirgal folgte mit knurrendem Magen.
    Die Westwand des Canyons war mit Petroglyphen versehen: Tiere, Lingams, Yonis, Handabdrücke, Kometen und Raumschiffe, geometrische Figuren, der bucklige Flötenspieler Kokopeli - alle im Halbdunkel und kaum sichtbar. In die Klippe war eine Treppe eingelegt, die einem fast vollkommenen Z aus Leisten folgte. Wieder Übergang in den Bergauf-Rhythmus. Der Magen zehrte von innen an ihm, und der Kopf schwindelte. Eine schwarze Antilope reckte sich neben ihm über dem Felsen.
    Oben standen ein paar Sequoias isoliert auf der Kante des Canyons. Als sie den Rand erreichten und wieder in das letzte Licht des Sonnenuntergangs kamen, sah er, daß diese Bäume einen Kreis bildeten, neun Bäume in einem rohen hölzernen Stonehenge mit einer großen Feuergrube im Zentrum.
    Die Schar betrat den Kreis und schickte sich an, ein Feuer zu machen. Sie zogen den Antilopen das Fell ab und schnitten große Fleischstücke aus den Schenkeln. Nirgal schaute zu. Seine Beine zitterten wie auf einer Nähmaschine, und sein Mund wässerte wie ein Springbrunnen. Er schluckte immer wieder, als er den Saft des bratenden Fleisches roch, während Rauch zu den frühen Sternen aufstieg. Das Licht des Feuers wölbte sich wie eine Blase in die düstere Dämmerung und verwandelte den Baumkreis in ein flackerndes Zimmer ohne Dach. Das vor den Nadeln flimmernde Licht war, als sähe man die Kapillaren eines durchbluteten Raumes. Einige Bäume hatten um ihre Stämme hölzerne Wendeltreppen bis hinauf in die Äste. Hoch über ihnen wurden Lampen angezündet, und Stimmen wie von Lerchen erklangen zwischen den Sternen.
    Drei von vieren der Jäger sammelten sich um ihn und boten Fladenbrot an, das nach Gerste schmeckte, und einen scharfen Schnaps aus Tonkrügen. Sie erzählten ihm, daß sie den Sequoienkreis vor ein paar Jahren gefunden hätten.
    Nirgal schaute sich um und fragte: »Was ist mit der... Anführerin der Jagd geschehen?«
    »Oh, die Diana kann heute nacht nicht mit uns schlafen.«
    »Wenn sie nicht scharf ist, hat sie keine Lust.«
    »O doch!

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